Flammen über Arcadion
Treiben bestärkt haben?«
»Wie meinen Sie das?«
Aidalon hob etwas in die Höhe, ein silbernes Schmuckstück. Es war der Schlüssel zu Caryas Kapsel. »Haben Sie oder haben Sie nicht Ihrer Tochter diesen Gegenstand gegeben?«
»Doch, den hat sie von mir«, gab Caryas Mutter zu.
»Und wann haben Sie ihn ihr gegeben?«
Caryas Mutter zögerte. »Ich weiß es nicht mehr«, sagte sie leise.
»Lügen Sie nicht!«, rief Aidalon. »Es kann noch gar nicht so lange her sein, denn alle Zeugen, die wir befragt haben, sagten aus, diesen Anhänger noch nie an Carya gesehen zu haben. Geben Sie zu, dass Sie ihr dieses Ding hier erst vor wenigen Tagen geschenkt haben.«
Ertappt senkte Caryas Mutter den Kopf. »Es ist wahr.«
Triumphierend blickte der Großinquisitor auf sie hinab. »Und wussten Sie zu dem Zeitpunkt schon, dass es sich hierbei um einen Schlüssel handelt, der Carya Zugang zu dieser Kapsel und damit möglicherweise zu gefährlichem Wissen und Waffen verschaffen könnte?«
»Nein, das wusste ich nicht.«
»Aber das Mädchen trug ihn doch bei sich, als Ihr Mann es gefunden hat, oder nicht?«
»Das ist richtig.«
»Und Sie haben ihn für Carya aufbewahrt. Aber statt ihn der Stadtgarde oder der Inquisition zu bringen, haben Sie ihn Ihrer Tochter übergeben. War das bevor oder nachdem diese zur Amokläuferin geworden ist? Oder in anderen Worten: Haben Sie mit diesem Geschenk Caryas Verhalten ausgelöst, oder sie nur in ihrem Tun bestärkt?«
Caryas Mutter schwieg. Was hätte sie auf diese Fragen, die ihr keinen Ausweg ließen, auch antworten sollen? Der ganze Prozess war ein einziges erniedrigendes Schauspiel. Hätte Aidalon einfach sein Todesurteil verkündet, wäre es fast gütiger gewesen. Aber natürlich wollte der Großinquisitor seine Rache – und hier bekam er sie.
»Sie brauchen nicht zu antworten«, sagte er fast liebenswürdig. »Letzten Endes ist eins so verwerflich wie das andere. Verteidigung: Fragen?«
»Keine«, erwiderte der bebrillte Mann.
»Abführen«, gebot Aidalon. Ein dünnes Lächeln umspielte seine Lippen. »Diodato, Carya«, rief er Carya auf und ließ sich den Namen dabei regelrecht auf der Zunge zergehen.
Die Wachen packten Carya am Arm und zerrten sie vor den Richtersitz. Sieben Augenpaare blickten auf sie herab. Verachtung und Gleichgültigkeit gegenüber ihrem Schicksal schlugen ihr entgegen. Carya wappnete sich innerlich für den Kampf.
Aidalon lehnte sich auf seinem Platz zurück. »Zu Ihnen braucht man eigentlich nicht viel zu sagen: Hochverrat, Mord, versuchter Mord, Diebstahl, Sachbeschädigung, Zusammenarbeit mit undAnstiftung einer Widerstandszelle … Die Liste Ihrer Vergehen ist so lang, dass man den ganzen Vormittag damit füllen könnte.«
»Und doch ist sie nicht annähernd so lang wie die Ihre«, entgegnete Carya mit leiser, aber fester Stimme.
»Schweigen Sie!«, rief der Großinquisitor. »Wie können Sie es wagen, hier zu stehen und auch noch das hohe Gericht zu beleidigen.«
Carya wusste, dass sie damit ihr Schicksal nicht besser machte. Früher hätte sie wahrscheinlich versucht, um ihr eigenes oder das Leben ihrer Eltern zu flehen, Aidalon um den Bart zu streichen und ihn milde zu stimmen. Aber ihr war klar, dass sie ihm damit nur die Genugtuung verschafft hätte, nach der er gierte, und da er sie ohnehin töten lassen würde, weigerte sie sich, ihm diese zu gewähren. Sie hoffte, dass ihre Eltern das verstanden. »Es ist doch wahr«, rief sie stattdessen lauter. »Nichts von dem, was ich getan habe, hätte ich getan, wenn der Lux Dei mich nicht dazu gezwungen hätte.«
»Sie sind wohl nicht ganz bei sich!« Aidalon funkelte sie wütend an. »Sie sagen, der Lux Dei hätte Sie dazu gezwungen, einen Gefangenentransport anzugreifen und dabei einen Mann zu töten und mehrere zu verletzen?«
»Ich wollte meine Eltern befreien, die Sie haben verhaften lassen, obwohl sie unschuldig sind. Außerdem wollten Sie den Angriff … «
»Ihre Eltern wurden in Gewahrsam genommen«, ging Aidalon dazwischen, »weil sie zu dem schrecklichen Blutbad befragt werden sollten, das Sie zuvor im Tribunalpalast angerichtet hatten. Sie haben doch den Angeklagten Tobyn Cortanis erschossen, oder nicht?«
»Ich habe ihn davor bewahrt, aufs grausamste von Ihnen und Ihren Inquisitoren gefoltert zu werden.«
»Wir haben ihn verhört! Er war ein Invitro und hatte sich gegen die Schöpfung Gottes versündigt. Er hat gemeinsam mit seinen Mitverschwörern ein geheimes Brutlabor in
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