Flammen des Himmels
kleinen Vorrat angelegt, den er nur ungern herausrücken würde.
Nach einer kurzen Unterbrechung sprach Arno weiter: »Um zu verhindern, dass einige wenige Lebensmittel horten, dürfen ab heute die Haustüren nicht mehr versperrt werden. Auch werden Patrouillen umhergehen und kontrollieren, ob alle Nahrungsmittel abgegeben worden sind. Wer dies nicht tut, ist dem Schwert verfallen!«
Der Söldner genoss ganz offensichtlich die Macht, die er über die Menschen hier besaß. Bernd Knipperdolling und vor allem sein Hauptmann Heinrich Krechting vertrauten ihm, und er wollte alles tun, um dieses Vertrauen zu rechtfertigen. Daher erteilte er seinen Männern einen kurzen Befehl. Sofort drangen vier von ihnen in das große Haus einer Patrizierfamilie ein, deren Mitglieder die Stadt zum Teil verlassen hatten. Diejenigen, die zurückgeblieben waren, mussten hilflos mit ansehen, wie ihre Keller ausgeräumt wurden. Die Söldner machten auch vor Wein- und Bierfässern nicht halt. Einige brachen sogar Stücke von den Würsten ab, steckten diese in den Mund und kauten genussvoll darauf herum.
Lothar sah dem Treiben kurze Zeit zu, dann kehrte er in seine Hütte zurück.
Entgegen ihrer Ankündigung folgte Frauke ihm und sah ihn fragend an. »Willst du wirklich alles abgeben?«
»Ich weiß nicht«, antwortete er unsicher. »Ich möchte nicht in Verdacht geraten, etwas zu verbergen.«
»Das kann ich mir vorstellen!« Trotz der ernsten Situation musste Frauke leicht glucksen. Dann aber wies sie auf die Steinguttöpfe, die Lothar aus den leerstehenden Häusern in der Umgebung geholt hatte.
»Wenn du ein gutes Versteck weißt, solltest du einen Teil davon behalten. So viele Vorräte sind für eine Frau ungewöhnlich, die erst vor wenigen Wochen in die Stadt gekommen ist. Auch befürchte ich Schlimmes für die Zukunft.«
»Obwohl am fünften April der Heiland herabsteigen und alle in der Stadt mit himmlischem Manna nähren wird?«
Auch wenn es wie ein Spaß klang, war es keiner. Lothar glaubte genauso wenig daran wie Frauke. Eines aber war sicher: Die Truppen des Fürstbischofs würden den Ring um die Stadt immer enger ziehen, bis nicht einmal mehr eine Maus zwischen ihnen hindurchschlüpfen konnte.
»Was meinst du? Glauben auch Matthys und seine Anhänger nicht mehr an die Erscheinung des Herrn und sammeln daher die Lebensmittel ein, um für eine lange Belagerung gerüstet zu sein?«, fragte er Frauke.
Sie schüttelte den Kopf. »Matthys glaubt ganz fest an seine Prophezeiungen! Meiner Meinung nach wollen sie die Lebensmittel deshalb haben, um die vielen Neuen, die in die Stadt gekommen sind, versorgen zu können. Außerdem wollen sie noch mehr ihrer Glaubensbrüder herbeirufen.«
»Damit dürftest du recht haben!« Lothar stellte einige Töpfe mit haltbaren Lebensmitteln beiseite. »Wo soll ich sie verstecken? Im Keller werden sie wohl als Erstes nachsehen. Vielleicht sollte ich mein Bett über der Falltür aufschlagen!«
»Das würde ich nicht tun. Ein paar Weiber waren bei dir und wissen, wo das Bett stand. Wenn es auf einmal an einem anderen Ort steht, erregt es Verdacht.«
»Dann werde ich doch alles abliefern müssen«, stöhnte Lothar und sah eine Zeit des Hungers voraus.
»Hat je eines der anderen Weiber gesehen, wie tief dein Keller ist?«, wollte Frauke wissen.
»Nein, natürlich nicht! Ich habe ihn kurz nach meinem Einzug noch ein wenig tiefer gegraben und einen Teil der Erde am Fuß der Westwand angehäuft, weil dort der Wind hereingeblasen hat.«
»Dann wirst du dir etwas anderes zum Abdichten suchen müssen.« Entschlossen stellte Frauke einige Töpfe in den etwa drei Ellen tiefen Kellerschacht, deckte ein Leintuch darüber, das ebenfalls den Weg in Lothars Haushalt gefunden hatte, und warf Erde darauf.
»So geht es! Bei Gott, bist du klug!«, rief Lothar aus und half ihr, die Erde so festzudrücken, dass sie wie der Boden eines nur halb so tiefen Kellers aussah.
»Jetzt legen wir noch die leeren Flaschen hinein, die du gesammelt hast, und jeder wird glauben, du hättest alles abgeliefert. Aber nun muss ich wirklich gehen. Vielleicht kann ich auch zu Hause ein paar Sachen unauffällig verstecken.«
Zufrieden, den neuen Herren dieser Stadt zumindest ein kleines Schnippchen geschlagen zu haben, verabschiedete Frauke sich von Lothar und eilte zum Haus ihrer Familie.
8.
H elm wachte erst am Nachmittag auf und fühlte sich zunächst so elend, dass er sich wünschte zu sterben. Als Lothar ihm etwas Wasser
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