Flammenbucht
Mitglied des Thronrats schien dem Priester zu gefallen. »Auf die Quelle allein können wir uns nicht verlassen«, sagte Fürst Scorutar, »zumal mir zu Ohren gekommen ist, daß es Euch noch immer nicht gelungen ist, die Türen zu den Katakomben des Doms zu öffnen.« Bars Balicor verzog sein fleckiges Gesicht zu einer Grimasse. »Alplaudo Carxives hat das Verlies mit einigen tückischen Zaubern verschlossen, bevor ich ihn aus dem Dom vertrieb. Es ist nicht einfach, diesen Bann zu brechen, doch ich gebe mein Bestes.«
»Euer Bestes reicht in diesem Fall nicht aus!« Von den Flügeltüren erklang die Stimme Baniter Geneders. Er war soeben eingetreten, eilte nun mit großen Schritten auf die Fürsten zu. Sein Mantel war verrutscht, sein Gesicht gerötet; offenbar war er gerannt, um den Sitzungssaal zu erreichen.
Scorutar Suant wandte sich ihm mit gespielter Freude zu. »Baniter Geneder! Wir glaubten, diesmal ohne Euren scharfsinnigen Verstand auskommen zu müssen. Haben Euch wichtige Verpflichtungen aufgehalten?« Er lächelte hintersinnig.
»Gibt es wichtigere Verpflichtungen, als dem Kaiserreich zu dienen?« Baniter reihte sich unter die Fürsten ein. »Leider erfuhr ich zu spät von dieser Zusammenkunft; es scheint eine Weile zu dauern, bis Nachrichten den abgelegenen Ostflügel erreichen, in dem mich der Thronrat untergebracht hat.« Er wandte sich wieder Bars Balicor zu. »Doch zurück zum Verlies der Schriften. Es ist Euch bisher nicht gelungen, die Quelle zu beherrschen, Hohepriester. Was treibt Ihr eigentlich den lieben langen Tag im Dom, wenn all Eure Versuche, das Verlies zu betreten, nicht fruchten?«
Bars Balicor starrte ihn mißmutig an. »Nhordukaels Anhänger haben den großartigen Tempel entweiht! Es wird einige Zeit verstreichen, bis die Spuren des Frevels beseitigt sind; solange wird uns das Verlies der Schriften verschlossen bleiben.«
»Ihr solltet Eure Unfähigkeit nicht den Weißstirnen anlasten - und Euch schleunigst nach einem neuen Feind umsehen ! Der Anführer der Weißstirne hat um Waffenstillstand ersucht; das palidonische Hochland ist vorerst befriedet. Nhordukaels Gefolgsleute werden sich in den nächsten Kalendern still verhalten, wenn wir sie nicht reizen.«
»Ein Täuschungsmanöver«, murmelte einer der Fürsten; Vildor Thim, der Herrscher Palguras. Noch immer war sein Körper von den Spuren der Schlacht gezeichnet, in der die Weißstirne sein tausendköpfiges Heer aufgerieben hatten. »Sie werden uns in den Rücken fallen, uns erneut mit ihrem Feuer überziehen. Ihr dürft Nhordukael nicht trauen…«
»Wir sollten dankbar sein, daß er in den Waffenstillstand einwilligte«, meldete sich der junge Stun Lomis zu Wort. »Nun, da die Schiffe der Goldei erschienen sind, muß das Kaiserreich fest zusammenstehen; dieser Bürgerkrieg muß ein Ende finden.«
Baniter blickte ihn wohlwollend an. »Die Weißstirne haben in fast allen Städten Sithars die Waffen niedergelegt; sie gehorchen den Befehlen ihres Anführers blind. Ja, wir sollten dankbar sein über diesen Friedensschluß; denn nun bedroht uns ein weitaus mächtigerer Gegner.«
»Der Leuchtturm hat die Goldei herbeigelockt«, sagte Stun Lomis. »Mein Vater schrieb mir schon kurz nach der Besetzung Fareghis, daß er einen Zusammenhang zwischen dem Vordringen der Echsen und der Eroberung des Leuchtturms vermute. Eidrom von Crusco ist ein Verbündeter der Goldei! Er hat ihre Schiffe in das Silbermeer geholt!«
»Sie werden unsere Küstendörfer verwüsten«, jammerte Hamalov Lomis, »unsere Städte niederreißen…« »Noch können wir dieser Bedrohung begegnen«, unterbrach ihn Baniter. »Vara wird durch die Quelle des Doms geschützt, doch die Goldei werden versuchen, die umliegende Küste zu besetzen. Zum Glück war Fürst Binhipar so vorausschauend, die Ritterschaft der Schwarzen und der Weißen Klippen aus Palidon nach Varona zu verlegen. Die Ritter wurden seit jeher für den Küstenschutz ausgebildet. Sie werden sicherstellen, daß die Schiffe der Goldei nicht in einer verlassenen Bucht ankern.«
Binhipar musterte ihn mit seinen stechenden Augen. »Ich soll die Klippenritter aus Vara abziehen?« Er schien seine Wut nur schwer im Zaum halten zu können. »Wer soll diese Stadt dann noch vor einem möglichen Umsturz schützen?«
Baniter lächelte. »Ich wüßte nicht, von welcher Seite uns ein Umsturz droht.«
Außer von Seiten des ›Gespanns‹…
»Die Klippenritter sind unsere einzige Hoffnung. Es wäre töricht, sie
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