Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flammen des Himmels

Flammen des Himmels

Titel: Flammen des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
Vom Netzwerk:
Neu-Jerusalem nur noch eine Randnotiz der Geschichte. Während Fürstbischof Franz von Waldeck durch die Stadt ritt und mit wachsendem Entsetzen auf die vielen Leichen starrte, die in den Straßen lagen, eilte Magnus Gardner, von Moritz begleitet, zu Haberkamps Gut, um nach seinem Sohn zu schauen. Ganz wohl war ihm dabei nicht, denn er hatte Lothar in ein Abenteuer geschickt, das weitaus gefährlicher geworden war, als er es sich vorgestellt hatte.
    Beim Gut angekommen, schüttelte er seine Unsicherheit ab und trat breitbeinig in den Raum, in dem Lothar und die anderen saßen. Sein Sohn trug nun die Kleidung eines ländlichen Edelmanns, die Leander von Haberkamp ihm geliehen hatte, und unterhielt sich mit seinem Gastgeber. Neben den beiden saßen Frauke und Silke eng aneinandergeschmiegt, so als wollten sie sich nie mehr trennen.
    Magnus Gardner betrachtete die jungen Frauen mit einer Mischung aus Wohlgefallen und Ärger. Beide waren schön, das musste er anerkennen. Langes blondes Haar umrahmte zwei liebliche Gesichter mit großen blauen Augen und sanft geschwungenen Lippen. Und doch fühlte er einen Unterschied. Die Jüngere wirkte nach dem Hunger in der Stadt hager, doch ihre Miene erschien ihm lebhafter als die ihrer Schwester und auch entschlossener.
    Auf der anderen Seite des Tisches saß ein junger Bursche, der den beiden Schwestern ähnlich genug sah, um ihn als deren Bruder zu erkennen, sowie Draas und die Marketenderin Margret, die Moritz eben freudig begrüßte.
    »Willkommen, Vetter!«, rief Leander von Haberkamp und befahl einem Diener, Gardner einen Becher Wein zu bringen. »Schließlich haben wir etwas zu feiern! Die Ketzer sind besiegt, im Land herrscht wieder Frieden, und dieser Lümmel ist unbeschadet aus dem ganzen Schlamassel herausgekommen.«
    »Waren meine Nachrichten von Wert für Euch, Herr Vater?«, fragte Lothar anstelle eines Grußes.
    »Und ob sie das waren! Du hast uns ein paarmal vor Irrtümern bewahrt, die uns teuer zu stehen gekommen wären.«
    Gardner trat ein paar Schritte auf Lothar zu und musterte ihn. Eines begriff er sofort. Er hatte nicht mehr den unbedarften Jüngling vor sich, den er vor Monaten nach Münster geschickt hatte, sondern einen jungen Mann, der in dieser Zeit über sein Alter hinaus gereift war.
    Mit einem Mal fühlte Magnus Gardner sich unsicher, und er beschloss, erst einmal zu berichten, was in Münster geschehen war. »Ja, die Ketzer sind besiegt! Doch ist es nicht der Sieg, den ich mir gewünscht hätte. Es ist viel zu viel Blut unnötig vergossen worden. Zum Glück haben die Landsknechte die meisten Weiber in Ruhe gelassen. Denen haben wir freigestellt, ihrem Irrglauben zu entsagen und in den Schoß der römischen Kirche zurückzukehren. Verweigern sie das, werden sie aus dem Hochstift gewiesen.«
    »Wenigstens etwas«, sagte Draas, denn es hätte weitaus schlimmer kommen können.
    Nun ergänzte Moritz den Bericht. »Eine Gruppe Wiedertäufer hatte sich unter Heinrich Krechtings Kommando am Hauptmarkt verschanzt. Sie niederzukämpfen, hätte zu viele Verluste mit sich gebracht. Der Fürstbischof hat ihnen daher freies Geleit angeboten, und sie haben es angenommen. Zu ihnen gehört auch unser einstiger Kamerad Arno. Ich vergönne es ihm, überlebt zu haben, denn er war eigentlich ein braver Kerl.«
    »Ein braver Kerl, sagst du?«, fuhr Margret auf. »Der Schuft ist mir immer noch zwei Gulden schuldig, und Hans gleich drei!«
    »Bei Hans wirst du mit dem Bezahlen bis zum Jüngsten Gericht warten müssen. Er wurde von demselben Handbüchsenschützen niedergestreckt wie Gerwardsborn!« Moritz wandte sich jetzt an Frauke und ihre Geschwister. »Der Fürstbischof hat es den überlebenden Frauen freigestellt, entweder zur katholischen Religion zurückzukehren oder in ein Land auszuwandern, das sie aufnehmen will. Eure, nun ja, Stiefmutter gehört zu jenen, die in die Fremde wollen!«
    »Sie träumt wohl immer noch vom himmlischen Jerusalem«, spottete Helm.
    »Soll sie ihr Heil suchen, wo sie mag. Wenigstens sind wir sie los!« Frauke atmete tief durch, doch noch war Moritz nicht am Ende mit seinem Bericht. »Übrigens war es euer Vater, der euch mit diesem Schuss gerettet hat. Neben dem Inquisitor hat er noch vier Landsknechte niedergemacht, bevor er starb!«
    »Bei Gott!« Frauke spürte, wie Trauer ihr die Kehle einschnürte, und sie schämte sich nun dafür, ihren Vater als Zauderer und Feigling verachtet zu haben. Auch Silke weinte, während Helm den Kopf

Weitere Kostenlose Bücher