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Flammenbucht

Flammenbucht

Titel: Flammenbucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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er sich im Silbermeer befindet, ob vor der Küste von Thoka oder in der Wasserstraße vor Strega. Überall wird ihn das Licht des Turms beschützen; es wird ihn warnen, wenn ein Sturm aufzieht und andere Gefahren drohen. Ohne einen Turmbinder hingegen ist man den Gewalten des Silbermeers hilflos ausgeliefert.«
    »Bedauerlicherweise sind die Turmbinder rar gesät«, fügte Aelarian Trurac hinzu. »Sie wurden einst von einer geheimnisvollen Bruderschaft gefertigt, die den Leuchtturm hütete. Sie nannten sich die Erben Varyns. Nur sie vermochten es, die Turmbinder zu schmieden, und im Lauf der Jahrhunderte verkauften sie die Armbänder an die Seeleute von Gyr, Candacar und Troublinien und machten kein schlechtes Geschäft dabei. Als die Gyraner die Inseln des Silbermeeres an sich rissen, vertrieben sie die Bruderschaft von Fareghi. Doch dabei ging auch das Wissen um die Herstellung der Armbänder verloren - und jene, die erhalten blieben, gelten als ungemein wertvoll.«
    Corons Mundwinkel zuckten, was vermutlich Zustimmung bedeutete. »In Troublinien regeln strenge Gesetze, an wen ein Turmbinder vererbt oder weitergegeben werden darf.« Er ließ den Arm sinken. »Doch seit der Eroberung Fareghis sind die Turmbinder wertlos geworden. Die Feuer von Fareghi sind erloschen und werden so schnell nicht wieder aufleuchten.« Es war nicht zu erkennen, ob Coron seine Worte im Zorn sprach oder ob sie Ratlosigkeit ausdrücken sollten. Seine Miene war wie immer unverändert.
    Cornbrunn spielte nachdenklich mit dem Ende seines roten Zopfes. »Ich frage mich, wie unser hochgeschätzter Rumos ernsthaft glauben kann, unter diesen Bedingungen das Silbermeer zu überqueren. Weiß er denn nichts von der Macht des Leuchtturms?«
    »Unser hochgeschätzter Rumos weiß mehr über den Leuchtturm als du über die Hafenbordelle von Taruba«, widersprach Aelarian Trurac, »und dies zählt bekanntermaßen zu deinen vorzüglichsten Wissensgebieten. Rumos hat viele Jahre im Silbermeer gelebt - auf Morthyl, wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht.« »Und wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, will er das Silbermeer um jeden Preis überqueren«, rief Cornbrunn. »Rumos wird uns alle in den Tod reißen - es sei denn, er verzweifelt zuvor an Eurer Gegenwart und wirft Euch im nächsten Hafen vom Schiff.«
    »Verschone mich mit deinem Gefasel«, knurrte der Großmerkant und richtete die Augen wieder auf das Meer, um die fernen Schiffe zu beobachten. Sie hatten inzwischen einen östlichen Kurs eingeschlagen und waren an dem troublinischen Segler vorbeigezogen.
    »Sie versuchen uns auszuweichen«, stellte Aelarian fest.
    Coron Naracs Mundwinkel sanken noch ein wenig tiefer. »Kann sein. Vielleicht wollen sie den Hafen von Vara ansteuern.«
    »Dann sind es tatsächlich sitharische Karacken«, folgerte Aelarian. »Könnt Ihr die Segel noch immer nicht erkennen?«
    Coron schüttelte den Kopf. »Nein, die Entfernung ist zu groß. Doch vielleicht ist es von Vorteil, ihnen nicht allzu nahe zu kommen. Die Sitharer sind auf uns Troublinier zur Zeit nicht sonderlich gut zu sprechen.« Aelarian strich sich mit der Hand über die goldene Spange, die er im Haar trug. »Ein Schiff, das unter dem Schutz der Großgilde fährt, wird nicht so schnell Opfer eines Angriffs. Macht Euch keine Sorgen, Coron. Bald werden wir Morthyl erreichen - und dort, fürchte ich, ein Weilchen bleiben müssen… Es sei denn, Eidrom von Crusco entfacht uns zu Ehren ein neues Feuer im Leuchtturm.«
    Lächelnd griff er in die Tasche seines Gewandes und kraulte den Kieselfresser, der längst in einen wohligen Schlummer gesunken war. Seine linke Hand hingegen legte er auf Cornbrunns Schulter und blickte auf das Meer, um das Spiel der Wellen zu betrachten.
    Der Spiegel, der an der Holzwand der Kabine hing, war aus zerbeultem Zinn. Seine schartige Oberfläche war an einigen Stellen schwarz angelaufen und wies silbrige Adern auf. Trotz dieser Makel, trotz der zahlreichen Brüche und blinden Stellen konnte die Frau, die vor dem Spiegel stand, das Abbild ihres Gesichts gut erkennen: Die blasse, beinahe weiße Haut, die hohen Wangenknochen, den schmalen, scharfgeschnitte- nen Mund. Es war ein anziehendes, wenn auch strenges Gesicht, geprägt von tiefschwarzen Augen, die einen eindrucksvollen Kontrast zur hellen Hautfarbe bildeten.
    Nachdenklich betrachtete die Frau ihr Spiegelbild. »Sechsunddreißig Jahre«, murmelte sie. »Sechsunddreißig bist du schon. Du wirst alt, Ashnada, und du siehst

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