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Flammen des Himmels

Flammen des Himmels

Titel: Flammen des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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anzuführen.«
    »Der Mann ist verrückt!«, entfuhr es Lothar.
    »Das ist er ganz gewiss. Vor allem aber ist er ein Rattenfänger, der mit wohlgesetzten Worten die Köpfe der Menschen verwirrt und diese dazu bringt, seinen Unsinn zu glauben. Wenn Matthys sich in Münster niederlässt, wird es keine friedliche Lösung geben.«
    Für Gardner war dies die schlechteste aller Möglichkeiten, denn er kannte Franz von Waldecks leere Schatztruhen und wusste, dass der Fürstbischof sich keinen Krieg gegen die eigene Hauptstadt leisten konnte.
    »Die ganze Sache ist nicht einfach nur ärgerlich, sondern gefährlich für den Frieden im Bistum und darüber hinaus«, fuhr er fort. »Was wir dringend benötigen, sind Informationen über die Vorgänge in Münster. Zwar erhalten wir immer wieder Nachrichten, wissen aber nicht, ob derjenige, der sie uns schickt, noch auf unserer Seite steht oder sich bereits den Ketzern angeschlossen hat und uns täuschen will.«
    Nun hatte Gardner den Grund angesprochen, der ihn veranlasst hatte, Lothar auf dieses Gut mitzunehmen, und sah seinen Sohn eindringlich an. »Um die richtigen Entscheidungen treffen zu können, brauchen wir jemanden in dieser Stadt, auf dessen Berichte wir uns felsenfest verlassen können. Daher habe ich beschlossen, dass du nach Münster gehst und mir dort als Auge und Ohr dienst.«
    »Ich?«, fragte Lothar ungläubig.
    Sein Vater nickte. »Ja, du! Du siehst immer noch aus wie ein Mädchen, und daher wird dich keiner ernst nehmen. Ein erwachsener Mann müsste mit den Wölfen heulen. Trotzdem hoffe ich, dass du genügend Informationen sammeln und mir zukommen lassen kannst. Wie genau wir das handhaben, werden wir noch besprechen. Jetzt geht es darum, dass du unauffällig in die Stadt hineingelangst und dich darin niederlassen kannst.«
    »Euer Vertrauen ehrt mich, Herr Vater, aber …« Lothar brach ab, da er weder als Feigling erscheinen noch das Vertrauen seines Vaters enttäuschen wollte.
    »Es gibt kein Aber!«, erklärte Gardner. »Wenn die Stadt Münster sich offen gegen ihren Landesherrn und die katholische Kirche stellt, kann Franz von Waldeck dies nicht hinnehmen. Auch die katholischen Reichsstände bis hoch zum Kaiser werden es nicht dulden. Wenn es zum Krieg kommt, bedeutet dies für das Land und die Menschen darin Not und Elend und für die bischöflichen Kassen den Ruin. Ich weiß zwar nicht, ob wir diesen Krieg überhaupt noch verhindern können. Doch wenn es dazu kommt, sollten wir ihn so führen, dass weder der Fürstbischof noch das Land zu großen Schaden nimmt.«
    »Ihr ladet mir eine Bürde auf, die nur schwer zu tragen ist«, sagte Lothar zweifelnd.
    »Du wirst deine Sache schon gut machen. Denke immer daran, dass du nur beobachten und lauschen sollst. Also wirst du dich zurückhalten und nicht selbst ins Geschehen eingreifen. Das verbiete ich dir strengstens, denn ich habe nichts davon, wenn du entlarvt und umgebracht wirst. Zum einen bist du mein einziger Sohn, und zum anderen …« Gardner schwieg kurz, um die Bedeutung seiner Worte zu betonen. »Und zum anderen fehlen mir dann deine Berichte, die von entscheidender Wichtigkeit sein können! Also pass gut auf dich auf!«
    »Das werde ich«, versprach Lothar, während seine Gedanken rasten. Die Vorstellung, möglicherweise sogar Frauke wiederzusehen, hatte etwas Verlockendes an sich, das selbst den kurzen Moment der Lust überwog, den er bei der Hure empfunden hatte.

6.
    F rauke war zu müde, um beim Anblick der Stadt Münster so jubeln zu können, wie Debald Klüdemann es tat. Der Weg war weit gewesen, und der Mann hatte ihnen unterwegs nur magere Kost gegönnt. Wäre er bei seinem Hausverkauf klüger vorgegangen, sagte Frauke sich, hätten sie nicht hungern müssen. Selbst Klüdemanns Frau hatte sich über den Geiz ihres Mannes beschwert, war aber von ihm abgekanzelt worden. Nun schleppte Mieke sich genau wie Frauke, deren Mutter und Schwester erschöpft auf das Tor zu. Als sie den äußeren Graben überquerten, hallten ihre Schritte dumpf auf den hölzernen Bohlen der Zugbrücke. Für Frauke hörte es sich an wie Trommelschläge, und sie zuckte wie unter einer schlimmen Vorahnung zusammen.
    Außer ihnen wollten noch viele andere in die Stadt, und es hatte sich bereits eine lange Schlange gebildet. Die Torwächter sahen sich jeden Einzelnen genau an und befragten ihn nach seinem Heimatort und dem Grund seines Kommens. Plötzlich befürchtete Frauke, sie würden es tun, um herauszufinden, wer zu

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