Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flammen über Arcadion

Flammen über Arcadion

Titel: Flammen über Arcadion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Perplies
Vom Netzwerk:
gut?«
    »Einigermaßen«, sagte ihr Vater. »Man hat uns ordentlich behandelt.« Die dunklen Ringe unter seinen Augen sprachen eine andere Sprache, ebenso wie die Falten in seinem Gesicht, die stärker hervortraten, als Carya es in Erinnerung hatte. Aber sie sagte nichts. Hier war nicht der Ort für vertrauliche Gespräche.
    »Das genügt«, knurrte nun einer der Uniformierten, der das genauso zu sehen schien, und ging dazwischen. »Setzen Sie sich und schweigen Sie, bis Sie aufgerufen werden.«
    »Ihr müsst stark sein«, sagte Carya und dachte im nächsten Moment, wie seltsam es doch war, dass die Tochter ihren Eltern Mut zusprach statt umgekehrt.
    »Ruhe, sagte ich!«, warnte sie der Uniformierte.
    Carya nickte und setzte sich gehorsam. Ihre Eltern taten es ihr gleich.
    Im nächsten Moment öffnete sich in der Stirnseite der Kammer eine Tür, und die Richter kamen herein. Ein Gerichtsdiener schritt vorweg, stellte sich neben den Richtersitz und schlug das metallene Ende seines Zeremonienstabes auf den Steinboden. »Erheben Sie sich für das hohe Gericht, vertreten durch Signore Girotti, Inquisitor Naisa, Gerichtsrat Leone, Großinquisitor Aidalon, Gerichtsrat Dante, Inquisitor Loraldi und Signore Savina.«
    Geräuschvoll kam die Kammer auf die Beine, und auch Carya und ihre Eltern standen pflichtschuldig auf. Die sieben Richter, eine in Caryas Augen unverschämt große Menge, die offenkundig nur dazu diente, diesem Schauspiel Gewicht zu verleihen, stellten sich vor ihren Stühlen auf, und Aidalon faltete die Hände. Mit volltönender Stimme sprach er in die Stille, die sich über die Kammer gelegt hatte:
    Licht Gottes:
    Du bist das Licht des Lebens,
    das Licht des Schutzes,
    das Licht des Richtens.
    In deinem Namen walten wir.
    So sei es.
    »So sei es«, antworteten alle Anwesenden – mit Ausnahme von Carya. In deinem Namen walten wir , dachte sie mit stummer Wut im Bauch. Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein.
    Die Richter setzten sich und das Publikum ebenfalls. Die Wachen bedeuteten Carya und ihren Eltern, stehen zu bleiben. Aidalon beugte sich auf seinem erhöhten Platz nach vorne und gab dem Gerichtsdiener ein Zeichen.
    Dieser ließ erneut seinen Stab auf den Boden krachen. »Die Gefangenen Carya Diodato, Andetta Diodato und Edoardo Diodato treten vor den ehrwürdigen Großinquisitor Aidalon«, verkündete er.
    »Lasst die Gefangenen näher kommen und sich setzen. Es soll ihnen der Prozess gemacht werden.«
    Gemeinsam wurden Carya und ihre Eltern zum Richtblock gebracht. Dort wurde jedem von ihnen ein Platz zugewiesen. Carya saß ganz links, daher ging sie davon aus, dass sie als Letzte an der Reihe sein würde.
    Der Großinquisitor richtete seinen Blick auf sie. Es lag eine Verachtung darin, die ihn als Richter in diesem Prozess eigentlich schon untragbar machte. Carya wusste nicht, ob und, wenn ja, wo ihre Kugel ihn getroffen hatte, aber die Verhandlung schien für Aidalon etwas sehr Persönliches zu sein. Hätte sie nicht bereits gewusst, wie das Urteil lauten würde, hätte sie in diesem Moment erkannt, dass ihr Leben verwirkt war.
    »Diodato, Edoardo«, schnarrte der Großinquisitor.
    Die Wachen nahmen Caryas Vater in die Mitte und führten ihn vor den Richtersitz. Er wirkte vor dem hohen Podest mit den sieben grimmig dreinschauenden Männern sehr klein.
    »Edoardo Diodato«, begann der Großinquisitor. »Man hat Sie vor das Gericht des Tribunalpalasts geführt, weil Anklage gegen Sie erhoben wurde. Sie lautet auf Beihilfe zum Hochverrat, auf versuchte Verschleierung eines Verbrechens und auf langjährige kriminelle Täuschung der Obrigkeiten von Arcadion.« Er beugte sich vor und fixierte Caryas Vater über sein Pult hinweg. »Schämen Sie sich nicht?«
    Caryas Vater wurde unter den scharf vorgetragenen Anschuldigungen Aidalons merklich kleiner. »Ich verstehe nicht ganz, Euer Ehren.«
    »Dann will ich mich klarer ausdrücken: Schämen Sie sich nicht, unsere Stadt in solche Gefahr gebracht zu haben?«
    »Was habe ich denn Schlimmes getan, außer ein Kind großzuziehen? Jeder Mann, der einen Funken Mitgefühl in der Brust trägt, hätte das getan. Ich konnte doch nicht wissen … «
    »Wie bitte?«, unterbrach ihn Aidalon in schneidendem Tonfall.
    »… konnte doch nicht wissen, was passieren würde. Dass Carya in den … den verderbten Einfluss einer Invitro geraten würde.«
    Der Großinquisitor machte ein abrupte Geste mit der Hand. »Kommen Sie mir nicht wieder mit den Invitros!

Weitere Kostenlose Bücher