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Flammen des Himmels

Flammen des Himmels

Titel: Flammen des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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heiligen Religion handeln, diese Flugblätter zu euch gebracht hätten?«, fragte Rübsam und wandte sich dem Inquisitor zu. »Für diese Dreistigkeit der Ketzerin ist der erste Grad der Folter die einzige Strafe!«
    Gerwardsborn tat so, als müsse er überlegen, und nickte dann, obwohl dies ihr übliches Vorgehen war. Während die Kinder der Frau an Ringe im hinteren Teil des Kellergewölbes gebunden wurden, zogen die Knechte des Foltermeisters Inken Hinrichs trotz ihres Widerstrebens Kleid und Hemd aus, fesselten ihre Hände und banden sie mit einem zweiten Strick an die Säule, die das Gewölbe trug.
    Der Foltermeister wählte eine daumendicke Rute aus, schwang sie prüfend durch die Luft und sah den Inquisitor fragend an. Als dieser eine zustimmende Geste machte, versetzte er der Frau einen scharfen Hieb auf den blanken Rücken. Obwohl Inken Hinrichs die Zähne zusammenbiss, entfuhr ihr ein Schrei.
    Frauke starrte voller Entsetzen auf das Geschehen, während Schlag um Schlag auf ihre Mutter niederging und ihr Schreien und Kreischen von den Wänden des Kellers widerhallte. Erst als dicke Blutfäden über den Rücken der Gequälten liefen, gebot der Inquisitor Einhalt.
    »Nun weißt du, was du zu erwarten hast, wenn du die heilige Inquisition und ihre Helfer schmähst«, erklärte Rübsam höhnisch.
    Seine Stimme drang kaum durch die Qualen, die in Inken Hinrichs tobten. Zwar hatte ihr Mann sie nicht selten im Zorn geschlagen, doch gegen diese gnadenlosen Hiebe war es fast ein Streicheln gewesen. Aber mehr noch als der Schmerz erschreckte sie die Erkenntnis, dass der Inquisitor sie bereits verurteilt hatte und es für sie keinen Ausweg mehr gab. Selbst wenn sie sich jetzt als Ketzerin bekannte und versprach, abzuschwören, würde sie auf dem Scheiterhaufen enden.
    Oh großer Gott im Himmel! Wenn ich schon sterben soll, so rette wenigstens meine Kinder, dachte sie und drehte den Kopf, um die drei anzuschauen.
    Silke hielt den Blick gesenkt, während Fraukes Augen schier Funken sprühten. Der Wille der jüngeren Tochter war fester als der ihrer Schwester, und sie konnte nur hoffen, dass Frauke nichts tat, was für sie und besonders auch für ihre Geschwister verderblich sein würde. Am meisten sorgte sie sich jedoch um Haug. Ihr Sohn sah aus, als müsse er sich gleich übergeben. Gib ihm die Kraft, dies hier mannhaft durchzustehen, oh Herr!, betete sie stumm. Dabei entging ihr, dass die Knechte des Foltermeisters den Strick lösten, mit dem sie an die Säule gefesselt war. Da ihre Beine sie nicht tragen wollten, rutschte sie zu Boden und schürfte sich Brüste und Kinn an den rauhen Steinen auf.
    Dröhnendes Gelächter erscholl, und Dionys tippte sie mit dem Fuß an. »Jetzt weißt du, wie es Ketzern ergeht, die den Zorn Seiner Exzellenz erregen.«
    Inken Hinrichs schwieg, da jedes Wort, das ihr über die Lippen kommen wollte, ihre Lage verschlechtert hätte. Ohne Gegenwehr ließ sie es zu, dass man ihr das Hemd wieder überstreifte. Ihr Kleid wurde jedoch in eine Ecke geworfen. Dann band man sie ebenfalls an einen der Eisenringe an der Wand.
    »Mama, wie geht es dir?«, fragte Frauke besorgt.
    »Mach dir keine Gedanken, Kind! Die paar Schläge halte ich schon aus. Schließlich hat Vater mich jedes Mal den Stock kosten lassen, wenn ihm danach war.«
    Es gelang Inken Hinrichs sogar, ein wenig zu lächeln. Sie musste ihren Kindern ein Vorbild sein, schärfte sie sich ein.
    Derweil ging der Foltermeister zu Silke, fasste sie am Kinn und drehte ihren Kopf so, dass sie ihm in die Augen schauen musste. »Mit dir machen wir weiter! Hast du das verstanden?«
    Auch diese Drohung war mit dem Inquisitor abgesprochen. Es galt, die Furcht der Gefangenen zu schüren, bis sie alles bekannten, dessen man sie beschuldigte. Dennoch war Jacobus von Gerwardsborn nicht ganz zufrieden, denn Hinrichs selbst und einer seiner Söhne waren ihm ebenso entkommen wie die übrigen Wiedertäufer in dieser Stadt. Dabei hätte er die Ketzer am liebsten zusammen mit dem falschen Propheten Mönninck auf den Scheiterhaufen gebracht.
    Er gab Rübsam einen Wink, ihm zu folgen, und verließ mit eisiger Miene den Keller.
    In seinen Gemächern angekommen, drehte er sich zu seinem Helfer um. »Ich wünsche, dass die gesamte Stadt durchsucht wird, um alle Anhänger der Wiedertäufer zu finden, die Mönninck uns genannt hat. Die Stadtknechte sollen euch dabei helfen. Mache den Bürgermeistern und dem Rat deutlich, dass jede Hilfe für Hinrichs und die anderen

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