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Flammen des Himmels

Flammen des Himmels

Titel: Flammen des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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an der Reihe. Noch immer ärgerte er sich, dass ihm die beiden anderen Ketzer-Familien entgangen waren, denn dann wäre das Fanal, das er zu setzen gedachte, eindringlicher ausgefallen. Mit diesem Gedanken nahm er sein Buch und schlug es so hart zu, dass es über den Platz hallte.
    Dies war das Zeichen für seinen Foltermeister. Mit der Erfahrung vieler Hinrichtungen entzündete Dionys den Holzstoß an allen vier Ecken und trat dann zurück. Zuerst züngelten die Flammen nur schwach, wurden aber durch das Öl genährt und breiteten sich aus. Noch erreichten sie die beiden zum Sterben Verdammten nicht. Diese spürten jedoch schon die Hitze des Feuers und rochen den Rauch, den der leichte Wind bis zu den vorderen Reihen der Zuschauer trieb.
    Nicht lange, da tränten den Bürgermeistern und Ratsherren die Augen, doch keiner von ihnen wagte es, seinen Platz zu verlassen. Alle starrten auf den Scheiterhaufen, der nun weit hörbar prasselte und knackte.
    Als die Flammen an den Kitteln der beiden Verurteilten leckten, versuchte Mönninck zu schreien, brachte aber nur ein Gurgeln hervor und riss verzweifelt an seinen Fesseln. Dieses Ende habe ich nicht verdient, durchfuhr es ihn, und er verfluchte Gerwardsborn, der ihn mit der Aussicht auf Begnadigung dazu verlockt hatte, Hinrichs, dessen Familie und die übrigen Täufer in dieser Stadt zu verraten. Nun musste er mit dieser Schuld beladen vor seinen himmlischen Richter treten und würde vielleicht sogar der ewigen Seligkeit verlustig gehen.
    Im Gegensatz zu dem Täufer-Propheten und Prediger ergab Haug Hinrichs sich in sein Schicksal. Sein Sterben würde schrecklich sein, doch dies war auch bei Jesus Christus der Fall gewesen. Der Erlöser, so dachte er, würde ihn an der Hand nehmen und ins Himmelreich führen, wo er an dessen rechter Seite Platz nehmen durfte. Haug war immer ein stiller Mensch gewesen und blieb es auch im Sterben. Während Mönninck sich gegen seine Fesseln stemmte und stumme Verwünschungen gegen den Inquisitor ausstieß, ertrug er die Schmerzen fast regungslos. Schreien konnte er nicht, und so atmete er den heißen Rauch ein, der ihm schier die Lunge zu versengen schien. Nach nicht allzu langer Qual versank er in einer gnädigen Ohnmacht, die kurz darauf in den Tod überging.
    Mönnincks Sterben dauerte um einiges länger, denn auf seiner Seite hatte der Foltermeister weniger Öl auf den Holzstoß geschüttet. Doch irgendwann versagte auch sein Herz. Das Feuer aber brannte weiter, bis das letzte Scheit verglüht und von den Hingerichteten nur noch Asche übrig war.
    Erst dann entließ der Inquisitor die Menge in dem befriedigenden Bewusstsein, dass sein Schauspiel die Menschen in Stillenbeck beeindruckt hatte. Beide Bürgermeister und alle Ratsmitglieder schlugen das Kreuz und beugten die Knie, so wie es sich gehörte, und er war davon überzeugt, dass sie am nächsten Morgen geschlossen die Messe in Sankt Lorenzi besuchen würden. Diesmal würde er selbst predigen und ihnen allen deutlich vor Augen führen, dass es für sie nur zwei Wege gab: Der eine führte in den Schoß der einzig wahren Kirche zurück, der andere in den Tod.

8.
    F rauke hätte nicht zu sagen vermocht, wie sie die Hinrichtung überstanden hatte. Von ihrer Mutter vernahm sie ein leises Schluchzen, während ihre Schwester schier zur Säule erstarrt dastand. Der Gedanke, dass ihr eigener Bruder einen so entsetzlichen Tod hatte erleiden müssen, war kaum zu ertragen. Sie hätte schreien und toben können, war aber wegen des Knebels und der Fesseln nicht dazu in der Lage.
    Oh, Herr im Himmel, wenn du wirklich der Gott bist, von dem die Propheten künden, dann nimm Haug in dein Reich auf und verderbe seine Peiniger, flehte sie in Gedanken.
    Rübsams Ankunft und die des Foltermeisters beendete ihre nach Rache dürstenden Betrachtungen. Dionys starrte Silke und sie einige Augenblicke mit einem gierigen Ausdruck an und wandte sich dann an den Magister.
    »Was meint Ihr? Sollen wir die drei Weibsen nicht auf den Rücken legen und ihnen auf diese Weise den Teufel austreiben? Von so einer Hinrichtung bekomme ich immer einen Steifen in der Hose.«
    Rübsam musterte Inken Hinrichs und ihre Töchter und schüttelte den Kopf. »So, wie die drei jetzt aussehen, könntest du es genauso gut mit einem Leichnam treiben. Wenn sie morgen wieder zu sich gekommen sind, kannst du sie dir vornehmen. Jetzt aber sollten wir sie hinunterschaffen. Danach gehen wir ins städtische Hurenhaus. Dort ist es gewiss

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