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Flammenbucht

Flammenbucht

Titel: Flammenbucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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Dann: ein Schrei, ein dumpfes Geräusch, als ob ein schwerer Gegenstand auf die Treppe sackte.
    »Nein!« hörte sie einen der Männer aufkreischen, »bei Tathril…nein!«
    Erschrocken wandte Ashnada den Kopf. Der Schlanke hatte sich aus der Umklammerung seiner Gegner befreit. In seiner Hand blitzte ein Langdolch. Blut tropfte von der Klinge. Vor ihm krümmte sich der Kerl mit dem Schnurrbart, die Hände gegen den Leib gepreßt.
    »Er… hat mich… abgestochen«, würgte er hervor. Sein Blick war auf den Kahlkopf gerichtet, der entsetzt zurückwich.
    Ashnada zögerte nicht länger, schnellte herum und rannte los. Hinter sich hörte sie die Schritte des Schlanken, der ihr offenbar nachsetzte, hörte seinen keuchenden Atem. Sie starrte auf ihre Füße, auf die rissigen Treppenstufen, duckte sich, als fürchtete sie, der Flüchtende könne sie packen und beiseite stoßen. Dabei geriet sie ins Straucheln. Stolperte. Für einen Moment wurde ihr schwarz vor Augen. Sie fiel. Prallte mit dem Kopf gegen eine Stufe. Rollte abwärts. Erhaschte Fetzen der ins Schleudern geratenen Umgebung, den Himmel, den Kalkfelsen, den an ihr vorbeihuschenden dunklen Mantel ihres Verfolgers, und in weiter Ferne das Meer, das Meer… Wieder prallte sie gegen eine der Stufen, ihr Kopf dröhnte, sie wollte sich festhalten, doch ihre Finger rutschten ab, und neben der Treppe der Abgrund, der sich mit rasender Geschwindigkeit näherte…
    Dann aber: eine Hand packte ihren Arm; ein eiserner Griff, stählerne Finger, die sich in ihr Fleisch bohrten. Ihr Körper wurde von der Wucht des Falls mitgerissen; ihre Beine glitten über den Rand der Treppe, doch die Hand hielt sie fest, FEST… Betäubt starrte sie auf die Finger, die ihren Oberarm umklammerten, auf die dunkelblauen Adern, die sich über den Handrücken ihres Retters zogen.
    Er riß sie zurück auf die Treppenstufe. Benommen blickte Ashnada zu ihm auf. Ein dunkler Mantel; schwarze Haare, die ein erhitztes Gesicht umwehten. Silberne Perlen waren in die herabfallenden Strähnen eingeflochten. Seine blauen Augen lagen tief in den Höhlen und waren von Schatten umgeben. Neben der linken Augenbraue blitzte ein durch die Haut getriebener Ring.
    »Willst du… mich auch… abstechen?« keuchte Ashnada. Ihr Herz raste.
    Er löste seinen Griff. »Du solltest mir dankbar sein!« Er wandte den Kopf zur Seite. Von den oberen Stufen drang das Gebrüll seines Verfolgers herab.
    Ashnadas Hand krallte sich in seinem Gewand fest. »Hilf mir auf!« Sie schmeckte Blut auf den Lippen. In ihren Schläfen hämmerte ein rasender Schmerz.
    Er schüttelte den Kopf, riß sich von ihr los. Sein Mantel bauschte sich auf, als er sich umwandte und die verbliebenen Stufen zur Stadt hinabraste.
    Ashnada hörte hinter sich ein Schnaufen. Der Kahlköpfige war die Treppe hinabgewankt. Er hinkte. Sein Gesicht war rot angelaufen.
    »Seid Ihr wohlauf?« fragte er erregt. »Hat er Euch geschlagen?«
    Sie schüttelte verwirrt den Kopf.
    »Du Hundesohn! Du Verbrecher!« brüllte der Kahlkopf dem Flüchtenden hinterher. »Das wird dich den Kopf kosten, bei Tathril!«
    Ashnada faßte sich an die Stirn. Blut blieb an ihren Fingern kleben.
    »Ihr seid verletzt«, keuchte der Kahlköpfige. »Doch Ihr hattet großes Glück! Wenn Ihr von der Treppe gestürzt wäret, so wäret Ihr verloren gewesen.«
    Ashnada nickte und versuchte sich aufzurichten. »Was ist mit Eurem Freund - lebt er noch?« Der Kahlköpfige half ihr empor. »Ja, die Wunde reicht nicht tief. Doch er hat große Schmerzen; ich werde ihn zu einem Heiler bringen müssen.«
    Der Flüchtende war inzwischen in einer der Straßen verschwunden, die sich am Fuß der Treppe verzweigten. »Wer war dieser Mann?« fragte Ashnada. »Und wie kam es zu Eurem Streit?«
    »Dieser Bursche schuldet uns etwas«, schnaubte der Kahlköpfige, »und nun noch mehr! Er hat unsere Ehre verletzt! Bald wird er erfahren, was es bedeutet, gegen einen Zunftmann das Messer zu erheben!« Ashnada bemerkte die gelbe Kordel, die den Kragen seines Leinengewandes schmückte. Der Kahlkopf war offenbar ein Angehöriger der Hafenzunft. Ashnada wußte, wie verrufen diese Männer auf ganz Morthyl waren; viele besserten ihren Lohn mit Schmuggeleien und ähnlichen Geschäften auf.
    »Verzeiht, daß Ihr in diese Auseinandersetzung hineingezogen wurdet«, fuhr der Kahlkopf fort und tätschelte Ashnadas Schulter. »Falls Euch die Stadtgarde über den Vorfall befragt, so schweigt besser. Es würde uns allen nur

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