Flammen der Rache
ungehobelten Kriminellen bedienen musste. Ich entschuldige mich dafür, dass ich dir so jung deine Mutter nehmen musste. Ich hätte es nicht getan, wäre es irgendwie vermeidbar gewesen. Es war bestimmt ein schwerer Schlag für dich.«
»Du kannst dir deine Entschuldigung in den Arsch stecken.«
King schüttelte bekümmert den Kopf. »Sie hatte so viel Potenzial.«
Bruno musste den Blick abwenden. Er durfte sich nicht zu einem hysterischen Schreikrampf provozieren lassen. Das würde niemandem nützen. Er musste unbedingt weitere Informationen sammeln, und wenn er daran erstickte.
»Eins hast du mir noch nicht gesagt«, bemerkte er. »Ein überaus wichtiges Detail: Was zur Hölle willst du jetzt von mir?«
»Tja, so leid es mir tut, aber du musst sterben«, erklärte King mit entschuldigendem Tonfall. »Es gibt keine Rettung für dich, keine Chance auf Neuprogrammierung in deinem fortgeschrittenen Alter, und auch wenn du die Beweise deiner Mutter noch immer nicht gefunden hast, weißt du zu viel, als dass ich dich frei herumlaufen lassen könnte. Ich war furchtbar enttäuscht.«
»Warum warst du enttäuscht?«
»Dass du Magdas Schmuckschatulle nicht gefunden hast. Ich wollte sie haben. Es stört mich, dass irgendwo dort draußen Informationen umherschwirren, die mir gefährlich werden könnten. Das war einer der Gründe, warum ich dich so lange am Leben gelassen habe. Damit du dieses Rätsel für mich löst und die losen Enden verknüpfst.« Er seufzte. »Aber damit muss ich mich eben abfinden.«
Bruno starrte den Mann an. King stellte eine großmütige Märtyrermiene zur Schau.
»Aber bevor ich mich deiner entledige, brauche ich noch Input für meine nächste Generation der DeepWeave-Programmierung«, fuhr King fort. »Die Ereignisse der vergangenen Woche haben mir die Grenzen meiner derzeitigen Programmierung aufgezeigt. Das ist frustrierend, aber ich muss demütig sein und aus meinen Fehlern lernen. Und du wirst mir dabei helfen.«
»Demütig? Du?«, spottete Bruno. »Alles klar.«
»Ja, Bruno. Es lässt mir keine Ruhe, dass du trotz deiner Nachteile, deiner unterprivilegierten Kindheit und deiner nicht vorhandenen intellektuellen Stimulation in jeder Hinsicht besser abgeschnitten hast als meine bestens ausgebildeten Agenten. Sogar besser als deine genetischen Geschwister.«
»Und wenn schon. Du hast mich doch jetzt erwischt. Wieso bist du noch immer nicht zufrieden?«
»Darum geht es nicht«, sagte King. »Bagatellisiere die Sache nicht. Meinen Agenten mangelt es im Gegensatz zu dir an einer entscheidenden Komponente, die dir einen rätselhaften Vorteil verschafft. Wenn ich verstehe, was diese Komponente ist, werde ich sie künstlich herstellen. Es ist nur eine Frage der richtigen Bedingungen, seien sie nun umgebungsbedingt, chemisch oder anderer Natur. Ich bin ein Künstler, verstehst du? Darum werde ich nicht ruhen, ehe meine Technik perfekt ist.«
Bruno blickte ihm in die Augen. Es waren bodenlose Brunnen des Irrsinns. King suchte nach dem goldenen Ei, und Bruno war die bedauernswerte magische Gans, die es legen sollte.
»Ich hasse es, dir das sagen zu müssen, aber ich glaube nicht, dass man es künstlich herstellen kann«, sagte er. »Du sprichst von nicht substanziellen Dingen.«
»Unfug. Etwas nicht Substanzielles ist nicht mehr als etwas noch nicht ausreichend Erforschtes. Ich nehme an, es hat mit menschlichen Bindungen, mit Beziehungen zu tun. Mir ist aufgefallen, dass Probanden, die ein enges Verhältnis zu ihren Zuchtgefährten unterhalten, auf jeder Ebene erfolgreicher sind. Und ich habe die Bedingungen für innige Liebe geschaffen. Meine Agenten lieben mich bis zur Selbstaufgabe.«
Bruno betrachtete den leeren, sklavischen Ausdruck in den Augen von Kings Kreaturen. »Das ist keine Liebe«, widersprach er leise.
»Du bildest dir ein zu wissen, was Liebe ist?« King lachte höhnisch. »Das ist witzig. Liebe kann eine Stärke oder eine Schwäche sein, je nachdem wie die Würfel fallen. Nimm Magda. Sie hat übermenschliche Dinge für dich und ihre ungeborenen Kinder vollbracht. Aber du warst ihre Schwäche, Bruno. Ich hätte sie leicht über dich kontrollieren können, hätten die Ranieris nicht angefangen, ihren Einfluss geltend zu machen. Und Lily ist
deine
Schwäche, meinst du nicht? Wärst du jetzt hier, im Angesicht deines sicheren Todes, wenn sie nicht in dein Leben getreten wäre?«
Das Blut strömte aus seinem Kopf, und er fühlte sich schwach und benommen. »Wo ist sie?«
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