Flammenbucht
waren allein, und die Leidenschaft der jungen Arphaterin drohte Baniter schon mitzureißen. Es gelang ihm schließlich, sich aus ihrer Umarmung zu lösen.
»Es…wäre ein Fehler«, sagte er stockend. »Laß uns vernünftig bleiben, Inthara!« Seine Worte klangen nicht überzeugend.
Sie erhob sich; ihre nußbraunen Augen verrieten Enttäuschung. »Vernunft…ich hielt dich für kühner, Luchs von Ganata! Als du mit deiner Gesandtschaft nach Praa kamst, hast du deinen Ruf aufs Spiel gesetzt, deine Stellung, dein Leben! Jetzt weichst du vor einer Frau zurück, die du begehrst?« Sie schüttelte den Kopf. »Nun, dann wirst du zumindest rechtzeitig zur Versammlung des Thronrats kommen. Die Fürsten haben sich längst im Kaisersaal eingefunden. Du solltest dich beeilen, Baniter, sonst wird man glauben, du drückst dich vor deiner Verantwortung.«
Das ›Gespann‹ hat mich also wieder einmal übergangen,
dachte Baniter.
Dahinter steckt ohne Zweifel Fürst Binhvpar.. .und ich kann mir schon denken, warum er mich von der Sitzung fernhalten will.
Er rückte seinen Mantel zurecht. »Wir sollten diese Begegnung vergessen, Inthara. Es war leichtsinnig von dir hierherzukommen, doch ich werde Stillschweigen darüber bewahren.«
»Wie großzügig!« sagte sie. »Du wirst bald erkennen, daß es ein Fehler war, mich zurückzuweisen. Wir sind füreinander bestimmt, Baniter! Dem Willen der Götter kann sich niemand entziehen.« Ihre Stimme glich der eines trotzigen Kindes. »Eines Tages wirst du zu mir kommen, das weiß ich. Ich werde auf dich warten.« Er wich ihrem Blick aus.
Ich muß mich in acht nehmen! Wenn sich diese Frau ein Ziel gesetzt hat, gibt sie so schnell nicht auf. Und ich weiß nicht, ob ich ihrer Schönheit ein weiteres Mal widerstehen kann.
Der Kaisersaal war der Mittelpunkt des Palastes. Er war von keinem Geringeren als Sardresh dem Schwärmer errichtet worden, dem Baumeister des großen Kaisers Akrin; denn dieser hatte die Prunkhalle im Westflügel des Palastes als zu unscheinbar empfunden, seiner Herrschaft nicht würdig. So hatte Akrin den Schwärmer beauftragt, eine neue Halle für die Sitzungen des Thronrats zu schaffen. Sardresh hatte einen riesigen Saal entworfen, der nicht zufällig dem Bundeshaus in Persys glich. Auch er war rund und marmorgetäfelt, auch in ihm ragten mächtige Säulen zu einer Kuppel empor; doch der Saal war lichter als sein Gegenstück in Persys, seine Fenster aus kristallklarem Glas. Die Gesichter der ermordeten Gründer, die auf den Scheiben des Bundeshauses ihren ewigen Tod starben, suchte man hier vergebens.
Der Silberne Kreis hatte sich um den Thron versammelt, der im Mittelpunkt des Saales stand. Hier saß Uliman Thayrin, das Gesicht voller Ernst, die Krone Sithars auf dem blonden Haupt. Die Fürsten waren nahezu vollzählig erschienen; selbst Stanthimor Imer, der Fürst von Aroc, hatte sich auf Drängen des jungen Kaisers nach Vara begeben, anstatt sich weiterhin in seinem Fürstentum im Ostmeer zu verstecken. Perjan Lomis hingegen, der Fürst von Morthyl, wurde von seinem Sohn Stun vertreten, einem jungen Mann mit schwammigen Gesichtszügen, der sichtlich stolz war, die silberne Fürstenkette tragen zu dürfen. Es fehlte nur ein einziger Fürst - Baniter Geneder.
»Sicherlich lümmelt er sich in der Halle der Bittersüßen Stunden herum und schmiedet mit dieser Hure Sinustre seine Ränke«, mutmaßte Hamalov Lomis, der Fürst von Varona. »Der Tonfall der Großbürger ist in den vergangenen Tagen immer anmaßender geworden. Die Dame Sinustre hetzt die Oberschicht gegen mich auf, sie fordert, daß ich meine Fürstenkette ablege. Hinter dieser Dreistigkeit kann sich nur Baniter Geneder verbergen!« Die Empörung stand Hamalov ins Gesicht geschrieben; immer wieder strich er sich erregt das schüttere Haar zurecht, das daraufhin nur noch mehr in Unordnung geriet.
»Fürst Baniter wird sicher nichts dagegen haben, wenn wir die Sitzung ohne ihn beginnen«, sagte Scorutar Suant mit süßlicher Stimme. »Die Lage ist zu ernst, als daß wir weitere Zeit verlieren können. Die Goldei sind mit ihren Schiffen in das Silbermeer eingedrungen; nun heißt es rasche Entscheidungen fällen, um sie aufzuhalten.« Der Hohepriester Bars Balicor meldete sich zu Wort. »Wir sind hier in Vara in Sicherheit. Das Verlies der Schriften schützt diese Stadt. Überzogene Furcht bringt uns nicht weiter; vielmehr gilt es, kühl und überlegt zu handeln.« Eitel blickte er um sich; seine neue Rolle als
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