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Flammen des Himmels

Flammen des Himmels

Titel: Flammen des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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strengstens bestraft wird.«
    »Jawohl, Exzellenz!« Rübsam verneigte sich und eilte davon, um den Auftrag auszuführen.
    Ebenso wie sein Herr hoffte er, den flüchtigen Gürtelschneider und zumindest den einen oder anderen seiner Kumpane zu fangen. Wenn erst einmal die Scheiterhaufen brannten, würden die Menschen in der Stadt erkennen, dass die einzig wahre Kirche und ihr Schwertarm, die heilige Inquisition, keinerlei Abweichlertum duldeten.

2.
    D as sind keine Menschen, sondern wilde Tiere«, rief Frauke, als ihre Peiniger den Keller verlassen hatten.
    »Sei still, Kind!«, mahnte Inken Hinrichs ihre Tochter, denn sie befürchtete, dass einer der Kerle in einer verborgenen Ecke zurückgeblieben war, um sie zu belauschen.
    Dies begriff Frauke und schwieg, aber an ihrer Stelle begann Silke zu jammern. »Diese bösen Männer! Warum machen die das? Wir sind doch nur einfache Leute, die keinem etwas zuleide getan haben. Oh Gott im Himmel, hilf uns!«
    Da Silke nichts sagte, was verdächtig hätte sein können, ließ Inken Hinrichs sie reden. Sie selbst litt stumm unter dem Schmerz der Rutenhiebe und wand sich innerlich vor Scham, weil sie sich vor ihren Kindern und fremden Menschen nackt hatte zeigen müssen. Dies, so befürchtete sie, würde auch ihren Töchtern drohen. Die Knechte des Inquisitors würden alles daransetzen, um sie alle zu demütigen, und dabei auch nicht vor Vergewaltigungen zurückschrecken. Der Gedanke ließ die Frau beinahe an der Gnade Gottes zweifeln. Dann aber sagte sie sich, dass ihnen die Qualen, die man ihnen hier zufügte, im Himmelreich hundertfach vergolten würden, und wappnete sich mit Zuversicht.
    Frauke hingegen empfand ebenso Angst wie abgrundtiefe Abscheu vor dem Inquisitor und seinen Handlangern. Die Zweifel, die sie seit langem hegte, wuchsen, und sie fragte sich, ob der Glaube ihrer Eltern, besser zu sein als andere, es wert war, dafür gefoltert und umgebracht zu werden. Dann aber ließ sie diesen nutzlosen Gedankengang fallen und dachte über ihre Situation nach. Ihre Feinde hatten sie nicht in den städtischen Kerker gebracht, sondern in den Keller des alten Dominikanerklosters. Dies hieß nichts anderes, als dass Jacobus von Gerwardsborn sich nicht an die Gesetze halten würde, die selbst einen Gefangenen vor Willkür schützten. Zwar drohte die Folter auch im städtischen Gewahrsam, aber sie wurde dort nach festen Regeln angewandt.
    Hier unten jedoch waren sie dem Inquisitor hilflos ausgeliefert. Wie grausam der Mann war, hatte die Auspeitschung der Mutter eben gezeigt. Für Gerwardsborn galt nur ein Gesetz, und das war das seine. Er wollte nicht richten, sondern vernichten.
    Im unruhigen Licht der einzigen Fackel, die noch im Keller brannte, begutachtete Frauke ihre Fesseln. Man hatte sie mit den Händen an den in Mannshöhe in der Wand angebrachten Eisenring gebunden. Daher mussten sie, ihre Mutter und ihre Geschwister die ganze Zeit stehen. Es gab nicht einmal die Möglichkeit, einen Eimer zu benützen, wenn sie sich erleichtern wollte, und es graute ihr davor, einfach unter sich zu machen wie ein Tier. Doch für Haug war es noch schlimmer, denn er hatte noch seine Hosen an, und es war doppelt demütigend, sich auf diese Weise beschmutzen zu müssen.
    »Sei verflucht, du Bluthund!«, murmelte sie vor sich hin, und eine Zeitlang überwog ihr Hass auf den Inquisitor die Angst vor ihm.

3.
    W ährend Inken Hinrichs ihre Rutenschläge erhielt, saßen Lothar und Draas zusammen in der Wachstube am Osttor und entwarfen Pläne, wie sie den Gefangenen helfen könnten. Doch alle Überlegungen krankten daran, dass Inken Hinrichs und ihre Kinder nicht in den Kerker der Stadt, sondern ins Kloster gebracht worden waren. Mit seinen festen Mauern und dem bronzebeschlagenen Tor war das Gebäude eine zu harte Nuss für zwei Retter, die heimlich vorgehen mussten.
    »Man sollte die Gilden alarmieren. Wenn genügend wackere Burschen mitmachen, könnten wir in das Kloster eindringen«, schlug Draas vor.
    Lothar schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass die Meister ihren Gesellen und Lehrlingen erlauben würden, uns beizustehen. Den Worten meines Vaters zufolge sind der Rat der Stadt und die Gildenvorstände bereit, ein paar nachrangige Leute zu opfern, um Gerwardsborn zufriedenzustellen.«
    »Verflucht sollen sie sein, diese Duckmäuser!«, schimpfte Draas. »Drei von vier hätten vor dem Einzug des Inquisitors lutheranische Prediger in die Stadt rufen wollen und das ganze

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