Flamme von Jamaika
Enkelin in den Armen halten darf?», neckte er sie.
«Es ist … großartig», flüsterte Baba andächtig. «Ich kann es noch immer nicht glauben, dass meine Gebete erhört wurden.» Tränen rannen ihr über das welke Gesicht, als sie sah, wie das kleine Wesen sich an Lenas Brust drängte und gierig zu saugen begann.
Die liebevolle Art, mit der sich Jess, während der restlichen Schwangerschaft und als die Wehen einsetzten, um Lena gekümmert hatten, nahmen ihr jeden Zweifel, dass er auch ein weißes Kind als sein eigenes anerkannt hätte. Doch darüber brauchte sie sich jetzt keine Sorgen mehr zu machen.
Überhaupt erschien ihr alles wie ein Wunder. Das Gericht hatte Jess mit Dr. Blydges Hilfe als rechtmäßigen Sohn von Lord William Blake anerkannt. Gleichzeitig erfüllte er, wenn auch unbeabsichtigt, die im Testament stehende Klausel, dass Lena einen direkten Nachkommen von Lord William zur Welt bringen musste, um die Plantage zu erben. Die Primär-Klausel für Edward war aufgrund der gleichberechtigten Position nun auf Jess übergegangen, nachdem er Lena rechtmäßig zu seiner Frau genommen hatte.
Der Advokat aus London hatte hierbei in Jess’ Auftrag dafür gesorgt, dass die Plantage und alles, was Lord William Blake sonst noch hinterlassen hatte, mit der Hochzeit zu gleichberechtigten Teilen auf beide Partner überschrieben worden waren. Daher waren beide mit der Trauung mit einem Schlag unermesslich reich geworden.
Jess hatte mit Lenas Zustimmung einen Teil des Vermögens sogleich genutzt, um von den Behörden unbemerkt das Lager in den Bergen zu evakuieren. Maurizio Gómez hatte für diesen Zweck heimlich ein ausreichend großes Schiff gechartert, das die Flüchtlinge mit den entsprechenden Mitteln versorgt nach Haiti gebracht hatte.
Unter den Betroffenen waren auch Nathan und seine Familie und Selina mit ihren Töchtern gewesen, denen Baba immer noch ein wenig nachtrauerte. Doch so war es für alle das Beste, denn die alten Besitzer der geretteten Sklaven konnten immer noch auf die Idee kommen, nach ihnen suchen zu lassen.
Auch Cato hatte sich abgesetzt, bevor man ihn für seine missglückten Umsturzversuche zur Rechenschaft ziehen konnte. Es hieß, er habe die Insel noch vor der Hinrichtung Samuel Sharpes und seiner Anhänger mit unbekanntem Ziel verlassen.
Niemand trauerte ihm nach. Am allerwenigsten Baba, die sich neben ihrer neuen Familie und Desdemona auch an Jeremia und Estrelle erfreute. Die beiden hatten darum gebeten, auf Redfield Hall bleiben zu können. Was gar keine Frage war, gehörten sie doch mittlerweile klar zur Familie, wie Lena beschieden hatte. Alle weiteren Angestellten auf Redfield hatte Jess in die Freiheit entlassen und, wenn sie es wünschten, danach für einen fairen Lohn wieder eingestellt. Somit war er seinem Ziel, die Sklaverei auf friedliche Weise zu beenden, einen ganzen Schritt näher gekommen.
«Es ist ein Mädchen!», verkündete Baba kurz darauf auch den restlichen Neugierigen, die draußen vor dem Schlafgemach auf die frohe Botschaft gewartet hatten.
«Und Jess ist der Vater, gar keine Frage», verkündete Maggie freudig.
«Lena sagt, sie kommt nach mir», erklärte Baba im Brustton der Überzeugung.
«Zumindest deine krächzende Stimme hat sie geerbt», frotzelte Estrelle, die nun ebenfalls hinzugetreten war, um einen Blick auf das zufrieden nuckelnde Kind zu erhaschen. «Bleibt zu hoffen, dass sich das noch ändern wird.» Sie grinste breit.
«Vielleicht sollten wir sie Baba nennen?», schlug Lena vor und warf der frischgebackenen Großmutter ein strahlendes Lächeln zu.
«Nein», beschied Baba energisch. «Nennt sie lieber Mary. Das ist mein richtiger Name, der wesentlich hübscher ist.»
Alle lachten. Selbst der alte und für gewöhnlich ernste Jeremia, der hinter dem Konsul am Ende des Bettes aufgetaucht war, um die neuste Herrin von Redfield Hall zu bewundern, hatte ein seliges Grinsen auf dem Gesicht.
«Mary ist ein schöner Name. Außerdem soll sie noch Margareth heißen», bestimmte Lena und zwinkerte Maggie zu. «Zu Ehren ihrer außerordentlich mutigen Patentante.»
«Oh Lena, das ist … ich weiß gar nicht, was ich sagen soll», freute sich Maggie und klatschte begeistert in die Hände.
Der Konsul gratulierte dem stolzen Vater mit einem festen Händedruck.
«Gut gemacht», sagte er nur und klopfte Jess auf die Schulter.
Dann setzte er sich für einen Moment neben seine Tochter und drückte ihr einen dicken Kuss auf die Stirn.
«Sie ist
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