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Flammenbucht

Flammenbucht

Titel: Flammenbucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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vernehmen, und die im Rausch verhafteten Bewohner schienen nicht miteinander, sondern nebeneinanderher zu leben.
    Viele Reisende, die nach Mandras kamen, zeigten sich befremdet über die Lust der Bevölkerung am Rausch. Sie lehnten es ab, die Essenzen zu sich zu nehmen; sie fürchteten, sich in der Ekstase zu verlieren. Doch die Bewohner von Mandras versuchten sie zu überzeugen, wie unbegründet diese Ängste waren, und weihten die Fremden in ihr Geheimnis ein: daß es jenseits der Wirklichkeit eine zweite Stadt gab, Myndras genannt, die sich dem menschlichen Geist nur im Rausch erschloß. Tatsächlich fühlten sich die Berauschten als Bewohner zweier Städte: dem diesseitigen Mandras mit seinen Mauern aus Stein und dem jenseitigen Myndras, das aus ewigen Freuden bestand. Sie luden die Reisenden ein, ihnen nach Myndras zu folgen, doch nur wenige kamen der Aufforderung nach.
    Eines Tages jedoch, als nach einer langen Dürreperiode wieder Reisende nach Mandras kamen, fanden sie die Stadt verwaist vor. Ein übler Gestank empfing sie an den Stadttoren. Auf den Straßen und in den Häusern lagen verweste Leichen; ihre Hände krallten sich um kupferne Becher. Offenbar hatte sich die Bevölkerung während einer letzten gemeinsamen Zeremonie mit einem Gifttrunk dem Tod übergeben. Vielleicht waren sie des Lebens in Mandras überdrüssig geworden und hatten sich endgültig nach Myndras, jener verborgenen Stadt, zurückgezogen, um dort auf ewig miteinander vereint zu sein.
    So fiel Mandras, die Stadt des Rausches, als vierte der sechs großen Städte.
    Längst hatte der Nebel alle Winkel von Harsas erfüllt. Auch der Tempel des Kubeth, dessen Turm sich sonst in strahlender Klarheit über der Stadt erhob, war von den Schwaden umflutet. Allein auf dem Tempelvorplatz waren sie von einer geheimnisvollen Kraft bis zur Straße zurückgedrängt worden. Einige Gestalten in goldenen Mänteln hatten sich hier versammelt; die Bena-Kubith, Krieger des Todesgottes. Auf ihren Handschuhen schimmerten eingestickte Embleme: schmale, goldene Mondsicheln.
    Inmitten der Mönche stand Sai'Kanee, die erste Priesterin des Kubeth. Mit zusammengekniffenen Augen beobachtete sie, wie die Mönche ein Pferd sattelten. Immer wieder fuhr sie zusammen, wenn aus der Ferne Schreie und Kampfgeräusche an ihr Ohr drangen. Nervös trieb sie die Männer zur Eile an.
    »Rasch, rasch! Bald werden sie hier sein! Sie suchen bereits nach uns!« Sai'Kanee hatte sich die goldene Farbe aus dem Gesicht gewischt; darunter waren die verhärmten Züge einer älteren Arphaterin zum Vorschein gekommen. Ihre Augen waren blaugerändert, die Wangen wirkten ausgezehrt. Unruhig trommelte sie gegen den Griff ihres umgegürteten Schwerts.
    Endlich traten die Mönche zurück und halfen der Priesterin auf das Pferd. Sie griff nach den Zügeln. »Die Reliquien!« befahl sie barsch.
    Einer der Mönche reichte ihr ein schwarzumwickeltes Bündel empor. Sai'Kanee verbarg es unter dem goldenen Mantel. Dann wandte sie sich den restlichen Mönchen zu.
    »Ich muß Harsas so schnell wie möglich verlassen. Wenn das Schicksal uns gnädig ist, kann ich den Echsen entkommen, bevor die Stadt fällt. Mondschlund wird mich vor ihren Zauberkräften bewahren. Ich werde mich nach Sithar durchschlagen; noch dürfte die Königin die kaiserliche Hauptstadt nicht erreicht haben.« »Wir haben Euch das schnellste Pferd ausgesucht«, antwortete einer der Bena-Kubith. »Ihr werdet Intharas Troß gewiß einholen.«
    »Das will ich hoffen. Nun aber hängt alles von euch ab. Die Echsen ringen noch um die Sphäre von Harsas. Lenkt ihre Aufmerksamkeit auf euch, bis ich die Stadtgrenze erreicht habe. Dann werden sie mich nicht mehr aufspüren können.« Sie gab ihrem Pferd die Sporen. »Denkt daran: Mondschlund verhüllt eure Macht. Doch unterschätzt die Goldei nicht! Früher oder später werden sie euch entdecken. Dann werft die Zeichen des Meisters fort und gebt euch als einfache Mönche des Kubeth aus. Die Goldei rächen sich an jedem Zauberer, den sie finden.«
    Mit diesen Worten jagte sie ihr Pferd in den Nebel. Die Bena-Kubith blieben zurück. Schweigend hoben sie die Hände, blickten sich fest in die Augen, und die Mondsicheln ihrer Handschuhe blitzten auf als Zeichen ihres Schwurs.
    Sai'Kanee aber preschte durch die Straßen. Der Nebel wich vor ihr zurück wie ein verängstigtes Tier, wirbelte empor, als ob ein Windstoß ihn erfaßt hätte. Verzweifelte Menschen kreuzten ihren Weg, sprangen zur Seite, als

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