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Flammenbraut

Flammenbraut

Titel: Flammenbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Black
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größte Gegenstand, den sie je ins Labor geschafft hatte. Diese Ehre kam einem Wohnmobil mit drei Schlafräumen und vier platten Reifen zu. »Ich wünschte, ich könnte ihn erst in Saran-Folie packen.«
    »Warum kannst du das denn nicht?«
    »Plastikfolie ist schlecht. Zu viel statische Elektrizität. Die Hälfte der Spuren würde daran kleben bleiben. Ich könnte ihn allerdings mit Packpapier abdecken …« Sie ging in Gedanken verschiedene Möglichkeiten durch, während sie vorsichtig die linke hintere Hosentasche des Mannes untersuchte, in der ein fester, rechteckiger Gegenstand steckte. Die Hose war etwas stabiler als das Hemd, riss jedoch auch bei der geringsten Belastung. »Ich brauche einen Archäologen. Jemand, der in der Handhabung sehr alter Dinge versiert ist.«
    »Fünfundsiebzig Jahre sind aber doch jetzt noch nicht so alt.« Frank ging in die Hocke und musterte den aus Putz und Holz bestehenden Schutt auf dem Boden. Er nahm das eine oder andere Stück auf, betrachtete es, warf es aus der Kammer, auf der Suche nach etwas, das sich in dem Raum befunden hatte, bevor man die Wände einriss.
    »Die Münzen könnten uns in die Irre führen. Vielleicht war er Münzsammler und hat sie deshalb gesondert aufbewahrt. Er könnte genauso gut auch 1940 oder 1950 oder sogar 1960 gestorben sein.« Hochkonzentriert gelang es Theresa, den Gegenstand aus der Hosentasche zu ziehen und den Stoff dabei fast unversehrt zu lassen. Eine Brieftasche? Nein.
    Frank verteilte weiter Putzbrocken. »Es könnte sich auch immer noch um einen natürlichen Tod handeln. Wie bei diesen Fällen, wo jemand die Leiche der eigenen Mutter zwanzig Jahre in ihrem Schlafzimmer liegen lässt, so in etwa.«
    »Vielleicht aber auch nicht.« Theresa starrte mit klopfendem Herzen auf den Gegenstand in ihrer Hand.
    Frank blickte auf. »Was ist los?«
    Sie drehte ihren Fund in seine Richtung, das steife Lederetui mit der goldenen Marke darin. »Er war ein Cop.«

3
    Donnerstag, 2. September
    Die Torso-Morde von Kingsbury Run begannen im Jahr 1935, es sei denn, man rechnete die ein Jahr zuvor am Ufer des Lake Erie angeschwemmten Körperteile einer Frau dazu. 1938 hörten die Morde auf, vielleicht auch 1950, wenn man eine zwölfjährige Unterbrechung für realistisch hielt oder die Erklärung, dass der Mörder seine Opfer umsichtiger versteckte – auch wenn diese Umsicht ansonsten nicht zu seiner Vorgehensweise gehörte. Wenn er seine Opfer nicht zerstückelte und die Gliedmaßen entweder in den See oder den Fluss warf, dann wickelte er sie in Papier und ließ sie wie Pakete für nichtsahnende Passanten irgendwo liegen. Einige besonders unglückliche männliche Opfer hatten nicht nur ihre Köpfe eingebüßt, sondern auch ihre Genitalien. Manchmal wurden die Köpfe nie gefunden, manchmal nur diese, und manchmal lagen sie ganz in der Nähe des Körpers. In einem Fall war der Kopf gerade so tief daneben vergraben, dass die Haare noch sichtbar waren. Der Mörder hatte Männer und Frauen getötet; nur drei der Opfer wurden identifiziert, eines davon auch nur vorläufig.
    Sein gewaltsames Treiben brachte entweder zwölf oder vierzehn Opfer hervor, je nachdem, welche Personen man dazuzählte oder nicht. Wenn man die Skelette und andere Leichen, die man um New Castle, Pennsylvania, herum fand, sowie eine Leiche in Youngstown dazurechnete, dann wäre der Mörder für bis zu sechsundzwanzig Morde zwischen 1923 und 1950 verantwortlich.
    Er wurde nie gefasst.
    Der Torso-Mörder, auch bekannt als der Mad Butcher oder der Mad Butcher von Kingsbury Run, wenn man es richtig dramatisch ausdrücken wollte, war Clevelands berühmtester Serienmörder, produktiver, genauso eifrig, doch etwas ordentlicher als Jack the Ripper.
    Über den Leichnam gebeugt fragte sich Theresa, ob sie diesen Fall wirklich lösen könnte, den Fall, von dem ihr schon ihr Großvater, der Cop, erzählt hatte, immer wieder auf ihr Betteln hin wie eine makabre Gutenachtgeschichte. Er wäre begeistert gewesen von dieser Entwicklung. Er hätte …
    Theresa rief sich zur Ordnung. Wenn der Fall damals nicht gelöst werden konnte, was sollte sie dann so viele Jahre später noch ausrichten? Für die Stadt wäre nur noch mehr Frustration das Ergebnis dieses letzten Kapitels. Nicht zu vergessen den Medienwirbel, den die leiseste Erwähnung verursachen würde. Und dieser tote Cop wäre mehr als nur ein leiser Hauch … eher so was wie ein Sturmwind.
    Theresa fuhr mit dem Daumen über das goldene

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