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Flammen über Scarborough Street: Ein Inspektor-Pitt-Roman

Flammen über Scarborough Street: Ein Inspektor-Pitt-Roman

Titel: Flammen über Scarborough Street: Ein Inspektor-Pitt-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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fragte Tellman, der die rückhaltlose Bewunderung in ihrer Stimme hörte und den Glanz in ihren Augen sah.
    Sie zögerte. Vielleicht wusste sie es selbst nicht recht.
    Er drängte sie: »Nun?« Er war sicher, dass er ihre Empfindungen nicht falsch gedeutet hatte. Ganz davon abgesehen, dass er Gracie recht gut kannte, entsprach die Haltung, die er bei ihr voraussetzte, auch seinen eigenen Überzeugungen.
    Sie sah beiseite.
    »Mir is klar, dass er das tun muss«, sagte sie so leise, dass er es kaum hörte. Dann fuhr sie zu ihm herum und sagte mit Tränen des Zorns in den Augen: »Aber du nich! Wer hilft dir, wenn die dahinter komm’n, was du machs’?« Sie schluckte, ihr ganzer Körper war starr. »Du bis doch da bei euch ganz alleine, un wenn die dich zu fass’n krieg’n, kanns’ du nix mach’n un auch sons’ keiner!«
    Er öffnete den Mund, um zu erklären, dass er nichts Gefährliches tue.
    »Untersteh dich, mich zu belüg’n, Samuel Tellman!«, drohte sie, wobei sie an ihren Worten fast erstickte. »Wag es ja nich!«
    »Ich habe nicht die Absicht zu lügen«, sagte er steif. Ihm blieb keine Wahl. Falls er zuließ, dass sie ihm vorschrieb, was er zu tun und zu lassen hatte, würde er sein Leben lang unter ihrem Pantoffel stehen. Das wollte er auf keinen Fall, ganz gleich, wie sehr er sie liebte. »Ich habe das Thema lediglich deshalb nicht angesprochen, weil ich dir Ärger ersparen wollte«, sagte er. »Weiß der Geier, wie du auf die Sache gestoßen bist. Ich habe dir jedenfalls nichts davon gesagt und Mr Pitt bestimmt auch nicht.«
    »Das muss mir auch keiner sag’n!«, zischte sie wütend. »Da bin ich ganz von selber drauf gekomm’n! Die Anarchist’n hab’n das Haus von ’nem Polizist’n aus der Cannon Street inne Luft gejagt. Im Unterhaus woll’n se ’n Gesetz mach’n, damit ihr alle Schusswaff’n kriegt. Das will Mr Pitt aber nich. Er sagt, das macht der Polizei die Arbeit nur schwerer. Der Mann, der jetz’ dein Chef is, is ’n krummer Hund un’ der Anführer von dem Inner’n Kreis, der Mr Pitt früher schon mal fast umgebracht hat.«
    »Gracie!«, flüsterte er mahnend. »Nicht so laut. Du weißt nicht, wer zuhört.«
    Ohne auf ihn zu achten, fuhr sie fort: »Lady Vespasia kommt vor Sorg’n um un Miss Emily auch. Un du kanns’ nich mit mir ins Varieté geh’n, weil du zu viel zu tun has. Wo wir jetz’ aber doch hier sind, siehste aus, wie wenn dir jemand mit der Faust auf de Aug’n geschlag’n hätt! Un da glaubs’ du, ich komm da nich von selber drauf?«
    Er hätte wissen müssen, dass der Versuch sinnlos war, zumindest das Ausmaß der Schwierigkeiten vor ihr geheim halten zu können. Doch änderte das nichts daran, dass er seine Pflicht tun musste.
    »Sieht ganz so aus, als ob du es dir tatsächlich selbst zusammengereimt hast«, gab er zu. »Ich hatte gehofft, dir das ersparen zu können, damit du dir keine Sorgen machen musst.«
    Sie schnaubte verächtlich.
    »Trotzdem werde ich tun, was ich kann«, sagte er entschlossen.
»Und frag mich nicht wieder danach, weil du mich sonst dazu zwingst, dir zu sagen, du sollst dich da heraushalten. Auf keinen Fall werde ich dir Einzelheiten mitteilen – nicht etwa, weil ich dir nicht traute, sondern damit du keine Geheimnisse vor Mrs Pitt haben und sie nicht belügen musst.«
    »Die weiß sowieso Bescheid«, sagte Gracie und schluckte. »Da is se auch von selber draufgekomm’n. Wir wiss’n schon, dass die das Haus inne Luft gejagt ham, weil der Polizist, der da drin wohnte, korrupt is!«
    »Dann brauche ich ja ohnehin nichts zu sagen«, gab er zur Antwort. »Lassen wir es gut sein, Gracie. Die Sache ist, wie sie ist, und du wirst dich wohl oder übel daran gewöhnen müssen.« Er sah sie aufmerksam und ernsthaft an.
    Der Ausdruck von Wut trat auf ihr Gesicht, und sie ballte ihre Hände im Schoß, sodass die Knöchel weiß wurden. Sie atmete mehrere Male heftig ein und aus und schien angestrengt zu überlegen, was sie ihm antworten konnte. Ihre weit aufgerissenen dunklen Augen zeigten ihm, dass sie Angst hatte.
    Fast wäre er weich geworden. Wenn sie sich jetzt so sehr ausgeschlossen fühlte, dass sie ihm nicht verzeihen mochte? Er holte Luft, um ihr etwas Freundliches zu sagen.
    »Ja, Samuel«, sagte sie leise.
    »Was?« Er war verblüfft. Sie fügte sich!
    »Du has’ gehört, was ich gesagt hab!« Ihre Stimme klang wieder verärgert. »Ich sag das nich noch mal! Aber … aber pass auf dich auf, ja? Versprich mir …«
    »Das

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