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Flammenbucht

Flammenbucht

Titel: Flammenbucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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und Besiegte… zu welchen wollt Ihr gehören?« Er packte die Schwertscheide und zog ein imposantes Schwert hervor; auf dem Griff waren verschlungene Gravuren zu erkennen. »Seht diese Klinge! Sie wurde von den Bürgern einer Stadt geschmiedet, die es leid waren, von ihrem König in einen sinnlosen Krieg gehetzt zu werden; mit dieser Klinge schlugen sie dem Despoten bald darauf den Kopf ab. Nun trage ich das Schwert bei mir; es soll mich stets an den Mut jener Menschen erinnern, die sich nicht ihrem Schicksal ergaben, sondern eigene Wege beschritten.« Der Zunftmeister schwieg. Schließlich schien er sich zu einer Entscheidung durchgerungen zu haben. »Was verlangt Ihr von der Zunft, wenn ich auf Euer Angebot eingehe?«
    Endlich wandte der Mann den Kopf, und Ashnada konnte sein Gesicht erkennen; es hatte hochmütige Züge, ein grauer Vollbart umgab den breiten Mund. »Zweierlei: Wiegt den Fürsten weiterhin in Sicherheit; liefert ihm meinetwegen ein paar Schmuggler aus, damit er Euch in Frieden läßt, denn die Nahrungsvorräte für Fareghi sind für die kommende Zeit gesichert. Es gibt etwas, das wir sehr viel dringender benötigen; und ihr Zunftleute seid die einzigen, die es beschaffen können, da ihr euch im Hafenviertel gut auskennt. Bisher besitzen wir lediglich eine Handvoll dieser wertvollen Schmuckstücke…«
    Ashnada fuhr von der Tür zurück. Schritte! Im Gang hallten Schritte, ganz deutlich, zudem aus der Richtung, aus der sie gekommen war. Rasch blickte sie zum anderen Ende des Flurs, doch dieser endete in einer Nische. Sie eilte zur nächstgelegenen Tür. Drückte die Klinke. Verschlossen! Der Raum daneben: verschlossen! Die Schritte kamen näher. Panisch rüttelte Ashnada an der dritten Tür. Diesmal hatte sie Glück, das Schloß sprang auf. Mit einem Satz sprang Ashnada in den Raum… keinen Moment zu früh; sie erhaschte noch den vorauseilenden Schatten eines Mannes, der um die Ecke bog. Hastig preßte sie sich neben der offenen Tür gegen die Wand. Blickte sich im Raum um. Ein prachtvoll eingerichteter Speisesaal mit langen Tafeln, kostbaren Möbeln und Gemälden, erhellt durch das vom Flur einfallende Licht. Hinter den Glasfenstern gespenstische Dunkelheit; die hölzernen Fensterrahmen knirschten unter dem Angriff des heulenden Windes, der in dieser Nacht wohl noch zum Sturm werden wollte.
    Draußen eine gedämpfte Stimme: »Die Tür dort steht offen, siehst du?« Ein Wachposten; aus seinen Worten sprach Mißtrauen. Ashnada hielt den Atem an. Sie schlich sich zu einer der Tafeln, kauerte sich darunter. Die Schritte näherten sich. Ein Quietschen: Die Tür wurde weiter geöffnet.
    »Ist da jemand?«
    Stille.
    »Komm schon«, drängte eine zweite Stimme. »Da ist nichts. Laß uns…«
    »Nein, ich werde eine Öllampe holen«, beharrte der erste Wachposten.
    Die Schritte entfernten sich. Ashnada kroch unter der Tischplatte hervor, schlich zum hinteren Ende des Saals, sprang zum Fenster. Sie öffnete die Verriegelung des Fensterflügels. Er wurde sogleich vom Wind erfaßt, schlug klirrend gegen die Außenmauer. Glas splitterte. Draußen das Rauschen des sturmgepeitschten Wassers. Flink schwang sich Ashnada auf die Fensterbank, suchte mit den Füßen Halt an der darunterliegenden Mauer. Der Wind heulte ihr um die Ohren; und plötzlich ballte er sich zusammen, schlug grimmig gegen ihren Rücken. Ihre Finger glitten an der regennassen Fensterbank ab, und Ashnada fiel, fiel…
    Als sie ins Wasser eintauchte, wollte ihr fast das Herz stillstehen; die Kälte lähmte ihre Glieder. Verzweifelt versuchte Ashnada, an die Wasseroberfläche zu gelangen, doch der Sog riß sie in die Tiefe, schleuderte ihren Kopf hin und her, bis ihr die Sinne schwanden; sie sank hinab, hinab in die rachsüchtigen Untiefen von Morthyl. Endlich holte die Insel sie zu sich, strafte Ashnada für ihre grausamen Morde; und sie sank tiefer und tiefer, um sie herum nichts als die Urgewalt des Wassers, das Gericht über ihre Taten hielt. Mit einsetzender Dunkelheit fielen in der
Roten Kordel
die letzten Schranken. Die Spelunke hatte sich bis in den hintersten Winkel gefüllt; überall saßen, standen und schwankten die von der Arbeit heimgekehrten Fischer; ihr Lärmen brandete durch den Schankraum wie der Wind, der von draußen gegen die Fenster schlug. Längst hatte der Wirt Stolling allen Groll gegenüber seinen Gästen fahren lassen. Lachend stand er hinter dem Schenker, teilte Krug um Krug, Becher um Becher die Gaben seines Hauses

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