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Flamme von Jamaika

Flamme von Jamaika

Titel: Flamme von Jamaika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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eine gelbliche Flüssigkeit ein. «Sie ist ziemlich weit weg», bemerkte Desdemona mit einem Seitenblick auf Jess.
    «Sie ist vom Pferd gefallen», beeilte er sich zu erklären, damit Desdemona nicht auf die Idee kam, dass er irgendeine Schuld an ihrem Zustand trug. «Wahrscheinlich ist sie dabei hart mit dem Kopf aufgekommen.»
    «Mach dir keine Sorgen», beruhigte ihn Desdemona. «Sie wird wieder aufwachen.»
    «Ich mach mir keine Sorgen», widersprach Jess. «Ich will nur nicht, dass sie stirbt.»
    Die Obeah-Zauberin schaute kurz auf, und ein undefinierbares Lächeln huschte über ihre Lippen.
    «O doch, du machst dir Sorgen. Und jetzt lass uns mit ihr allein, ich will zu den Ahnen beten. Und die fühlen sich gestört von Menschen, die nicht an sie glauben.»

    Lena erwachte mit rasenden Kopfschmerzen, einem fürchterlichen Geschmack im Mund und einem üblen Geruch in der Nase. Bei Letzterem handelte sich um eine widerliche Mischung aus Schmutz und Fäkalien. Fieberhaft versuchte sie herauszufinden, ob sie sich in einem nicht endenden Albtraum befand oder ob es Gründe gab, warum sie nichts sah und ihre Hände nicht bewegen konnte. Erinnerungsfetzen flackerten vor ihrem geistigen Auge auf. Maggie, wie sie im Damensattel diese wunderschöne Fuchsstute ritt, die auf den Namen Diamant hörte. Lady Elisabeth in ihrem Laudanumrausch. Candy Jones, wie er der kleinen Dienerin, wie hieß sie noch gleich, in den Hintern kniff. Und Edward? Irgendetwas war mit Edward. Etwas, das sie dazu veranlasst hatte, Unerhörtes zu tun … Mit einem Aufstöhnen fuhr sie hoch. Plötzlich war alles wieder da. Die Hochzeit und die komische Frau im schwarzen Gewand, die einen Fluch über sie ausgesprochen hatte. Trevor, wie er Larcy vergewaltigte. Captain Peacemaker und seine toten Kameraden und Edward! O mein Gott! Edward, der sein steifes Glied vor ihren Augen in diese schamlose Sklavin gesteckt hatte. Und schließlich die gemeinsame Flucht mit Maggie, die ein so jähes Ende genommen hatte.
    Schwach kehrten auch die Erinnerungen an die letzten Momente ihrer Flucht zurück. Irgendetwas hatte ihr Pferd zum Scheuen gebracht. Maggies Stute war daraufhin ausgebrochen und samt ihrer Reiterin davongestoben. Wo war ihre Freundin jetzt?
    «Maggie?», fragte sie zaghaft ins Nichts hinein.
    «Bist du da?» Ihre Stimme verhallte unbeantwortet. Das Einzige, was sie hörte, war ein leises Rascheln, gefolgt von einem animalischen Fiepen.
    «O mein Gott», hauchte sie voll Entsetzen. «Ratten!»
    Nichts hätte furchtbarer sein können als diese Erkenntnis. Vergeblich versuchte Lena, sich zu orientieren. Erst jetzt bemerkte sie, dass ihre Augen verbunden und ihre Hände hinter dem Rücken gefesselt waren. Fieberhaft überlegte sie, wer ein Interesse daran haben konnte, ihr so etwas anzutun. Vielleicht hatte Edward von ihrer Flucht erfahren und ihnen aufgelauert? Und nun wollte er sie für ihren Ungehorsam bestrafen, indem er sie in wehrlosem Zustand in den Weinkeller sperrte, bis sie wieder zur Vernunft kam? Ebenso gut konnte sie Räubern in die Hände gefallen sein, die es auf reiche Beute abgesehen hatten und nun von den Blakes ein ordentliches Lösegeld fordern wollten. Beides wäre eine Katastrophe!
    Wo immer ich mich auch befinde, dachte sie voller Panik, ich muss hier raus, und zwar schnell.
    Mühsam kämpfte sie sich auf die Beine. Aus Angst, auf eine der umherwuselnden Ratten zu treten, wagte sie es kaum umherzugehen. Plötzlich erklang ein neues Geräusch. Ein Schlüssel wurde in ein Schloss gesteckt und umgedreht. Das Quietschen des Scharniers setzte dem Fiepen der Tiere ein jähes Ende. Dann vernahm sie schlurfende Schritte.
    «Wer ist da?», fragte sie ängstlich.
    Gepackt von den düstersten Horrorvisionen, stellte sie sich vor, wie ihr Peiniger in das stinkende Verlies vordrang, um ihr noch viel schlimmere Dinge anzutun.
    «So sagen Sie doch was», bettelte sie. «Wo bin ich? Und warum hat man mich gefesselt?»
    «Man sollte dir nicht nur die Augen verbinden», antwortete eine krächzende Stimme, «sondern auch das Maul stopfen.»
    O Gott! Lena erkannte die Stimme sofort. Sie hatte nicht den geringsten Zweifel, dass sie der Frau gehörte, die auf so brutale Weise ihre Hochzeit gestört hatte. Jene Frau, die William den geköpften Hahn vor die Brust geschleudert hatte und die vielleicht sogar für den Tod von Peacemakers Kameraden verantwortlich war.
    Lena spürte, wie sie an Boden verlor und sich alles um sie herum drehte. Die Alte hatte sie

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