Flammenbraut
menschlichen Paranoia zuschreiben konnte, was andere über einen dachten, und sich nicht darum kümmern sollte. Der Mörder musste heute Nacht einfach erscheinen – bis jetzt war seine Nachahmung der damaligen Morde einfach zu exakt gewesen. Fehlte nur noch, dass er ihnen eine Karte mit der richtigen Stelle aufzeichnete. Er würde kommen.
Angela Sanchez stand etwa zwanzig Meter weiter im Norden an einem kleinen Grasstück zwischen den Gleisen. Auch wenn es ihr nicht bewusst war, konnte sie besser stillstehen als ihr Partner und beobachtete das Gebiet mit langsamen, aber stetigen Kopfbewegungen. Die Brücke war zu hoch, um ihr als Regenschutz zu dienen, selbst bei senkrecht fallendem Regen, und ihr rechter Ärmel wurde immer nasser. In diesem Moment machte sie sich weniger Gedanken um den Mörder und seine Pläne für die heutige Nacht als um die Mathenoten ihrer Tochter. Mathematik und Naturwissenschaften waren eine sichere Möglichkeit, später gutes Geld zu verdienen, und sie wollte nicht, dass das Mädchen zu früh abgeschreckt wurde von diesen Bereichen. Leider war sie selbst nie gut in Mathematik gewesen, und die Hausaufgaben ihrer Tochter hätten ebenso gut auf Griechisch sein können. Schade, dass das Mädchen nicht das Talent seines Vaters geerbt hatte. Er hatte Unzen in Kilo umrechnen können, bevor der Dealer die Geldscheine gezählt hatte. Beim Gedanken an ihren Exmann sagte sie sich zum hunderttausendsten Mal, dass er keine Entschuldigung hatte. Sie waren in einer ordentlichen Gegend in der Nähe der West Side aufgewachsen und nicht im Ghetto. Seine Eltern waren gute Menschen, die hart arbeiteten. Keine Entschuldigung. Wenigstens hatte er den Anstand besessen, in einem anderen County verhaftet und verurteilt zu werden, was die Buschtrommel ein wenig verlangsamt hatte.
Während sie das Tal vor sich beobachtete, versuchte sie sich zu erinnern, welche Seite des Graphen mit x und welche mit y bezeichnet wurde. Sie lehnte sich nicht gegen den Betonpfeiler, mehr um ihre Kleidung besorgt als Frank um seine.
Der weibliche Officer zwischen den Bäumen hörte Stimmen von rechts. Zwei oder vielleicht auch drei Männer diskutierten auf der Berwick Road. Noch klang es friedlich.
Der Officer an der Brücke holte seine Regenjacke aus dem Auto, obwohl auf dem Rücken groß POLIZEI stand, doch er wollte nicht nass werden. Sonst wäre der Herbstabend nicht mehr länger nur frisch gewesen, sondern erbärmlich kalt, und das Gehalt eines Cops wog das einfach nicht auf.
Der andere Officer kauerte sich an das Pullman-Gebäude, nun vor dem Regen geschützt, auch wenn er die Kälte noch spürte. Er hoffte nur, er stand tief genug in den Schatten der Mauer. Angesichts des leisen Klagens des Windes stellten sich ihm die Nackenhaare auf. Gebt mir eine normale Drogenrazzia, betete er, Heat anstelle von Freitag der 13. , Ed McBain statt Anne Rice. Er versuchte den Abend in seinem Kopf umzuschreiben, ihn in eine lustige Geschichte zu verwandeln, die er seiner Frau beim Frühstück erzählen konnte, doch ihm fiel nichts Unterhaltsames ein.
Frank sah eine Frau aus dem Verwaltungsgebäude kommen und auf den Nordrand des Parkplatzes zusteuern. Er hoffte, dass es nicht Theresa war, wusste es jedoch besser.
Sie rannte nicht oder schrie oder benutzte das Funkgerät. Er drückte sich von dem Pfeiler weg und ging zu dem nächsten, blickte sich aufmerksam um und lief Theresa dann entgegen. Wenn der Mörder sie überhaupt bemerkte, würde er sie vielleicht für eine RTA -Angestellte halten, die zu ihrem Wagen ging.
Er traf sie zwischen einem zerbeulten Pick-up und einem glänzend neuen Chevrolet Cobalt. »Was machst du hier?«
»Entschuldige. Ich habe Angst bekommen.« Rasch unterbreitete sie ihm ihre Theorie, dass das nächste Opfer ein Cop sein könnte. »Es wäre unglaublich verlockend für ihn, uns die lange Nase zu zeigen und gleichzeitig seinen Plan weiter durchzuführen. Ganz abgesehen von der Tatsache, dass es seine Chancen auf eine Flucht erhöht, wenn er ein Loch in unsere Überwachungskette schlägt.«
»Das verstehe ich, aber meine Leute sind schlau genug, dass sich keiner einfach von hinten an sie ranschleichen kann. Geh wieder rein.«
»Ich würde lieber hier bei dir bleiben.«
»Sei nicht dumm. Wir führen hier eine Observierung durch. Ich habe dich nicht mit hierhergenommen, nur damit du jemand zum Reden hast.«
Der Regen wurde stärker und tropfte ihr auf den Scheitel. »Was ist mit Angela? Sie ist so in die
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