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Flammen des Himmels

Flammen des Himmels

Titel: Flammen des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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behalten. Es ist nicht so, dass ich euch misstraue. Doch unter der Folter hat schon mancher gestanden, Vater und Mutter ermordet zu haben, obwohl beide noch lebten. Ihr werdet mich mit einem Seil die Mauer hinunterlassen, denn ich bin zu schwach, um alleine hinabklettern zu können. Den Rest werde ich ohne Hilfe bewältigen. Bei Gott, mir wäre lieber gewesen, wir hätten meinen ursprünglichen Plan ausführen können. Doch nachdem dieser Narr Faustus geflohen ist, haben sie den Rest von uns auf andere Mauerabschnitte verteilt, um uns zu überwachen und zu verhindern, dass auch wir Fersengeld geben. Wenigstens hat es dem feigen Kerl nichts geholfen, denn ich habe gesehen, wie ein Landsknecht ihn erschlagen hat.«
    Da erst erinnerte Gresbeck sich, dass Frauke als Faustus’ Frau gegolten hatte. »Du kannst froh sein, dass du den Kerl los bist, denn er war ein Feigling bis ins Mark. Außerdem hat er uns schwer geschadet. Aber das kannst du mit deinem Bruder und deiner Schwägerin zusammen wiedergutmachen. Die Nacht zieht herauf, und es ist Neumond. Da müsste ich ungesehen aus der Stadt gelangen.«
    Frauke senkte den Kopf. Auch wenn sie nicht einmal Freundschaft für Faustus empfunden hatte, dauerte sie sein Ende. Immerhin hatte er durch die angebliche Ehe mit ihr verhindert, dass sie einen anderen Mann heiraten oder, wahrscheinlicher noch, aus der Stadt hatte fliehen müssen, ohne zu wissen, ob man sie draußen erschlug oder auf den Scheiterhaufen brachte.
    Auch Helm verspürte Trauer um Faustus. Zwar war der Tag nicht vergessen, an dem der ihn hilflos der Kälte überlassen hatte, doch danach war er ihm doch ein Freund geworden.
    Im Gegensatz zu Frauke und Helm galten Lothars Gedanken allein Heinrich Gresbecks Plan. Der Mann schien sich alles gut überlegt zu haben, und wenn nun einer von ihnen die Hütte verließ, würde er annehmen, dass er verraten werden sollte. Es blieb ihnen daher keine Zeit mehr. Entweder machten sie mit, oder Gresbeck würde auf einem anderen Weg versuchen, aus der Stadt zu gelangen – und ohne Hilfe wahrscheinlich umkommen.
    »Wir sollten bis kurz vor Mitternacht warten«, sagte Lothar. »Bis dahin müssen wir die Lampen löschen bis auf eine, die auf nur kleinster Flamme brennen darf, um kein Aufsehen zu erregen. Oder will hier jemand, dass die Nachtwachen hereinkommen und nachschauen, was wir tun?«
    »Für eine Frau hast du einen klugen Kopf auf den Schultern«, lobte Gresbeck und erhielt dafür von Frauke ein zorniges Schnauben. Sie mochte es nicht, wenn ein Mann glaubte, klüger zu sein als sie, nur weil sie weiblichen Geschlechts war.
    »Was ist mit dem Seil?«, fragte sie.
    »Das liegt bereit!« Gresbeck grinste.
    Frauke blies die große Unschlittkerze aus, so dass nur noch das niederbrennende Herdfeuer die Hütte erleuchtete. »So, jetzt sieht es so aus, als wären wir zu Bett gegangen.«
    »Mit den Hühnern«, spottete Helm.
    »Wenn es wenigstens noch Hühner in diesen Mauern gäbe!« Lothar leckte sich die Lippen bei dem Gedanken an ein gebratenes Hähnchen, aber er hätte sich auch mit einem gekochten Suppenhuhn zufriedengegeben. Doch die gab es höchstens noch draußen bei den Belagerern.
    »Bald wirst du eins essen können«, tröstete Frauke ihn.
    »Dafür müssen zuerst Bockelson und seine Fanatiker gestürzt werden«, gab er zurück.
    »Und wenn ihnen vielleicht doch der Herrgott hilft?«, fragte Helm beklommen.
    Frauke wandte sich mit einer heftigen Bewegung zu ihm um. »Bisher hat der Herr im Himmel alles geschehen lassen, ohne einzugreifen, und wenn dies so weitergeht, werden wir hier alle elend zugrunde gehen. Willst du das?«
    »Nein, natürlich nicht!«
    »Dann halte gefälligst den Mund!«
    Es waren die letzten Worte, die in den nächsten Stunden fielen. Dabei saßen sie alle wie auf glühenden Kohlen. Heinrich Gresbeck wünschte sich, seine Flucht wäre bereits gelungen, und er befände sich wohlbehalten im Quartier des Fürstbischofs. Ungefährlich war die Sache nicht, denn er konnte an einen Söldner geraten, der zuerst zuschlug und dann erst nachsah, wen er getötet hatte. Doch die Not zwang ihn zu diesem Schritt. Nicht nur er selbst, sondern auch seine Freunde und Bekannten hungerten. Er hätte auch einige von ihnen auffordern können, ihm zu helfen, sich dann aber für Frauke, Lotte und Helm entschieden. Von den dreien wusste er, dass sie auf seiner Seite standen und ihn nicht für eine Handvoll Brot an die Täuferführer verkaufen würden.
    Auch Frauke gingen

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