Flammenbucht
aus: trübes Bier, lauwarmen Wein und natürlich den hochgelobten Raschen. Stolling hatte es sich zur Aufgabe gemacht, den ewigen Kreislauf der Tonschalen nicht abreißen zu lassen, damit jede Kehle mit Schnaps versorgt blieb.
Mittelpunkt war an diesem Abend unbestritten der Tisch unweit des Schenkers, an dem die beiden Troublinier saßen. Hier war die Stimmung besonders ausgelassen. Der Netzknüpfer Ungeld hatte seine Flöte gezückt und gab unerhörte Melodien zum besten; seine Finger tanzten so flink über die Löcher der Flöte, daß man ihnen unmöglich folgen konnte. Der alte Schnappes stützte den Kopf mit den Händen und erzählte mit schwerer Zunge Schnurren, die keiner hören wollte. Parzer und Mäulchen hielten sich nur mit Mühe auf ihren Schemeln; gelegentlich zerrte die Fischerin mit aller Kraft an Parzers Ziegenbart, um ihn für seine fortwährenden Frechheiten zu strafen.
Auch Aelarian und Cornbrunn hatten sich einen ansehnlichen Rausch angetrunken. Der Großmerkant schwatzte mit einigen jungen Fischern, prahlte von den Abenteuern seiner Jugend, während Cornbrunn seinen Kieselfresser ein paar Kunststücke vorführen ließ. Er ließ Knauf mit erhobenen Pfoten auf der Ablage des Schenkers herumstolzieren, im Zickzack vorbei an den aufgereihten Bierkrügen. Natürlich glitt das Tierchen bald in einer Bierlache aus und fiel kopfüber in ein gefülltes Tonschälchen, so daß der Rasche nur so umherspritzte. Fauchend befreite sich Knauf und schüttelte sein Fell, sichtlich angewidert vom beißenden Schnapsgeruch.
»Euer Tier hat keine Manieren«, höhnte Mäulchen. »Geht man so mit einem Raschen um, he? Wenn das der flinke Hynerc sieht, wischt er sich mit diesem Fellbündel seinen runzligen Arsch ab!«
Cornbrunn nahm den Kieselfresser beleidigt auf die Hand zurück. »Der soll nur kommen! Knauf wird ihm mit einem Happs die Säufernase abbeißen.«
Aelarian Trurac hatte sich unterdessen auf die eigentliche Absicht seines Besuchs in der
Roten Kordel
besonnen und unternahm einen neuen Versuch, das Gespräch in diese Richtung zu lenken. »Nun mal ganz im Vertrauen«, rief er, während er die Hand auf Parzers Schulter legte. »Je länger ich euch beim Saufen zusehe, desto mehr wundere ich mich über den Ruf, der euch in Galbar Are vorauseilt. Man rühmt euch als tüchtige Seefahrer, die im wildesten Sturm aufs Meer hinausfahren; dabei seid ihr in meinen Augen vor allem tüchtige Zecher, die dem Schnaps mehr zugetan sind als der See.«
Mäulchen stieß ein Gackern hervor. »Hört den Rotbauch an! Er will uns wohl beleidigen!« Sie fuhr Aelarian neckisch durchs Haar. »Wir steuern unsere Schiffe selbst im Suff noch besser durch den Sturm als jeder aufgeblasene Kapitän aus der Stadt, laß dir das gesagt sein!«
Parzer pflichtete ihr bei. »Mit ein paar Raschen im Blut lenkt es sich gleich dreimal so gut! Dann erst wird dein Verstand klar und der Blick aufs Wasser so scharf wie das Brennen in deiner Kehle.« Er hob die Hände, als wollte er ein unsichtbares Steuerrad herumreißen, doch sie zitterten so sehr, daß er Ungelds randvollen Bierkrug umstieß. Dieser setzte sogleich die Flöte ab und rammte sie Parzer unter die Achsel.
»Gib nicht so an, du Zwiebackfresser! Nach zwei Raschen kannst du kaum aufrecht auf deinem Schemel sitzen, geschweige denn ein Schiff lenken.«
Parzer sprang wütend auf und wollte dem Netzknüpfer den Turban vom Kopf reißen, doch er griff daneben und fegte statt dessen einige Tonschälchen vom Schenker in die Küche. Sogleich fuhr der Wirt herum, packte den betrunkenen Fischer an beiden Ohren und hämmerte seinen Schädel gegen die Ablage, bis Parzer Hören und Sehen verging; doch Mäulchen sprang von ihrem Schemel auf, eilte dem Unglückseligen zur Hilfe; ihre Finger krallten sich in Stollings zottigem Schopf fest, und so rangen die drei miteinander, während ringsum allerlei Geschirr zu Bruch ging. In das Klirren mischten sich die schrillen Töne aus Ungelds Flöte; der Netzknüpfer versuchte die Keilerei mit einer aberwitzigen Melodie anzufachen.
»Parzer hat recht«, nuschelte unterdessen der alte Schnappes. »Ein guter Seefahrer muß ein guter Zecher sein. Ein Schiff im Sturm schwankt auch nicht anders als der Boden der
Roten Kordel,
wenn man erst zehn Rasche im Blut hat.« Er beugte sich vertraulich zu den Troubliniern hinüber. »Die größten Seefahrer waren allesamt Schluckspechte, wußtet ihr das nicht? Borlir aus Candacar - jener Mann, der zum ersten Mal vom Norden
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