Flammen der Rache
eine Liste.« Er zückte den Bestellblock samt Stift. »Ich werde mitschreiben.«
Sie schaute in ihren Kaffee. »Mit Aufrichtigkeit.«
Er hatte auf eine neckischere Antwort gehofft, aber wenn sie dieses Gespräch auf die nächste Ebene befördern wollte, ihm sollte es recht sein.
»Kein Sorge. Aufrichtig bin ich.«
Sie verdrehte die Augen. »Na klar, verarschen kann ich mich selber.«
»Sind Sie in letzter Zeit oft auf Lügner reingefallen?«
Sie mied seinen Blick, während sie den nächsten Bissen nahm. »Entweder das, oder alle Männer sind verlogene Schweine.«
»Ich lüge nicht«, versicherte er ihr. »Fragen Sie mich, was Sie wollen. Ich werde Ihnen die unzensierte, unbeschönigte Wahrheit sagen. Das schwöre ich.«
»Ja? Dann verraten Sie mir, woran Sie gerade denken.«
Darauf war er nicht gefasst gewesen. »Äh …«
»Keine Lüge.« Ihre Stimme war scharf wie ein Peitschenhieb. »Ich würde es merken.«
Das würde sie, da war er sich sicher. Sie war klug, sie hatte einen scharfen Blick und ein feines Gehör. Und er war selbst unter den besten Umständen ein miserabler Lügner.
Bruno seufzte. »Denken wäre nicht das richtige Wort.«
»Dann suchen Sie sich ein anderes aus.«
Er nahm seinen ganzen Mut zusammen. »Ich hatte mir gerade vorgestellt, Sex mit dir zu haben«, gestand er. »Das tue ich schon, seit ich dich vor drei Nächten zum ersten Mal sah.«
Ihre Miene zeigte keine Regung. »Ach, wirklich?«
»Ja. Aber ich hätte dir das nie gesagt, hättest du mich nicht gewaltsam dazu gezwungen – und erst recht nicht, bevor wir uns einander vorgestellt haben.«
»Ich habe es sowieso gewusst.« Ihre Stimme war völlig sachlich. »Und wie ich schon sagte, weiß ich Ehrlichkeit zu schätzen.« Sie reichte ihm die Hand. »Lily Torrence.«
Er erwiderte den Händedruck. Ihre Hand war kühl und glatt, und der Kontakt löste einen elektrischen Impuls bei ihm aus.
»Bruno Ranieri«, sagte er.
Lily. Endlich kannte er ihren Namen. Er passte zu ihr. Blumen waren schön, feminin und zart. Aber eine Lilie war keine bescheidene Blume. Lilien waren stolz. Sie waren majestätisch wie Königinnen. Sie ließen sich von niemandem etwas gefallen, sondern forderten Respekt und Verehrung. Sie waren hochgewachsen, sinnlich, betörend elegant, sogar hochmütig. Es waren Blumen für einen Altar. Blumen für eine Göttin.
Trotzdem irritierte ihn irgendetwas an ihr. Die Frau war zu gut, um wahr zu sein. Etwas stimmte nicht an diesem Bild. Er betrachtete ihre schimmernde Haut und überlegte, ob sie eine minderjährige Ausreißerin war.
»Wie alt bist du?«, fragte er.
»Neunundzwanzig.«
Das war kompletter Unfug. Sie sah ganze zehn Jahre jünger aus. »Willst du mich verarschen?«
»Nein. Dazu kennen wir uns noch nicht lange genug.« Sie gab ihm den Löffel. »Hier. Du musst mir helfen, bevor ich platze. Iss etwas davon.«
»Ich weiß Ehrlichkeit ebenfalls zu schätzen«, sagte er und häufte Bananencreme auf den Löffel.
Sie wollte sich gerade Schlagsahne vom Daumen lecken, hielt bei seinen Worten jedoch mitten in der Bewegung inne und hob in frostigem Hochmut das Kinn. »Ich bin keine Lügnerin.«
»Dann antworte mir«, verlangte er. »Ohne zu schwindeln.«
»Ich werde nicht schwindeln, aber ich verspreche auch nicht, dass ich antworte.«
»Na gut.« Er fasste über den Tisch und nahm ihre Hand. »Sag mir einfach, was an diesem Bild nicht stimmt.«
Sie zuckte zusammen, als hätte man ihr einen Stromschlag versetzt, und versuchte, ihm ihre Hand zu entziehen. Bruno hielt sie unerbittlich fest. Sie krümmte die Finger in seinem Griff.
»Was zur Hölle soll das heißen?«, fuhr sie ihn an.
»Ich bin nicht ganz sicher. Sag du es mir. Irgendetwas irritiert mich an dir. Du bist hübsch, du bist sexy, du bist klug und faszinierend. Aber irgendetwas stimmt nicht. Also, was ist das Problem?«
Mit einem Ruck entzog sie ihm ihre Hand. »Ich habe kein Problem.«
»Erwischt«, sagte er ruhig. »Das war eine Lüge.«
Alle Farbe schwand aus ihrem Gesicht, sodass der Effekt des Make-ups noch krasser zutage trat. Mit gesenktem Blick griff sie sich eine Serviette und tupfte sich hektisch irgendeinen unsichtbaren Dessertrest vom Kinn. Bruno wartete geduldig.
»Bist du von zu Hause weggelaufen?«, fragte er.
Das entlockte ihr ein verbittertes Lachen. »Ich wünschte, es wäre so«, murmelte sie, ohne ihn anzusehen. »Im Moment habe ich noch nicht mal ein Zuhause, von dem ich weglaufen könnte.«
»Nun, das allein ist
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