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Flammenbraut

Flammenbraut

Titel: Flammenbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Black
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schon seit Stunden geschlossen, dennoch wehte immer noch Essensgeruch zu ihm, sodass er gleichzeitig Hunger und Übelkeit verspürte. In einer gewöhnlichen Nacht hätte er seinen Streifenwagen am East Ninth Pier oder in der Nähe des Stadions geparkt und nachgesehen, was ihm seine Frau Gesundes zu essen mitgegeben hatte. Sie packte ihm immer etwas ein, da er selbst nur Sachen wie Hähnchenschenkel, Zwiebelringe oder Pop-Tarts mitgenommen hätte.
    Wenigstens regnet es nicht, dachte er, etwa fünf Sekunden bevor der erste Tropfen seinen Nacken traf.
    Ein weiblicher Officer hatte ihre Einheit am Ende der Berwick Road postiert, sie selbst wartete nun zwischen den Bäumen südlich der Gleise am östlichen Ende des Tals. Sie stand unter den tiefhängenden Zweigen einer Eiche, deren breiter Stamm ihren Rücken deckte, und hoffte, dass der Mörder nicht vor Mitternacht auftauchen würde, wenn ihre Schicht eigentlich endete, damit sie Überstunden aufbauen konnte. Das war wichtig, seit ihr Mann seinen Job bei einem Fahrzeughändler verloren hatte. Die Gehaltseinbußen belasteten sie weniger – sie waren immer sparsam gewesen und würden diese Zeit gut überbrücken können – als der Verlust der Zeit, die sie normalerweise für sich gehabt hatte. In Schichten zu arbeiten bedeutete, dass sie tagsüber auch mal daheim war, während ihr Mann bei der Arbeit war und die Kinder in der Schule. Sie konnte dann fernsehen, Sport treiben, irgendwohin zum Essen gehen oder ins Kino. Jetzt war er den ganzen Tag daheim, jeden Tag. Keine gute Situation.
    Ein vierter Officer, der an dem Pullman-Gebäude postiert war, war seit fünfzehn Jahren bei der Polizei. Viel zu lange, wie er sich immer wieder sagte, um sich von einem leer stehenden Haus Angst einjagen zu lassen. Selbst eine entkernte Hülle mit schweren Steinmauern, die auf einer Seite von Bäumen abgeschirmt war und auf der anderen von einem steilen Hügel, der hinunter zu den Gleisen führte. Selbst ein Gebäude, in dem über siebzig Jahre lang eine Leiche – ein Cop! – mit dem Kopf zwischen den Füßen eingemauert gewesen war. Doch selbst ein vollkommen leeres Gebäude erzeugte immer noch überraschend viele Geräusche. Ein seltsames, gedämpftes Knacken von Zeit zu Zeit. Als der Wind auffrischte und durch die scheibenlosen Fenster pfiff, klang es wie ein Wehklagen, so leise, dass er es sich auch eingebildet haben könnte. Doch er war seit fünfzehn Jahren Polizist und würde sich keine Angst einjagen lassen. Überhaupt keine.
    Detective Frank Patrick bildete den Mittelpunkt des Überwachungsgebietes. Er lehnte an einem der mächtigen Pfeiler der Brücke. Nur fünfzehn Meter trennten ihn vom RTA -Parkplatz, und doch war eine Frau zu ihrem Auto gegangen, offensichtlich ohne ihn in den Schatten unter der Brücke zu bemerken. Allerdings hatte sie sich auch nicht umgesehen, entweder weil sie sich angesichts des enormen Polizeiaufgebots sicher fühlte oder weil sie gar nicht daran interessiert war. Der Mörder würde vorsichtiger sein. Frank Patrick bewegte sich daher so wenig wie möglich und unterdrückte sogar den Wunsch nach einer Zigarette. Im Laufe der Jahre hatte er dem Job schon vieles geopfert.
    Er hoffte aus tiefstem Herzen, dass sich der Mörder in dieser Nacht blicken ließ. Nicht nur, damit sie diesen Wahnsinnigen endlich schnappen konnten, sondern auch, damit Theresa nicht wie eine Irre dastehen würde, weil sie auf seiner Anwesenheit bestanden hatte, und damit er nicht wie der weltgrößte Idiot dastünde, weil er ihr geglaubt hatte. Es würde lange dauern, diese Verschwendung von Polizeiressourcen für einen stundenlangen Einsatz im Regen vergessen zu machen, den er seiner hübschen, aber leicht verrückten Cousine aus der Gerichtsmedizin zuliebe einberufen hatte. Seine Kollegen hatten ebenfalls Cousinen, doch die waren nicht ständig mit ihnen zusammen. Und angesichts ihrer verwandten Positionen in der Strafverfolgung konnten er und Theresa jemanden ganz schön reinreiten, wenn sie das je wollten. Schlimmer jedoch war, dass er allem Anschein nach vertrauliche Informationen mit einer Außenstehenden teilte, und das machte seine Kollegen nervös. Theresa war eine von ihnen und doch wieder nicht, wahrscheinlich klüger als die meisten und mittlerweile zu alt, als dass man gerne mit ihr flirtete. Man fand, Frank rief sie öfter hinzu als nötig, und war nicht gerade begeistert davon.
    Gleichzeitig war Frank bewusst, dass er die meisten dieser Gedanken der typischen

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