Flammenbucht
Fußgelenk. So sehr der Zauberer an ihr zerrte, sie hielt ihn zurück.
Mit erwachendem Mut erhob Nhordukael die Stimme. »Durta Slargin… habe ich bei unserer letzten Begegnung nicht deutlich gesagt, daß ich weder deinen Rat noch deine Hilfe benötige?«
Der Zauberer richtete wütend den Stab auf Nhordukael. »Deine frechen Worte werde ich dir schon austreiben! Bald wirst du den Irrweg erkennen, den du beschritten hast.«
»Ich wußte, daß du versuchen würdest, mich aufzuhalten«, gab Nhordukael zurück. »Doch hier, im Herzen der Quelle von Arnos, besitzt du keine Macht über mich!«
»Du wiegst dich in trügerischer Sicherheit! Wenn du mich zurückweist, wirst du zum Werkzeug des Blenders werden! Die Welt muß sich wandeln, willst du das nicht einsehen?« Durta Slargin versuchte vergeblich, sich von seiner Kette loszureißen. »Ohne mich bist du hilflos, ohne mich bist du nichts! Und auch ich brauche deine Hilfe… nur du kannst mich befreien. Nur durch dich kann ich die Sphäre neu erschaffen.«
»Ich weiß, wozu du mich brauchst. Du willst deinen Geist in meinen Körper übertragen, so wie du es schon einmal mit Magro Farghs Hilfe versucht hast.«
»Nur für kurze Zeit«, beschwor ihn der Zauberer. »Du mußt mir vertrauen, Nhordukael. Ich will nichts weiter, als die Welt vor größerem Unheil bewahren und den gräßlichen Fehler, der mir unterlief, rückgängig machen.« Er hieb mit dem Stab gegen die Glieder seiner Kette.
»Welchen Fehler? Wovon sprichst du?«
»Ich bändigte die Quellen und schenkte der Menschheit die Magie. Doch zu welchem Preis, zu welchem Preis? Die Sphäre wurde zerstört und vergiftet, ihre Geschöpfe entstellt… Ich muß es wiedergutmachen, verstehst du das nicht? Ich muß das Leid lindern, das ich verursacht habe!« Drohend erhob Durta Slargin den Stab. »Du wirst mir helfen, Nhordukael, ob du willst oder nicht! Ich werde dich dazu zwingen, so wie ich auch den anderen Auserkorenen seiner Bestimmung zugeführt habe!«
Er ließ den Stab auf Nhordukael niedergehen, doch die Wucht seines Hiebes wurde von der zähen Flüssigkeit gebremst. Nhordukael fing das Ende des Stabs mit der Hand ab. Dunkelrote Flammen lösten sich von seinen Fingern, leckten in rasender Geschwindigkeit am Stab entlang und erfaßten den Zauberer. Durta Slargin stand sofort in Flammen; sein schwarzes Haar, sein Bart, seine Kleider brannten lichterloh. Pechschwarzer Rauch mischte sich mit dem milchigen Sud, und so verschwand die Gestalt des Zauberers in einem schmierigen Schleier.
Nhordukael ließ die Hand sinken.
Warum will er mich aufhalten? Fürchtet er, daß ich die Sphäre ohne seine Hilfe beherrschen könnte?
Er starrte auf die silbrigen Strahlen, die den Raum durchschnitten.
Und kann ich es tatsächlich? Kann ich die Quellen durchschreiten, wie es Durta Slargin in den Legenden vermochte?
Er schloß die Augen. Gluthitze peitschte durch seine Glieder. Sein Körper zog sich zusammen, glitt zurück an den Ort, von dem er gekommen war. Als er die Arme hochriß, spürte er, wie sie aus der Lava emporschnellten; und dann tauchte er aus den glühenden Fluten auf, die ihm das Tor zu einer anderen Welt eröffnet hatten. Neun Schemel standen an der mächtigen Tafel, die sich durch den Thronsaal zog: die sogenannten ›Kaufmannsklappen‹, auf denen seit vielen Jahrhunderten die Fürsten Sithars Platz nahmen, um über die Angelegenheiten des Reiches zu beraten. Neun Schemel und ein Thron aus schwarzem Sithalit… doch der Thron war leer, und niemand hatte an der Tafel Platz genommen. Den Fürsten war die Lust zum Sitzen vergangen. Es war ein seltsames Gefühl, nach so vielen Kalendern wieder im Thronsaal des Kaiserpalastes zu stehen. Baniter erinnerte sich gut an seinen letzten Auftritt im Rat; damals, als er gegen den Willen des ›Gespanns‹ die Gesandtschaft nach Arphat durchgesetzt hatte. Seitdem hatte sich vieles verändert. Kaiser Akendor war tot, und der Silberne Kreis trat in neuer Besetzung zusammen. Stanthimor Imer, der Herrscher über den Aroc-Archipel, hatte sich in sein Fürstentum abgesetzt, zweifellos aus Angst vor dem ›Gespann‹; und auch der vodtivische Fürst Ascolar Suant hatte Thax verlassen, um in Persys ein Schiff zu finden, das ihn nach Vodtiva bringen konnte. Zwar hatten beide Fürsten Vertreter in Thax zurückgelassen - Stanthimor seinen ältesten Sohn Timur, Ascolar seine Gemahlin Calaa -, doch diesen stand die politische Unfähigkeit deutlich ins Gesicht geschrieben. Die
Weitere Kostenlose Bücher