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Flammen des Himmels

Flammen des Himmels

Titel: Flammen des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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einflößen wollte, erbrach er alles, was noch in seinem Magen war, und lag danach weinend im Bett.
    »Was ist denn mit dir los? Ich dachte, du wärst ein Mann!«, fragte Lothar mit gekünsteltem Spott, um Helm an dessen Ehre zu packen.
    Der Junge schniefte und sah ihn dann an. »Lotte, du? Wie bin ich hierhergekommen?«
    »Deine Schwestern und ich haben dich gestern Nacht hierhergetragen, nachdem du wie ein nasser Sack bei dem zusammengefallenen Haus weiter oben auf einem Steinhaufen gelegen bist.«
    »Steinhaufen?« Helm versuchte, sich zu erinnern, kam aber nur bis zu der Stelle, an der Faustus und Isidor ihn betrunken gemacht hatten. An das, was danach geschehen war, konnte er sich nicht mehr so recht erinnern, doch selbst das wenige reichte für ihn aus, um erneut in Tränen auszubrechen.
    »Diese Schweine, sie …«
    »Jammern hilft nichts!«, wies Lothar ihn zurecht. »Du musst die Zähne zusammenbeißen und zusehen, dass du wieder auf die Beine kommst. Die beiden werden irgendwann für ihre Bosheit bezahlen.«
    »Du weißt …«
    Erneut unterbrach Lothar den Jungen. »Ich habe gesehen, dass du mit ihnen gegangen bist. Den Rest konnten Frauke, Silke und ich uns dann zusammenreimen, als wir dich gefunden und hierhergebracht hatten.«
    »Die beiden wissen es auch?« Auf Helms Gesicht stand das nackte Entsetzen.
    »Es war nicht zu übersehen! Wir mussten dich ausziehen und deinen Körper mit Schnee einreiben, damit du keine Erfrierungen davonträgst. Da haben sie gesehen, wie du zugerichtet worden bist. Versuch jetzt, ob du etwas bei dir behalten kannst!«
    Lothar reichte Helm einen Becher mit dem Aufguss von Kamille, Pfefferminze und etwas Süßholz und sah zufrieden, dass der Junge trinken konnte, ohne erneut zu erbrechen.
    »Warum haben die beiden das getan?«, fragte Helm, als er den Becher zurückreichte.
    »Manchmal nehmen Männer sich Knaben vor, wenn ihnen kein Weib zur Verfügung steht«, antwortete Lothar.
    »Aber hier gibt es genügend Weiber, sogar weitaus mehr als Männer!«, rief Helm empört.
    »Es gibt auch Männer, die nichts für Frauen übrighaben, sondern Knaben vorziehen.«
    Helm schüttelte es. »Aber das ist abscheulich und widernatürlich!«
    »Mag sein. Nur hat Gott die Welt so geschaffen, wie sie ist. Dazu gehören Faustus und Isidor ebenso wie Jan Matthys und Franz von Waldeck. Wir können es nicht ändern, sondern müssen so leben, dass wir vor unserem eigenen Gewissen bestehen können. Wenn Faustus und Isidor das miteinander tun, was sie mit dir gemacht haben, berührt mich das nicht. Es ist ihre Entscheidung, und sie müssen es vor sich selbst und Gott rechtfertigen. Anders ist es jedoch, wenn sie einen jungen Burschen betrunken machen, um ihrer Lust frönen zu können.«
    Bei seinen eigenen Worten wurde Lothar klar, dass ihm dasselbe hätte zustoßen können. Hätten die beiden ihn während seiner Zeit auf der Universität zu einem Umtrunk eingeladen, wäre er ebenfalls darauf hereingefallen. In der Hinsicht hatte er das Glück gehabt, welches Helm versagt geblieben war.
    »Du musst erst einmal zusehen, dass du wieder zu Kräften kommst. Danach überlegen wir gemeinsam, wie wir es den beiden Kerlen heimzahlen können. Schreib dir aber eines ins Gebetbuch: Erzähle nichts davon anderen Leuten! Faustus und Isidor würden glatt behaupten, du hättest dich ihnen freiwillig angeboten, und sei es nur, um nicht alleine dafür im Feuer zu enden. Außerdem darfst du nichts auf eigene Faust gegen die beiden unternehmen. Die sind aalglatt und verschlagen. Ein ehrlicher Bursche wie du ist denen niemals gewachsen.«
    Lothars Predigt gefiel Helm ganz und gar nicht. Es ging ihm allmählich besser, und so quoll der Wunsch nach Rache in ihm hoch. Doch er begriff selbst, dass er allein gegen Faustus und Isidor auf verlorenem Posten stand.
    »Warum hilfst du mir?«, fragte er Lothar.
    »Ich bin eine Freundin deiner Schwestern!« Lothar musste sich zusammennehmen, um weiterhin eine Frau spielen zu können. Mit Frauke und Silke wussten schon zwei Menschen, dass er nicht war, was er vorgab zu sein. Helm brauchte es nicht auch noch zu erfahren.
    Während Helm still vor sich hin sann, prüfte Lothar, ob der Junge noch Fieber hatte, aber das war zum Glück nicht der Fall. Geräusche, die von draußen hereindrangen, erinnerten ihn jedoch daran, dass es auf der Welt mehr gab als den kranken Jungen, Frauke und ihn selbst. Als er den Kopf zur Tür hinausstreckte, sah er etliche Bewaffnete, die die

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