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Flammen des Himmels

Flammen des Himmels

Titel: Flammen des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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freute sich schon darauf, Silke wiederzusehen, deren Schönheit sein ganzer Stolz gewesen war. Dafür würde er, so sagte er sich, auch die Wiedervereinigung mit seiner Frau hinnehmen. Kaum hatte er es gedacht, schalt er sich einen Narren. In Gottes Nähe würden sie alle jung sein und es in Ewigkeit bleiben. Damit würde auch Inken schöner sein, als sie es jemals gewesen war. Außerdem hob sie als Märtyrerin seinen Stand in der Gemeinschaft, so dass er über Meister Landulf und den meisten anderen Täufern stehen würde, die er kannte.
    »Möge Gott es wirklich geben, dass es so kommt«, wiederholte er aus tiefstem Herzen.
    »Das wird es! Gott hat es mir selbst offenbart. Die Lande derer, die uns übelwollen und uns verfolgen, werden von Erdbeben zerstört und von neuen Sintfluten hinfortgerissen, während wir uns im neuen Jerusalem sammeln und die Ankunft unseres Herrn Jesus Christus begrüßen dürfen!« Matthys’ Stimme hatte etwas Zwingendes, dem sich Meister Landulf, Hinrichs und dessen Sohn nicht entziehen konnten.
    Helm trat mit gebeugtem Nacken auf den Propheten zu. »Segnet mich, auf dass ich würdig bin, die Wiederkehr Christi zu schauen.«
    Jan Matthys berührte kurz seinen Scheitel und wandte sich dann an Meister Landulf. »Ich bin auf dem Weg nach Münster, der Stadt, die der Herr mir als das neue Jerusalem genannt hat, um dort die Herrschaft zu ergreifen und die Erscheinung des Herrn vorzubereiten. Euch fordere ich auf, mir dorthin zu folgen!«
    »Münster ist doch die Stadt des Bischofs!«, rief Hinrichs entsetzt aus. Schließlich hatte der Inquisitor in Stillenbeck gewütet, einer Stadt, die ebenfalls zum Fürstbistum zählte.
    »Ich vergebe dir deinen Unglauben, doch äußere ihn nie wieder«, wies Jan Matthys ihn zurecht. »Gott hat es mir selbst gesagt, und Gott irrt nie!«
    Hinrichs senkte beschämt den Kopf. »Verzeih mir, Erleuchteter!«
    »Ich gewähre dir Verzeihung«, antwortete Matthys und sah wieder Meister Landulf an. »Du wirst dein Haus verkaufen und mir nach Münster folgen. Dort treffen sich alle unserer Gemeinschaft, auf dass der Würgeengel des Herrn die Seinen erkennt und sie verschont, während alle anderen getilgt werden von dieser Welt!«
    »Ich werde kommen«, erklärte Meister Landulf, konnte jedoch ein gewisses Widerstreben nicht verbergen.
    »Wer zögert und unter den verfluchten Söhnen des Satans bleibt, wird deren Schicksal teilen«, warnte Matthys ihn.
    Helm spürte die Autorität des Propheten und wünschte sich, ein ebenso bedeutender Mann zu werden. Scheu fasste er dessen Ärmel. »Verzeiht, Herr, aber wie ist es, wenn Gott zu einem spricht?«
    »Es ist ein Gefühl, das mit Worten nicht zu beschreiben ist«, sagte Matthys mit leuchtenden Augen. »Es überkommt einen, und man hört die Stimme des Herrn in seinem Kopf und sieht die Bilder, die er uns zeigen will. Nur wenige sind von ihm auserwählt, seine Propheten zu sein.«
    »Aber wir gelten doch alle als die Auserwählten«, wandte Helm ein.
    »Wir alle sind auserwählt, weil wir uns von dem Irrglauben der römischen Kirche und der lutherischen Tändelei frei gemacht und erkannt haben, was Gott wirklich von uns fordert. Doch unter diesen Auserwählten gibt es einige, die überdies erwählt wurden, die Stimmen des Herrn zu sein. Conrad Grebel aus Zürich war der Erste, der erkannt hat, dass nur dieser Weg zum Heil führt. Melchior Hoffmann hat sein Werk fortgeführt, und ich werde es vollenden.«
    Matthys klang so überzeugend, dass keiner seiner Zuhörer auch nur den leisesten Zweifel hegte.
    Daher nickte Meister Landulf nun mit größerer Entschlossenheit. »Ich werde mein Haus verkaufen und nach Münster ziehen. Gebt mir nur etwas Zeit!«
    »Die sei dir gewährt, Bruder!«, erklärte Matthys zufrieden. Jeder Täufer, der den Weg nach Münster antrat, vermehrte dort seine Macht. Meister Landulf und Hinrichs waren nur zwei von Hunderten, die er aufgefordert hatte, nach Münster zu ziehen. Nun würde er selbst diese Stadt aufsuchen und den Menschen dort das Heil predigen.
    Unterdessen hatte Hinrichs einen Entschluss gefasst. Ihm behagte es nicht, dass er bei dem Schuster Landulf Hilfsarbeiten verrichten musste, obwohl er selbst Meister war. »Wenn du erlaubst, Bruder Jan, werde ich dich begleiten. Mein Herz zieht mich zum neuen Jerusalem, um dort auf die Erscheinung des Herrn und die Wiederkehr meines Weibes und meiner Kinder zu warten, die durch die Grausamkeit des Inquisitors ins Himmelreich eingegangen

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