Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flammen des Himmels

Flammen des Himmels

Titel: Flammen des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
Vom Netzwerk:
Einige von ihnen und auch ein großer Teil ihrer Anhänger hofften immer noch – trotz mehrerer falscher Prophezeiungen – auf ein Eingreifen der himmlischen Mächte zu ihren Gunsten. Dies wurde umso nötiger, als Franz von Waldecks Söldner eines Nachts die abgeschlagenen Köpfe jener Männer über die Mauer schleuderten, die einige der Belagerten als die Anführer des holländischen und des friesischen Täuferheeres erkannten, die Bockelson ihnen genannt hatte. Kurze Zeit später überbrachten Freunde, denen es gelungen war, sich durch den Belagerungsring des Fürstbischofs zu schleichen, die ernüchternde Nachricht, dass die holländischen Wiedertäufer bereits beim Sammeln von den spanischen Truppen der burgundisch-niederländischen Statthalterin Maria von Habsburg zerschlagen worden waren. Der Entsatz, auf den fast alle in Münster so sehr gehofft hatten, würde niemals kommen.
    Bockelson, Knipperdolling, Krechting, Rothmann, Dusentschuer und den anderen Anführern blieb daher nichts anderes übrig, als auszuhalten, bis der Himmel selbst ihnen zu Hilfe kam. Für die einfachen Leute in Münster, ob sie nun gläubige Wiedertäufer waren oder nur gezwungenermaßen die Taufe angenommen hatten, bedeutete diese Entscheidung Hunger und Elend.
    Die Not hielt nun auch in der kleinen Hütte an der Stadtmauer Einzug. Mehr als ein Stück mit Strohhäckseln gebackenen Brotes konnten die Bäcker nicht mehr herstellen. Das Fleisch der geschlachteten Tiere war längst verzehrt, und wenn nun, was selten geschah, der Geruch von gebratenem oder gesottenem Fleisch aus einer Küche drang, so stammte dieser von kleinen, bepelzten Wesen mit langen Schwänzen. Handelte es sich dabei um eine Ratte, hatte der Jäger noch Glück gehabt. Meist aber gingen nur Mäuse in die Fallen, und die waren beinahe so dürr wie die Menschen, da es in den Vorratsräumen und Speichern auch für sie nichts mehr zu finden gab.
    Frauke, Lothar und Helm konnten wenigstens auf den Notvorrat zurückgreifen, den sie sich in besseren Zeiten angelegt hatten, den meisten anderen aber blieb nur die nackte Not. Dennoch begehrte niemand gegen Bockelsons Herrschaft auf. Zu verhungern schien den meisten ein leichteres Los zu sein, als von dessen Henkern in Stücke gehauen zu werden.
    Auch an diesem Tag hatte Frauke wieder einen Topf im Keller ausgegraben und ein wenig Suppe gekocht, als auf einmal die Tür aufging und Gresbeck hereinkam. Der Mann schwankte und musste sich am Türpfosten festhalten. Mit einem Mal schnupperte er.
    »Ihr habt noch etwas zu essen! Bei Gott, ich hungere bereits seit drei Tagen.«
    Rasch schöpfte Frauke je eine Kleinigkeit aus den drei Näpfen, die auf dem Tisch standen, in einen vierten Napf und reichte diesen Gresbeck.
    »Möge Gott es dir vergelten«, sagte dieser und begann, hastig zu löffeln. Es machte längst nicht satt, und er äugte begierig auf die anderen Näpfe. Allerdings sah er selbst, dass Frauke, Lothar und Helm auch nicht mehr bekommen hatten als er.
    »Es ist nicht mehr zum Aushalten!«, begann er das Gespräch. »Ich habe die Nase voll von all den Vorhersagen der selbsternannten Propheten, die dann doch nicht eingetreten sind. Außerdem will ich nicht warten, bis Bockelson verkündet, Gott habe gesagt, wir sollen unsere Toten essen, damit wir der Belagerung standhalten.«
    »Was hast du vor?«, fragte Frauke, da Helm den Mund nicht aufbrachte.
    »Ich will zur Stadt hinaus und zum Bischof, denn ich weiß, wie ich seine Leute hereinführen kann. Aber dafür brauche ich Hilfe!«
    »Die wirst du bekommen!« Lothar nickte Frauke kurz zu und legte dann Helm die Hand auf die Schulter. »Bist du dazu bereit?«
    Für Helm war die Sache nicht einfach, denn er war als Kind im Sinne der täuferischen Lehre erzogen worden. Ihm war jedoch klar, dass das, was Bockelson und sein engstes Gefolge praktizierten, nichts mehr mit den Idealen zu tun hatte, die von den Predigern damals gelehrt worden waren. Außerdem hatte der selbsternannte König von Neu-Jerusalem seine ältere Schwester zuerst zu einer seiner Frauen gemacht und sie hinterher einfach aus der Stadt gejagt.
    »Ja!«, sagte er schließlich leise. »Ich bin dazu bereit.«
    »Wir beide sind es auch!« Frauke legte ihre Hand auf Lothars und sah Gresbeck herausfordernd an, damit er nicht glauben sollte, nur Helm sei in der Lage, ihm Hilfe zu leisten.
    »Wie willst du hinaus und dann mit den Bischöflichen wieder herein?«, wollte Helm wissen.
    »Letzteres werde ich für mich

Weitere Kostenlose Bücher