Flammenbucht
aus in die Troublinische See segelte - brachte die Hälfte seiner Reise im Suff zu. Und bestimmt habt ihr vom Bund der Südsegler gehört, dessen Steuerleute seit Jahrhunderten nach einem geheimnisvollen Kontinent im Südmeer Ausschau halten. Leider sind sie allesamt erblindet, weil sie während ihrer Zechgelage selbst vor dem billigsten Fusel nicht zurückschrecken. Wen wundert's, daß sie ihren Südkontinent noch nicht gefunden haben!« Er rieb sich die rotgeäderte Nase. »Doch der schlimmste von allen war Varyn der Seefahrer, der erste Vollblutsäufer des Silbermeeres. Als er auf Morthyl strandete, kotzte Varyn voller Demut die halbe Küste voll, und gewiß nicht, weil er seekrank war, das könnt ihr mir glauben.«
Aelarians Mundwinkel zuckten vor Erheiterung. »Seltsam - diesen Teil der Legende habe ich nie zuvor gehört.«
Schnappes hob die Stimme, damit alle sie vernehmen konnten. »Ja, ich schwöre euch: Varyn war die größte Rauschkugel, die die Welt je gesehen hat! Auf seinem Schiff kamen auf jeden Wasserschlauch zwei Fässer voll Schnaps, und er selbst mußte sich von seiner Mannschaft stets an Bord tragen lassen, so besoffen war er. Trotzdem lenkte er sein Schiff durch die heftigsten Stürme, kannte keine Furcht - zumindest nicht, solange er sternhagelvoll war. In einem der übelsten Räusche entdeckte er die Insel Fareghi und ging dort vor Anker, um auszunüchtern; anschließend war er drei Wochen lang nicht ansprechbar.«
»Und wie konnte es einem solchen Trunkenbold gelingen, ein Bauwerk wie den Leuchtturm zu errichten?« erkundigte sich Cornbrunn erheitert.
»Ein Leuchtturm? Das wäre Varyn nie in den Sinn gekommen! Als er wieder einigermaßen klaren Kopfes war, beschloß er, auf Fareghi die größte Brennerei der Welt zu erbauen, einen Turm mit riesigen Kupferkesseln, in denen Tag und Nacht der Schnaps sieden sollte. An der Spitze des Turms stellte Varyn eine Schale auf, in der eine Probe des Schnapses verbrannt wurde, damit sich jedermann von der Heftigkeit des Gesöffs überzeugen konnte. Das, meine Freunde, war der Beginn der Leuchtfeuer von Fareghi!«
»Und woraus gewann Varyn diesen Schnaps?« hakte Cornbrunn nach.
»Natürlich aus morthylischem Strandhafer«, rief Schnappes fröhlich. »Varyn war nicht nur der größte Seefahrer aller Zeiten, sondern auch der Erfinder des Raschen; und darauf laßt uns trinken!« Er drehte sich schwankend dem Schenker zu. »Drei Rasche, Stolling, du faule Galionsfigur, und zwar hurtig!«
Stolling hatte unterdessen Parzer und Mäulchen erfolgreich vom Schenker vertrieben. Noch tauschten die drei allerlei Nettigkeiten aus; der Wirt drohte, die ganze Kneipe zu räumen, während Parzer und Mäulchen ihn als jähzornigen Irren beschimpften. Doch da sich immer mehr Gäste von Stolling vernachlässigt fühlten, wurde der Streit schließlich beigelegt und die Versöhnung mit ein paar Raschen besiegelt. Auch Aelarian und Cornbrunn bekamen neue Tonschälchen in die Hand gedrückt, während sich Schnappes zu immer gewagteren Geschichten verstieg. »Von der Bruderschaft des Leuchtturms habt ihr sicher ebenfalls schon gehört«, lallte er. »Varyns Erben… das war eine tolle Bande, sag ich euch - einer trinkfester als der andere! Nachdem Varyn die Insel verlassen hatte, blieben seine treusten Saufgefährten zurück, um den Turm zu hüten. Sie waren meisterhaft darin, neue Brennverfahren zu entwickeln, damit der Rasche noch mehr dröhnte.« Er leerte sein Schälchen in einem Zug. »Ich dachte immer, die Bruderschaft wäre mit der Herstellung der Turmbinder beschäftigt gewesen«, sagte Aelarian verwundert.
»Von wegen! Das einzige, was diese Kerle taten, war hemmungslos zu trinken. Jeder Abend endete mit einem Besäufnis. Herrlich muß das gewesen sein!« Schnappes preßte verträumt die Zunge gegen den Gaumen. »Als die Gyraner dann Fareghi eroberten, flohen die Saufbrüder mit einem Kessel Raschen auf hohe See, um sich schließlich…«
»Es reicht, Schnappes!« Stolling hatte mit messerscharfer Stimme die Erzählung des Krabbensammlers unterbrochen. »Du redest dich um Kopf und Kragen! Niemand hier will das hören.«
Schlagartig waren alle Gespräche rings um den Schenker verstummt, und die Fischer warfen Schnappes vorwurfsvolle Blicke zu. Unglücklich rutschte der Krabbensammler auf seinem Schemel hin und her. »Laßt ihn nur weitererzählen«, bat Aelarian lächelnd. »Was wurde aus der Bruderschaft von Fareghi, Schnappes?«
»Keiner hat sie mehr
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