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Flammen des Himmels

Flammen des Himmels

Titel: Flammen des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Kopf. Er hatte Silke versprochen, ihre Geschwister zu retten. Doch nicht einmal dazu war er in der Lage. Auch schwebte Silke selbst, solange Gerwardsborn sich im Lager aufhielt, in höchster Gefahr. Allerdings bezweifelte er, dass sie bereit sein würde, ihm in eine sichere Gegend zu folgen.
    »Ihr solltet es Euch noch einmal überlegen«, sprach er den Inquisitor an. »Wollt Ihr Herrn Lothar wirklich auf den Scheiterhaufen bringen? Immerhin war er es, der mit seinen Berichten Seiner Hoheit, dem Fürstbischof, geholfen hat, die Stadt wiederzugewinnen.«
    Draas hätte genauso gut mit einem Baum oder einem Stein reden können. Die Antwort wäre die gleiche gewesen.
    Mit einer heftigen Bewegung wandte der Inquisitor sich an Hans. »Los, fesselt die drei – und diesen Kerl hier gleich mit. Den kenne ich doch! Er war einer der Stadtknechte in dem Ort, wo diese Frau sterben sollte. Gewiss steht er mit dem jungen Gardner im Bund. Allein hätte dieses halbe Weib doch nie den Mut aufgebracht, die drei Ketzerinnen zu befreien. Wahrscheinlich war er es auch, der meinen Foltermeister Dionys niedergeschlagen hat!«
    »He, so haben wir nicht gewettet!«, mischte sich jetzt Moritz ein und starrte im nächsten Augenblick auf die Spieße, die ihm Gerwardsborns Begleiter entgegenreckten.
    »Halt deinen Mund, sonst fällt es diesem Bluthund ein, dich ebenfalls auf den Scheiterhaufen zu schicken«, raunte Draas seinem Kameraden zu und stellte sich neben Lothar.
    »Was meint Ihr, Herr?«
    »Lebend bekommen sie uns nicht«, sagte Lothar leise und zog seinen Dolch. Sein Blick suchte Frauke. Diese verstand ihn und wollte zu ihm, um den tödlichen Stoß zu empfangen.
    Da war Hans mit ein paar Schritten bei ihr und packte sie. »Das ist ein verdammt hübsches Frauenzimmer. Ich glaube, mit der sollten wir vorher noch etwas anderes machen, als sie zu fesseln und ins Lager zu bringen! Übrigens sieht sie dem anderen Weibsstück, das seit einigen Wochen bei Margret lebt, so verdammt ähnlich, als wenn es Schwestern wären.«
    »Was sagst du da?«, rief der Inquisitor. »Wenn das so wäre, hätte ich auch das zweite entkommene Weib in meiner Gewalt. Jetzt werden sie alle brennen!«
    »Nicht, wenn ich es verhindern kann«, stieß Lothar aus und schnellte auf Hans zu. Doch bevor er den Landsknecht erreichte, knallte ein Schuss.

9.
    Z uerst war Hinner Hinrichs den Männern nachgerannt, die zum Domplatz eilten, um ihren König zu verteidigen. Die schwere Handbüchse behinderte ihn jedoch, und so blieb er unentschlossen stehen. Im nächsten Augenblick vernahm er vor sich rauhe Stimmen und hastige Schritte. Verzweifelt suchte er nach einer Deckung, sah die Tür eines stattlichen Hauses offen stehen und eilte darauf zu. Er war gerade so schnell, dass der Trupp Landsknechte, der im Geschwindschritt herankam, ihn nicht mehr wahrnahm. Während er ihnen durch den Türspalt nachblickte, überlegte er, was er tun sollte. Mit seiner Handbüchse und dem Kurzschwert würde er wohl kaum entscheidend in die Schlacht eingreifen können, sagte er sich und beschloss, sich zu verstecken, bis die Kämpfe vorüber waren.
    Zuerst stieg er in den Keller hinab, fühlte sich dort aber wie eine Maus in der Falle. Wenn der Feind in das Haus eindrang, kam er hier nicht mehr hinaus. Oben auf dem Dachboden könnte er notfalls ein paar Dachziegel beiseiteräumen und über die Dächer fliehen. Daher stieg er nach oben, lehnte seine Handbüchse gegen einen Balken und spähte durch das winzige Fenster hinaus. Geräusche zeigten ihm, dass am Domplatz und wohl auch am Markt gekämpft wurde. Gleichzeitig bemerkte er, dass immer neue Soldaten in die Stadt eindrangen, und begriff, dass Jan Bockelson der erste und auch der letzte König der Wiedertäufer bleiben würde.
    Hinrichs bedauerte schon lange, nach Münster gekommen zu sein, denn hier war alles, was ihm einmal wert und teuer gewesen war, wie Schnee in der Sonne geschmolzen. Sein eigenes, gutes und gehorsames Weib hatte er für den Drachen Katrijn aufgegeben, die Kinder verachteten ihn, und nun würde er hier sterben. Dieser Gedanke trieb ihm die Tränen in die Augen. Da vernahm er auf einmal die Stimme jenes Mannes, dem er sein ganzes Unglück zu verdanken hatte.
    »Der Inquisitor!«
    Hinrichs eilte auf die andere Seite, öffnete dort das Fenster und sah keine fünfzig Schritt entfernt im Schein der Fackeln den schwarzen Reiter auf seinem schwarzen Maultier. Eine Gruppe Landsknechte umgab Gerwardsborn und bedrohte vier

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