Flammenbucht
den beiden Troubliniern stehen. Aelarian breitete die Arme aus. »Mein alter Freund! Wie schön, daß Ihr Euch zu uns gesellt!« Besorgt wies er auf das Leinengewand des Mannes. »Seid Ihr nicht ein wenig zu leicht gekleidet für diesen Tag? Zwar lacht uns die Sonne vom Himmel, doch es ist hier auf hoher See recht frisch. In Eurem Alter muß man achtgeben, sich nicht die Knochen zu verkühlen.« Der Alte blickte ihn unfreundlich an. »Euch sollte die eigene Gesundheit mehr am Herzen liegen, Aelarian Trurac. Ich sehe sie in großer Gefahr dank Eures losen Mundwerks.«
Der Großmerkant schenkte ihm ein Lächeln. »Seid Ihr schlecht gelaunt, Rumos? Oder hattet Ihr wieder eine schlaflose Nacht? Die Seeleute munkeln, daß Ihr in den Nächten in Eurer Kammer auf und ab schreitet, ohne Schlaf zu finden. Man nennt Euch bereits den ›rastlosen Wanderer‹.«
Der Alte winkte mürrisch ab. »Was kümmert mich das Geschwätz der Mannschaft! Der Schlaf ist das Vergnügen der Schwachen und Faulen.« Er musterte Aelarian ungehalten. »Ich kann nicht behaupten, daß es mich sonderlich erfreut hat, Euch in Vara an Bord dieses Schiffes anzutreffen. Ich hatte gehofft, der Gildenrat werde mich nie wieder mit Eurer Gegenwart belästigen. Hatte man Euch nicht nach Iarac verbannt, damit Ihr die Leitung der dortigen Handelsakademie übernehmt?«
Bevor Aelarian antworten konnte, mischte sich Cornbrunn ein, der noch immer am Tisch saß und seinen Kieselfresser streichelte. »In der Tat, die Gilde sandte den Großmerkanten nach Iarac. Doch die Studenten der Akademie waren nach wenigen Wochen seines Gefasels derart überdrüssig, daß sie den Gildenrat anflehten, sie von ihrem Lehrmeister zu befreien. Der Rat hatte Mitleid, holte Aelarian zurück nach Taruba und setzte ihn anschließend auf die Planken dieses Schiffes, damit die Fische und Quallen des Silbermeeres seinen Reden lauschen können.« Der Großmerkant warf seinem Diener einen strafenden Blick zu. »Bislang lauscht meinen Worten nur eine einzige Qualle, und deren weiches Hirn ist nicht in der Lage, sie auch nur im Ansatz zu begreifen.« Er wandte sich wieder dem Priester zu. »Ich bin gestraft mit einem vorlauten Diener, und selbst Ihr, ehrwürdiger Rumos Rokariac, bringt mir keinerlei Achtung entgegen. Welch schweres Los muß ich erleiden!«
Der Alte knirschte hörbar mit den Zähnen. »Treibt keine Spaße mit mir, sonst werdet Ihr es bereuen. Verratet mir endlich, was den Gildenrat dazu bewogen hat, mir Eure Gegenwart zuzumuten!«
Aelarian trat an die Bordwand und starrte gedankenverloren auf das Wasser. »Der Gildenrat ist Euch seit Jahren ein treuer Freund, Rumos. Er hat Euch freie Hand gelassen bei der Umformung der troublinischen TathrilKirche. Doch seit der Kirchenspaltung ist man in Taruba mißtrauisch geworden. Die Geschichten über das Wunder von Thax haben auch unser Land erreicht, und Ihr wißt, wie leicht sich das Volk durch solche Erzählungen aufwühlen läßt. Der Rat befahl mir, Euch auf der geheimnisvollen Reise durch das Silbermeer zu begleiten, um sicherzugehen, daß Ihr tatsächlich zum Wohle Troubliniens handelt. Um es kurz zu machen: Ich soll Euch im Auge behalten, mein Bester, auch wenn Euch das nicht schmecken mag.«
Rumos Rokariac starrte ihn wütend an. »Und für diese Aufgabe wählte der Gildenrat ausgerechnet Euch aus, Aelarian? Warum? Wegen Eurer kümmerlichen magischen Fähigkeiten?« Er rückte näher an den Großmerkanten heran. »Glaubt Ihr tatsächlich, Euer Halbwissen reiche aus, um meine Macht zu begreifen? Sie stammt von Tathril, dem Gott der neuen Zeit, den zu verehren Ihr Euch weigert. Ihr betet statt dessen zu Euren lachhaften Ahnengeistern - ein gefährlicher Irrglaube, der in Troublinien seit langem verboten ist!«
»Glaubt nicht den fadenscheinigen Gerüchten«, verteidigte Cornbrunn seinen Herrn. »Warum sollte Aelarian Trurac seine Ahnen verehren? Sie zeichneten sich allesamt durch eine tragische Schwachsinnigkeit aus, wie sich an ihrem Urenkel erkennen läßt.«
»Bringt Euren geschwätzigen Diener zum Schweigen«, fauchte Rumos, »sonst werde ich ihm das Maul stopfen!«
»Selten folgte ich Eurem Befehl mit solcher Freude«, erwiderte Aelarian und wandte sich Cornbrunn zu. »Du hörst es, Cornbrunn! Deine Schandreden beleidigen den gutmütigen Priester.«
Rumos Rokariac ballte die Fäuste. »Ihr sollt meine Gutmütigkeit kennenlernen. Sobald wir festes Land erreicht haben, werde ich Euch und Euren Diener von Bord
Weitere Kostenlose Bücher