Flammenbucht
man sich selbst geschaffen hatte. Dann aber endete die Zeit der freien Städte, und vor der Mauer von Dalal'Sarmanch marschierte das gewaltige Heer des Königs Apetha auf, der sich zum Herrscher von ganz Arphat ausgerufen hatte. Er forderte die Stadt auf, sich zu unterwerfen und ihm Tribut zu entrichten. Doch von den sieben Türmen schallte hämisches Gelächter: Apetha solle besser das Weite suchen, bevor man ihm mit einem Bad aus heißem Pech Manieren beibringe. Als der König drohte, die Stadt zu belagern, hörte er nichts als Spott von den Bewohnern; er sei als Gast vor den Toren willkommen und könne gerne seine Zelte aufschlagen, doch er solle wissen, daß Dalal'Sarmanch für jede Belagerung gewappnet sei und über Vorräte für mehrere Jahrzehnte verfüge.
Apetha aber ließ sich nicht beirren. Er schloß mit seinem Heer einen Ring um die Stadt und befahl, die Bürger von Dalal'Sarmanch auszuhungern. Auch brachte er Katapulte in Stellung, um die mächtigen Mauern zu zermürben; doch diese hielten dem Beschuß stand. Die Berater des Königs sahen es mit Sorge; sie zweifelten an einem Sieg Apethas, denn auch sie hielten Dalal'Sarmanch für uneinnehmbar.
Kaum zwei Kalender verstrichen, bis sich die Stadttore von Dalal'Sarmanch öffneten und eine kleine Anzahl von Menschen um eine Audienz bei Apetha bat. Sie wirkten verstört, ihre Gesichter waren leichenblaß, als sie berichteten, was sich in der Stadt seit Beginn der Belagerung zugetragen hatte. Die anfängliche Begeisterung, endlich einem Feind die Stirn bieten und die legendäre Unbezwingbarkeit unter Beweis stellen zu können, hatte nur wenige Tage angehalten. Dann hatte Mißtrauen um sich gegriffen; wie viele Spitzel mochte König Apetha wohl in die Stadt entsandt haben? Wie viele Angehörige der Stadtgarde, der Nachtwache und Mauerhüter mochte er bestochen haben, um Dalal'Sarmanch von innen heraus zu vernichten? Jeder Verdächtige wurde in den Kerker geschleift, sosehr er auch seine Unschuld beteuerte, und kurz darauf dem Beil überantwortet. Diese Maßnahmen führten zu immer größerem Mißtrauen; in den Straßen gingen Gerüchte umher, Apethas Heer sei längst abgezogen, und die Obrigkeit gaukele dem Volk nur vor, der Feind stehe noch vor den Toren, um ihre Schreckensherrschaft aufrechtzuerhalten. Ein Teil der Bevölkerung erhob sich, stürmte den Palast und erschlug den Stadtfürsten, von dem sie sich getäuscht sahen. Ein Volksgericht wurde einberufen, welches die Anhänger des gestürzten Herrschers zum Tode verurteilte. Doch nun witterte ein anderer Teil der Bevölkerung Verrat: Niemand anderes als Apetha habe den Aufstand inszeniert, um die Stadt in die Knie zu zwingen. Ein Bürgerkrieg entflammte; Söhne kämpften gegen ihre Väter, Brüder stießen sich gegenseitig die Säbel in den Leib, Frauen erdolchten ihre Männer im Schlaf. Die Ängste der Stadt, genährt von der freudlosen Finsternis vieler Jahrhunderte, entluden sich in einem Blutbad. Jene, die schließlich vor das Tor traten, um sich König Apetha zu unterwerfen, waren die einzigen Überlebenden des Gemetzels.
Apetha aber wies sein Heer an, Dalal'Sarmanch zu zerstören, die Mauern einzureißen und die Türme zum Einsturz zu bringen. Er fürchtete sich vor jener Stadt, die nicht zu bezwingen gewesen war und sich statt dessen selbst bezwungen hatte.
So fiel Dalal'Sarmanch, die Stadt der Sieben Türme, als fünfte der sechs großen Städte.
Ist jede Stadt, von Menschenhand errichtet, dem Untergang geweiht? Spürt jeder, der durch die Straßen wandelt, der seine Finger über die spröden Wände der Gebäude gleiten läßt, der über Brücken und Paläste staunt, tief in seinem Inneren, wie vergänglich diese Pracht ist? Ahnt er, daß jede Stadt mit dem Blut einer anderen Stadt erkauft wurde, jedes Haus mit den Trümmern eines anderen Haus, jedes neugeborene Kind mit der Erschlagung eines Greises? Weiß er, daß auch seine Stadt dem Lauf der Geschichte folgen und vergehen muß, wenn ihre Zeit gekommen ist; wenn ihre Legenden verhallen, ihr Wissen in Vergessenheit gerät, ihre Bräuche zum absurden Ritual verkümmern, ihre Sehnsüchte oder Ängste nicht mehr zu bannen sind?
Noch ehe die Nacht über Harsas hereinbrach, war auch sie bezwungen, die Stadt des Schwefels; der Widerstand der Bewohner gebrochen, die Mönchstruppen zersprengt, viele hundert Menschen von den Goldei ermordet. Die Überlebenden wurden von den Echsen aus der Stadt gejagt. Halb wahnsinnig vor Angst, flüchteten sie gen
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