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Flammen des Himmels

Flammen des Himmels

Titel: Flammen des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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eine allzu wertvolle Geisel. Der Fürstbischof schätzt Euch und würde einiges geben, um Euch unversehrt zurückzuerhalten. Darum wünschte ich, Ihr hättet einen anderen jungen Mann als ausgerechnet Euren Sohn nach Münster geschickt.«
    »Es musste sein!«, gab Gardner scharf zurück. »Jetzt geht es mir darum, wie ich mit meinem Sohn in Kontakt komme.«
    »Ich wollte es als Bäuerlein tun, das immer wieder einen Sack Korn in die Stadt bringt«, erklärte Haberkamp.
    »Wenn Ihr zu oft geht, fällt es irgendwann auf. Daher sollten wir uns diese Aufgabe teilen. Ich warte morgen nur noch darauf, bis unser Gast sich verabschiedet hat, und wandere dann nach Münster.« Bei diesem Vorschlag erntete Gardner jedoch Widerspruch.
    »Ihr solltet besser nicht warten«, sagte sein Freund. »Wie ich Graf Brackenstein einschätze, wird er sich gewiss nicht vor zehn Uhr von seinem Bett erheben. Ihr hingegen müsst bei Sonnenaufgang vor den Toren stehen, wenn diese geöffnet werden, und dürft auch nicht länger auf dem Markt bleiben, als bis Ihr das Gemüse auf Eurem Wagen verkauft habt.«
    »Ich dachte, ich nehme Korn!«, rief Gardner verwundert.
    »Wenn Ihr Eure zwei oder drei Sack verkauft habt, gibt es keinen Grund mehr für Euch, länger auf dem Markt zu verweilen. Es dauert gewiss länger, ein paar Dutzend Kohlköpfe an den Mann oder besser an die Frau zu bringen. Es mag sein, dass sogar Euer Sohn einen kaufen will. An einem Sack Getreide wird er wohl kaum Interesse haben.«
    Gardner wollte schon sagen, dass er das Korn nicht im Sack, sondern in kleinen Mengen verkaufen konnte, wurde aber nachdenklich. Ein Bäuerlein mit Kohl fiel tatsächlich weniger auf als einer mit Korn, der offensichtlich alles tat, um länger dortbleiben zu können.
    »Ich danke Euch, mein Freund. Euer Rat wird mir stets teuer bleiben!« Damit reichte Gardner Haberkamp die Hand und umarmte ihn anschließend.
    »Nur Mut!«, meinte dieser. »Im Gegensatz zu Hauptmann Brackenstein hat Euer Sohn den Hut nicht nur deshalb auf, damit es nicht in den Kopf hineinregnet. Er weiß durchaus etwas damit anzufangen. Ich wünsche Euch Glück für morgen. Nur noch eines: Wenn Euch morgen irgendjemand als elenden Schollenbrecher beschimpft, dann droht ihm nicht mit dem Richter, sondern mit der Peitsche!«
    Gardner musste lachen, und als er zu Bett ging, tat er es in der Überzeugung, dass doch noch alles gut werden könnte.

12.
    O bwohl die bischöflichen Truppen damit begonnen hatten, die Straßen nach Münster zu sperren, gelangten immer noch genug Bauern und Händler in die Stadt. Zwar bereiteten die Wiedertäufer sich geistig bereits auf das ewige Leben im Angesicht Jesu Christi vor, aber bis zu dessen Ankunft mussten sie essen und sich kleiden. Die Fahrt nach Münster war wegen der bischöflichen Truppen nicht ungefährlich, doch der dabei erzielte Gewinn wog für die meisten das Risiko auf.
    Magnus Gardner ging es nicht um den Gewinn, sondern darum, Kontakt mit seinem Sohn aufzunehmen. Noch vor Tau und Tag zog er eine einfache wollene Hose, ein Leinenhemd und ein kurzes Wams an, brach auf und lenkte den Gaul vor dem bereits beladenen Karren nach Münster. Als er wenig später mit etlichen anderen Bauern und Händlern vor dem Tor anhielt, schlug ihm das Herz bis zum Hals. Was war, wenn er entlarvt wurde?, fragte er sich besorgt. Dann würde Lothar alles tun, um ihn zu retten, und dabei selbst in allerhöchste Gefahr geraten.
    Der Gedanke brachte ihn fast dazu, umzukehren. Damit aber hätte er erst recht Verdacht erregt. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als auf dem einfachen Karren sitzen zu bleiben, den sein Vetter ihm zur Verfügung gestellt hatte, und darauf zu warten, dass das Stadttor geöffnet wurde.
    Als dies endlich geschah, sahen sich die Torwächter jeden, der in die Stadt hineinwollte, genau an. Nur diejenigen, die sie kannten, ließen sie ohne Befragung durch. Es dauerte deshalb eine Weile, bis auch Gardner an der Reihe war. Ein Söldner in Landsknechtstracht kam auf ihn zu und musterte ihn und den Wagen. »Wer bist du, und woher kommst du?«
    Gardner nannte einen Namen und ein Dorf, das etwa drei Stunden von Münster entfernt lag. Dabei hoffte er, dass keiner der Männer um ihn herum sich dort auskannte und wusste, dass er nicht aus dieser Ortschaft stammte.
    Der Söldner ging einmal um seinen Wagen herum, betrachtete die Kohlköpfe, die jetzt, da der Winter nahte, besonders schmackhaft waren, und nickte. »Kannst passieren! Kostet dich aber

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