Flammen des Himmels
seinen Gedanken aber formte sich eine Idee, die ihm im nächsten Moment gänzlich absurd erschien.
Nachdenklich löffelte er seinen Brei, zog aber mit der freien Hand die Berichte an sich, die er von Haberkamp erhalten hatte, und suchte nach einer ganz bestimmten Stelle. »Hier heißt es, dass weitaus mehr Frauen in Münster leben sollen als Männer – und es würden tagtäglich mehr.«
»Für uns ist das ein Vorteil, weil dann weniger Verteidiger auf den Mauern stehen, falls wir die Stadt tatsächlich belagern müssten«, erklärte der Gutsherr.
Lothars Gedanken wanderten in eine andere Richtung, doch er fühlte sich bemüßigt, Antwort zu geben. »Der Rat von Münster hat bereits einige hundert Söldner angeworben. Die werden die Stadt besser verteidigen als einfache Spießbürger.«
»Es sieht tatsächlich so aus, als käme es zum Krieg!« Haberkamp seufzte und wollte in sein Brot beißen, als erneut die Magd erschien.
»Eben ist ein Bote angekommen, der mit Euch sprechen will.«
»Mit wem? Mit mir oder Herrn Lothar?«, fragte ihr Herr.
»Mit Euch!« Mit dieser Auskunft schlurfte die Frau wieder davon.
»Was mag der wollen?«, fragte der Gutsherr mehr sich selbst, erhob sich und verließ den Raum.
Als er kurz darauf zurückkam, hielt er einen Brief in der Hand. »Es geht los, junger Herr! Waldeck fordert die Ritter des Münsterlands auf, zu ihm nach Telgte zu kommen, und zwar bewaffnet und mit Gefolge. Ich werde auch einige Männer stellen müssen.«
»Aber gepanzerte Ritter können keine Stadt erobern«, wandte Lothar ein.
»Das nicht, aber sie können die Zufahrtswege nach Münster überwachen und Leute daran hindern, hineinzugehen oder herauszukommen. Was macht Ihr? Kommt Ihr mit nach Telgte?«
Lothar schüttelte den Kopf. »Das ist nicht der Auftrag, den mein Vater mir erteilt hat. Reitet Ihr ruhig! Ich werde derweil eine Möglichkeit suchen, wie ich nach Münster gelangen kann.«
Haberkamp stand die Frage ins Gesicht geschrieben, wie Lothar das vollbringen wollte. Allerdings fragte er nicht nach, sondern überlegte, wie er die Forderung des Fürstbischofs nach Kriegsknechten erfüllen konnte, ohne sich selbst zu schaden.
Nach einer Weile, in der er zu keinem Entschluss gelangt war, erhob er sich und sah Lothar an. »Verzeiht, junger Freund, aber ich muss mit meinem Haushofmeister reden.«
»Das ist doch selbstverständlich«, sagte Lothar mit einem sanften Lächeln. Er wartete noch, bis Haberkamp das Haus verlassen hatte, dann rief er die Magd zu sich.
»Ihr wünscht?«, fragte diese ungehalten, weil Lothar sie vom Herd weggerufen hatte. Dort köchelte bereits das Mittagsmahl, das sie um nichts in der Welt anbrennen lassen wollte.
»Nur eines deiner Kleider!« Lothar lächelte immer noch, doch aus seinen Augen sprach wilde Entschlossenheit.
Die Magd sah ihn verwundert an und schüttelte den Kopf. »Auf was Ihr alles kommt!«
»Es ist mir wichtig! Auch darfst du mit niemandem darüber sprechen, hast du verstanden?«
»Das schon, aber …«, setzte die Frau an, doch Lothar unterbrach sie.
»Hol das Kleid, dann kannst du wieder in die Küche zurückkehren!«
Da die Frau genau das im Sinn hatte, verließ sie den Raum. Wenig später kehrte sie zurück und reichte Lothar ein schlichtes schwarzes Kleid, das, wie sie sagte, ihr bestes sei.
»Hab Dank! Ich benötige später noch ein paar Sachen von dir. Aber schweig bitte gegen jedermann!«
»Als wenn ich eine Schwatzliese wäre«, brummelte die Alte und eilte in die Küche. Während sie mit den Töpfen und Kesseln hantierte, fragte sie sich, was der junge Mann mit einem Kleid anfangen wollte. Wenigstens hätte er ihr einen Gulden dafür geben können, oder wenigstens einen halben. Daran würde sie ihn erinnern, sollte er noch mehr Kleidungsstücke von ihr fordern.
11.
H inner Hinrichs gefiel das Haus, das man ihm zugewiesen hatte. Es war weitaus größer als sein altes und verfügte nicht nur über einen Anbau, den er als Werkstatt verwenden konnte, sondern auch über einen kleinen Stall für ein paar Ziegen und Hühner, die sogar noch vorhanden waren.
Als er sich darüber wunderte, lachte Katrijn schallend auf. »Die Leute, die hier drinnen wohnten, haben wir erst heute Morgen aus der Stadt getrieben. Hat das Weib es doch tatsächlich gewagt, mich zu beleidigen, mich, eine Cousine dritten Grades unseres Propheten Jan van Haarlem!«
»Die Leute sind vertrieben worden, weil sie keine der Unseren gewesen sind?« Helm wunderte sich,
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