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Flammen des Himmels

Flammen des Himmels

Titel: Flammen des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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vor und geben ihm das Geld. Dann kann uns niemand mehr dieses Haus streitig machen.« Sie verließen den Hof, ohne die angebliche Magd eines Abschiedswortes zu würdigen.
    Frauke zuckte mit den Achseln und arbeitete weiter. Dabei sagte sie sich, dass sie bei dem neuen Hausbesitzer wohl auch nicht glücklich geworden wäre. Klüdemann und dessen Frau behandelten sie zwar ebenfalls wie eine Dienstbotin, waren mit ihr aber doch durch den Glauben verbunden, den vielleicht nicht sie selbst, aber ihre Mutter und Schwester mit ihnen teilten.

3.
    I n den nächsten drei Tagen mussten sie hart schuften, um all das einzupacken, was Klüdemann mit nach Münster nehmen wollte. Nach Fraukes Ansicht war es mehr, als für die paar Monate bis zur Erscheinung des Herrn nötig war. Doch Klüdemann wollte bis zu diesem nicht mehr fernen Tag auf nichts verzichten, und so quoll der Wagen, auf den die Sachen geladen wurden, förmlich über.
    Zuletzt gingen Klüdemann und seine Frau noch einmal durchs ganze Haus, um nachzusehen, ob sie etwas vergessen hatten. Frauke, ihre Mutter und Silke warteten unterdessen im Hof. Alle drei waren für die Reise gekleidet und trugen feste Schuhe. Sie würden den Weg nach Münster zu Fuß zurücklegen müssen, da es auf dem Wagen außer für den Fuhrmann nur noch Platz für Klüdemann und dessen Frau gab. Dies führte Frauke deutlich vor Augen, wie tief ihre Familie bereits gesunken war. Sie waren heimatlos, bettelarm und durften dem Hausherrn nur aus Gnade und Barmherzigkeit nach Münster folgen. Dort, so schwor sie sich, würde sie sich eine richtige Stelle als Magd suchen, bei der sie auch einen Lohn bekam und nicht nur für Kost und Unterkunft schwer arbeiten musste.
    Diesen Gedanken hielt sie jedoch vor ihrer Mutter und ihrer Schwester geheim. Für die beiden galt nur noch das himmlische Königreich, in das sie bald eintreten und in dem sie wieder mit ihren lieben Toten vereint sein würden.
    Frauke haderte damit, dass sie nicht ebenso fest an diese Herrlichkeit glauben konnte. Der Verstand sagte ihr jedoch, dass bereits zu viele Propheten das Ende der Welt verkündet hatten, ohne dass es eingetreten war.
    Mutter hat recht, dachte sie traurig, ich bin aus der Art geschlagen. Warum kann ich nicht so sein wie Silke? Gedanken, die sie in all den Jahren immer wieder gequält hatten, kamen in ihr hoch, und sie spürte eine innere Leere, weil sie im Grunde zu niemandem wirklich gehörte und damit in den Augen anderer wertlos war.
    Die Rückkehr des Hausherrn riss Frauke aus ihren niederdrückenden Überlegungen. Klüdemann trug ein großes Bündel mit sich, welches er, da es auf dem Wagen keinen Platz mehr fand, neben sich auf den Bock legte. Seine Frau sah ihm mit verkniffener Miene zu.
    »Mein Mann will dieses Zeug auch noch mitnehmen. Dabei passt es doch gar nicht mehr auf den Wagen. Jetzt muss ich ebenfalls zu Fuß gehen – hat er gesagt!«
    Das gönnte Frauke der Frau. Mieke Klüdemann hatte sie während der Wochen in ihrem Haus wie eine Magd behandelt, während ihre Mutter und Silke weitaus besser versorgt worden waren. Für die Reise trug ihre Mutter ein gutes Kleid, das Mieke Klüdemann ihr geschenkt hatte, und Silke war ebenfalls neu eingekleidet worden. Sie aber steckte in einem festen Kittel aus grobem Stoff, den eine ehemalige Magd in Klüdemanns Haus zurückgelassen hatte, und sah für ihr Gefühl wie eine Vogelscheuche aus.
    Nun kamen Nachbarn herbei, um sich zu verabschieden. Da sich niemand einen Reim darauf machen konnte, weshalb Debald Klüdemann sein Heim so billig verkauft hatte, glaubten die meisten das Gerücht, er wolle sich Schuldnern entziehen. Aus diesem Grund fiel mancher Händedruck schwächer aus, als es sonst der Fall gewesen wäre. Der Bäcker von nebenan hielt sogar noch den Wagen auf, als der Fuhrmann die Peitsche schwingen wollte.
    »Euer Weib, Klüdemann, schuldet mir noch einen halben Groschen für das Brot, das Eure Jungmagd gestern geholt hat und nicht bezahlen konnte.«
    Aller Augen richteten sich auf Frauke, so als wäre sie schuld daran, dass die Hausfrau ihr kein Geld gegeben hatte. Die Forderung wurde zudem in einem so frechen Ton gestellt, dass Klüdemann rot anlief. Schließlich öffnete er seinen Geldbeutel, kramte die ältesten verkratzten Münzen heraus und warf sie dem Bäcker hin.
    »Da hast du dein Geld! Und nun fahr an!« Das Letzte galt dem Fuhrmann. Dieser ließ es sich nicht zwei Mal sagen, sondern schnalzte mit der Peitsche und lenkte sein Gespann

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