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Flammenbucht

Flammenbucht

Titel: Flammenbucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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sie hatte gefroren und gefroren, und in ihrem Kopf das heisere Lachen Tarnac des Grausamen - oder war es ihr eigenes böses Gelächter gewesen, so fern, so fremd, vor Jahren schon verstummt?
    Endlich gelang es Ashnada, die Augen zu öffnen. Schwacher Kerzenschein, die Bretterwand einer Hütte. Ein peitschender Wind, Erbe des abflauenden Sturms, zerrte an den Holzlatten. Ashnada war auf ein Strohlager gebettet, gehüllt in mehrere Decken; neben ihr stand auf einer Truhe ein Wasserkrug. Von plötzlichem Durst gepeinigt, versuchte sie danach zu greifen, doch ihre Arme waren wie gelähmt; sie konnte sie nicht unter der Decke hervorziehen.
    »Du solltest dich schonen.« Eine männliche Stimme. Ashnada wandte den Kopf, erkannte im schwachen Kerzenschein den Schemen einer Person. »Dein Körper war stark unterkühlt; du mußt erst zu Kräften kommen.« Sie blinzelte zu ihm empor. »Wer bist du? Wie bin ich hierhergekommen? «
    Ein schwarzer Mantel bauschte sich auf und kam wieder zur Ruhe, als der Mann sich zu ihr herabbeugte. Sein Gesicht trat dicht vor ihr aus den Schatten: dunkelblaue Augen, die tief in den Höhlen saßen; die linke Augenbraue mit einem silbernen Ring geschmückt; eine große Nase, kantig das mit dunklen Bartstoppeln besetzte Kinn. In seinem schwarzen Haarschopf glitzerten eingeflochtene Perlen. »Ich habe dich aus dem Hafenbecken gefischt. Mein Boot befand sich in der Nähe, als du dich aus dem Fenster stürztest.« Er setzte den Wasserkrug an Ashnadas Lippen. Sie trank mit hastigen Zügen, ohne die Augen von ihm zu nehmen. Sie hatte ihn sogleich wiedererkannt - jenen Mann, der sie auf den Treppen nahe der Burg Galbar vor dem Sturz in die Tiefe bewahrt hatte. Er mochte um die fünfundzwanzig Jahre alt sein; seine Gesichtszüge wirkten ernst, und sein Blick hatte etwas Dunkles, Gefährliches, das Ashnada schon bei ihrem ersten Zusammentreffen beeindruckt hatte.
    Er setzte den Krug von ihren Lippen ab. »Du hattest Glück; dein Körper wurde emporgespült, nachdem du bereits das Bewußtsein verloren hattest. So konnte ich dich zu mir ins Boot ziehen. In einem solchen Sturm gibt das Wasser selten zurück, was es sich genommen hat.« Er wollte sich erheben. »Ich werde dich besser schlafen lassen.«
    »Bitte bleib!« Sie hustete auf. »Sag mir, wer du bist und wohin du mich gebracht hast.«
    Er strich sich das Haar zurück. »Ich bin Cyrmor, und dies ist meine Hütte. Sie ist nicht sonderlich geräumig, aber für eine Nacht wird es reichen.« Forschend blickte er sie an. »Wie ist dein Name?«
    Sie zögerte kurz. »Cydra… ich heiße Cydra.« Erst im letzten Moment war ihr eingefallen, daß sie dem Fremden auf keinen Fall ihren wahren Namen nennen dürfte, denn dieser mochte dem einen oder anderen Bewohner Morthyls noch geläufig sein. »Wir sind uns schon einmal begegnet, auf den Treppen nahe der Burg.« Er nickte. »Ein seltsamer Zufall. Galbar Are ist keine große Stadt, doch in den verwinkelten Gassen läuft man sich selten ein zweites Mal über den Weg.«
    Endlich gelang es Ashnada, sich ein Stück weit aufzurichten. Dabei bemerkte sie, daß sie nackt war. Cyrmor hatte ihr die nasse Kleidung ausgezogen, bevor er sie in die Decken gehüllt hatte. »Ich glaube nicht an Zufälle. Was hattest du bei diesem Sturm mit deinem Boot auf dem Wasser verloren?«
    »Dasselbe könnte ich dich fragen«, erwiderte er. »Wer sich mitten in der Nacht aus einem Fenster des Zunfthauses ins Meer stürzt, muß lebensmüde sein - oder er hat etwas zu verbergen. Was hast du dort getrieben, Cydra?«
    Sie hielt seinem bohrenden Blick stand. »Ich kann es dir nicht sagen. Du hast mir das Leben gerettet, doch ich kenne dich nicht, weiß nicht, wer du bist und warum du…« Er unterbrach sie barsch. »Du willst wissen, wer ich bin? Nun, wie du dir sicherlich denken kannst, bin ich ein Schmuggler. Ich handle mit Silberschmuck aus den Minen von Bosjip.« Er holte aus den Taschen seines Mantels einen Lederbeutel hervor und leerte den Inhalt auf Ashnadas Decke aus: silberne Ringe und Perlen, Halsketten, Armreife, fein ziselierte Amulette und Haarfibeln. »Meist arbeite ich allein; ich schmuggle die Ware im Auftrag der Silberschürfer an den Wächtern des Fürsten vorbei und bringe sie nach Galbar Are. Hier verkaufe ich sie an die Männer der Hafenzunft weiter. Auf diese Weise umgehe ich das Gesetz, das alles in den Minen geschürfte Silber zum Eigentum des Fürsten erklärt.«
    Ashnada zog eine Hand unter der Decke hervor; mit tauben

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