Flammen des Himmels
anderes übrig, als die Stadt zu stürmen. Doch das ist in meinen Augen der letzte Ausweg aus dieser Situation.« Gardner dachte mit Grauen, was in Münster geschehen würde, wenn es zum Sturm kam und die entfesselten Landsknechte ein Blutbad anrichteten.
Während ihm der Kopf unter der Last der Verantwortung zu schwer wurde, wanderte der Blick des Fürstbischofs nach Westen. Dort lag nicht nur Münster.
»Es gäbe noch einen Ausweg für uns, Gardner. Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit Maria von Habsburg, frühere Königin von Ungarn und jetzige Statthalterin des Kaisers in Burgund, ließ Uns Botschaft überbringen, dass sie bereit wäre, Uns das Gebiet des Fürstbistums Münster abzukaufen, um es in den burgundischen Reichsverband einzugliedern.«
»Aber das …« Mehr brachte Gardner nicht heraus, denn es verschlug ihm die Sprache.
»Für Uns wäre dies ein Weg, aus dieser unangenehmen Sache herauszukommen«, fuhr Franz von Waldeck fort. »Auch wäre Ihre Hoheit, Maria von Habsburg, besser als Wir in der Lage, Truppen aufzustellen und den Ketzern in Münster aufs Haupt zu schlagen. Wir hingegen könnten mit der Abstandssumme in Osnabrück eine eigene Herrschaft begründen, die im Lauf der Jahre lutherisch und damit erblich werden könnte.«
Das war ein Lockmittel, das schon so manchen geistlichen Fürsten davon überzeugt hatte, das Evangelium im Sinne Luthers predigen zu lassen, um sich selbst zum weltlichen Herrscher ernennen zu können. Gardner war sicher, dass Maria von Burgunds Emissäre genau dies Waldeck vorgeschlagen hatten. Wie weit die Habsburgerin und vor allem ihr Bruder, der Kaiser, ein solches Vorgehen im Endeffekt dulden würden, stand allerdings auf einem anderen Blatt. Schließlich galten sie beide als Verteidiger des wahren Glaubens.
Das war auch Franz von Waldeck klar. Seine Herrschaft bestand nicht nur aus der Stadt Münster, sondern aus weiten Landstrichen, deren Stände ihm bereits mehrfach Sondersteuern zugebilligt hatten, damit er seine Söldner bezahlen konnte. Gegen deren Willen konnte er die Herrschaft nicht niederlegen und sie den Habsburgern übergeben. Und dann war da auch noch der Papst als sein geistliches Oberhaupt.
Innerlich zerrissen, wandte Franz von Waldeck sich an seinen Begleiter. »Was meint Ihr, Gardner? Welchen Rat würdet Ihr uns geben?«
»Alles sehr genau zu überdenken, Eure Hoheit. Was steckt hinter diesem Angebot? Gibt es irgendwelche Sicherheiten? Welche Möglichkeiten eröffnen sich Euch dadurch? Oder müsst Ihr damit rechnen, vielleicht sogar Schaden zu nehmen, wenn Ihr den Ratschlägen folgt?«
Gardner zählte die Punkte auf, die ihm einfielen. Dem Fürstbischof zu raten, das Angebot aus Burgund abzuweisen, wagte er allerdings nicht. Dieser nannte ihm schließlich noch einen Grund, weshalb Maria von Habsburg ihm ihre Gesandten geschickt hatte.
»Hinter dem Angebot steckt niemand anders als Seine Majestät, Kaiser Karl V. Seit der Erbteilung der habsburgischen Besitzungen fällt Burgund an die spanische Krone, während Münster eine zum Heiligen Römischen Reich gehörende Herrschaft darstellt. Wird nun Herr Ferdinand Kaiser und nicht der Sohn seines Bruders Karl, würde er es mir verargen, ein so großes Land an die Spanier übergeben zu haben. Das könnte mich aller Aussichten in anderen Teilen des Reiches berauben.«
Gardner war froh, dass Franz von Waldeck selbst auf diesen Umstand gestoßen war. Die Stimmung unter den deutschen Fürsten bezüglich eines weiteren, aus Spanien stammenden Königs war schlecht. Selbst jene, die immer noch dem Katholizismus anhingen, zogen den in Österreich residierenden Ferdinand von Habsburg einem möglichen spanischen Neffen vor.
»Das sollte man sorgfältig bedenken«, antwortete Gardner daher. »Die andere Alternative bedeutet jedoch, diesen Krieg selbst zu führen. Dafür müsstet Ihr das Fürstbistum bis zum Letzten verschulden und zudem die umliegenden Fürsten und den Kaiser um Unterstützung bitten. Es ist möglich, dass Herr Karl sich als wenig zugänglich erweist, wenn Ihr das Angebot seiner Schwester ablehnt. Herr Karl will Spaniens Macht stärken und nicht die des Reiches.«
»Ich fürchte, da habt Ihr recht, Gardner. Bei Gott, ich wünschte, ein anderer müsste diese Bürde tragen!« Der Fürstbischof ballte die Fäuste in hilflosem Zorn, denn er fühlte sich wie zwischen zwei Mühlsteinen gefangen und konnte nur hoffen, dass er nicht völlig zerrieben wurde.
Nach einer Weile schüttelte er
Weitere Kostenlose Bücher