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Flammenbraut

Flammenbraut

Titel: Flammenbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Black
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und fragte sich, inwieweit diese Information ihr weiterhelfen konnte.
    Ein schwacher Lichtschein fiel auf die Schienen, der immer heller wurde, und schon spürte Theresa das vertraute Rumpeln. »Ich muss jetzt aufhören, aber danke.«
    Das Rattern der Räder wurde lauter. »Theresa«, sagte Edward Corliss, »ist da ein Zug in Ihrer Nähe?«
    »Ja. Ich erkläre es Ihnen später.«
    »Seien Sie vorsichtig«, warnte er sie eindringlich und legte auf. Sie musste grinsen. Offensichtlich dachte er, dass es in etwa dasselbe war, wenn sich Außenstehende auf dem Bahngelände herumtrieben, als würde man Kindern erlauben, im Straßenverkehr zu spielen. Doch sie hatte auch gar nicht vor, zu den Schienen zu gehen.
    Von Cleveland nach New Castle. Züge. Vorsichtig richtete sie sich auf und blickte zu dem sich von Westen her nähernden Zug. Sie wusste, sie sollte wieder zurück ins Gebäude, bevor sie den Mörder noch verscheuchte, doch sie war wie gebannt von dem Anblick. Züge waren groß und schwer, waren auf die Schienen angewiesen, um zu funktionieren. Sehr schwer. Ein Zug konnte nicht einfach so anhalten. Die beschleunigte Masse musste erst mal zum Stehen gebracht werden.
    Impuls. Masse mal Geschwindigkeit. Züge hatten viel Masse und konnten beeindruckend schnell werden.
    Eine S-Bahn, im Wesentlichen eine hohle Aluminiumröhre, konnte viel schneller anhalten, weil sie leichter war. Ein kürzerer Zug war flexibler als ein langer. Der vorbeifahrende Zug mit den vier Waggons würde viel effektiver bremsen können als der lange, der sich gerade näherte.
    Wenn man also schnell weg wollte, musste man einen langen Zug wählen. Selbst wenn die Cops dem Zugführer ein Zeichen gaben anzuhalten oder ihn über Funk benachrichtigten, selbst wenn er sämtliche vorhandenen Bremsvorrichtungen bediente, würde der Zug immer noch eine Meile bis zum Stillstand brauchen und bis die Polizei ihn stellen konnte. Bis dahin konnte man an jedem Punkt des Bremsweges abspringen, vorzugsweise an einer Hauptstraße, wo man ein Taxi oder einen Bus nehmen konnte oder ironischerweise sogar die S-Bahn. Obwohl ein solcher Bahnhof über Überwachungskameras verfügte. Wie wäre es dann mit einem Zug gewesen?
    Aber wie brachte man sein Opfer am späteren Fundort um? Dieses Detail ändern? Oder ganz vorn von einem Zug abspringen, das (vermutlich kampfunfähige) Opfer enthaupten und dann am Ende der Waggonreihe wieder aufspringen? Schwierig, aber nicht unmöglich. Vorausgesetzt, der Zug fuhr langsam genug. Und war sehr, sehr lang. Wie dieser hier.
    Plötzlich gab sie einem Instinkt nach, den sie sich selbst nicht erklären konnte, und rannte über zwei Gleise, sie hatte mindestens vier Sekunden Zeit. Es fühlte sich nur nach weniger an. Der Zugführer betätigte das Horn. Das ohrenbetäubende Geräusch riss sie buchstäblich von den Füßen, sodass sie über das dritte Paar Schienen stolperte und bäuchlings darauf zu liegen kam wie die unglückliche Heldin eines Stummfilms.
    Sie rappelte sich auf und ging zu einem winzigen Rasenstreifen, von dem aus sie das Tal nach weiteren einfahrenden Zügen absuchte. Nichts. Der Regen wurde von den vorbeiratternden Waggons und den Lücken dazwischen verweht. Zwischen ihnen leuchtete in regelmäßigen Abständen die Bahnhofsbeleuchtung auf, außerdem hatten einige Waggons Scheinwerfer. Dieses Wechselspiel machte es schier unmöglich, etwas zu sehen in der Dunkelheit, Theresa war nahezu blind. Sie wandte sich ab und blickte den drei Meter breiten Streifen aus Erde und spärlichen Gräsern auf und ab, der an den Gleisen entlang unter der Brücke hindurchführte.
    Sie hatte eigentlich gedacht, der Mörder würde die Leiche in der Nähe der Brücke ablegen, doch das war zu riskant. Für die Polizei vor Ort – und wenn er nicht vollkommen verrückt war, würde er ihre Anwesenheit erwarten – wäre das hier das ideale Versteck. Er würde sich eine neue Stelle aussuchen, weiter im Osten oder Westen von der Brücke ausgehend, wo er sein grausiges Werk vollenden könnte und verschwunden wäre, bevor jemand es entdeckte.
    Theresa ging unter die Brücke, tauchte in deren Schatten ein. Frank musste auf der anderen Seite des nächsten Pfeilers sein. Sie wusste, sie sollte hier nicht herumlaufen, doch sie mussten einfach ein zu großes Gebiet überwachen, und zu viel lag durch die vorbeifahrenden Züge im Verborgenen.
    Unter der Brücke stand eine niedrige Konstruktion, wahrscheinlich ein verlassener Bahnsteig. Theresa bewegte sich

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