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Flammenbucht

Flammenbucht

Titel: Flammenbucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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all die Jahre erhofftet: die Rückkehr des Silbernen Kreises nach Vara.« »Für wie kaltherzig haltet Ihr mich?« gab Baniter zurück. »Der Tod so vieler Menschen ist für mich kein Anlaß zur Freude.«
    Scorutar lächelte. »Gewiß… doch mischen sich Trauer und Frohlocken nicht gelegentlich? Ihr habt ein weiteres Eurer Ziele erreicht: Sobald Uliman gekrönt ist, wird der Silberne Kreis gen Süden aufbrechen. In Vara kümmert sich bereits ein Heer von Zimmerleuten um die Wiederherstellung des Kaiserpalastes.«
    …
den Hamalov Lomis all die Jahre verkommen ließ,
dachte Baniter verbittert.
Vara, tief bist du gesunken; doch nun bricht ein neuer Morgen an, und du erwachst zu neuer Größe.
    »So kehrt Ihr also in die Stadt Eurer Ahnen zurück«, fuhr Scorutar im Plauderton fort. »Wie viele Jahre ist es her, daß sich die Familie Geneder aus Vara zurückzog?«
    Baniter mußte sich beherrschen, um seine aufkeimende Wut zu verbergen. »Meine Familie zog sich nicht zurück, sondern wurde aus der Stadt verbannt.«
    Scorutar kicherte auf. »Oh, ich vergaß… nun, ab sofort werdet Ihr wieder öfters dort zu Gast sein. Vara hat sich stark verändert, seit wir vor zwölf Jahren die kaiserliche Residenz nach Thax verlegten. Vieles wird Euch gewiß fremd erscheinen.«
    »Ich werde mich schon zurechtfinden. Viele Freunde der Familie Geneder warten auf mich, so daß ich mich rasch in der Stadt heimisch fühlen werde.«
    Es war eine verdeckte Drohung, und Scorutar verstand sie nur zu gut. Doch er ließ sich nichts anmerken und fiel in sein Schweigen zurück.
    Kurz darauf hatten sie das Lager der Arphater erreicht; eine Ansammlung großer Zelte, an deren Planen der Wind zerrte. Mehrere Dutzend Anub-Ejan-Mönche hielten vor dem Eingang des Lagers Wache, die Lederkappen tief ins Gesicht gezogen, die gelben Kutten um den Leib geschnürt. Mißtrauisch beobachteten sie, wie die Fürsten von den Pferden stiegen.
    »Ayum Farneth an Batna Ära«, rief Baniter ihnen entgegen. »Ich bin Baniter Geneder, Fürst von Ganata. Bringt uns zu Eurer Königin.«
    Leise berieten sich die Arphater; dann führten sie Baniter und seine Begleiter zum Hauptzelt im hinteren Teil des Lagers. Auch hier wachten mehrere Anub-Ejan über die Sicherheit der Königin. Merduk und Gahelin mußten zurückbleiben, während die beiden Fürsten durch einen tuchverhangenen Eingang in das Zelt geleitet wurden. Innen herrschte gedämpftes Licht. Auf einem Kissen in der Mitte des Zeltes hockte Königin Inthara; sie hatte den Fürsten den Rücken zugewandt. Inthara trug eine orangefarbene Robe, die sie als Priesterin des Sonnengottes Agihor auswies. Das schwarze Haar trug sie offen; es wirkte zerzaust. Ein rötlicher Schimmer umspielte die Haarspitzen.
    Neben der Königin standen zwei alte Bekannte; der Große Ejo, seines Zeichens Schechim der Anub-Ejan-Sekte und alles andere als ein Freund Baniters. Mit verkniffenem Gesicht starrte er den ganatischen Fürsten an. An seinem Gürtel schimmerte ein Krummsäbel. Ihm zur Seite stand eine hagere Frau im goldbestickten Gewand: Sai'Kanee, die oberste Geweihte des Todesgottes Kubeth, eine Frau mit ernsten Gesichtszügen und geröteten Augen. Baniter hatte in Praa kein Wort mit der Priesterin gewechselt, doch sie schien zu den engeren Vertrauten der Königin zu gehören.
    Ejo stieß ein verächtliches Schnauben aus, als Baniter sich näherte. »Der Luchs von Ganata… du wagst dich tatsächlich ein weiteres Mal in die Nähe unserer Herrin? Was bringst du diesmal - einen neuen Becher mit Gift? Oder ruht ein heimtückischer Dolch in deinen schmutzstarrenden Fingern?«
    Baniter schenkte ihm ein Lächeln. »Ich wußte, daß Ihr Euch freuen würdet, mich wiederzusehen, Großer Ejo. Diesmal komme ich nicht allein, sondern habe einen weiteren Vertreter des Silbernen Kreises mitgebracht, dessen Finger kaum weniger schmutzig sind als die meinen: den hochgeschätzten Fürsten Scorutar Suant - oder auch die Möwe von Swaaing, wenn Euch dieser Titel lieber ist.«
    In diesem Augenblick erhob sich die Königin und wandte sich ihnen zu; eine Frau von zweiundzwanzig Jahren, in deren Augen das unerschütterliche Selbstbewußtsein einer jungen Herrscherin glänzte. Inthara war eine der anmutigsten Frauen, die Baniter je erblickt hatte; ihr Körper schlank, die Gesichtszüge ebenmäßig, die Augen lebendig, der Mund breit und wohlgeformt. An der linken Wange wies die olivfarbene Haut eine weiße Narbe auf, die sich vom Mundwinkel bis zum Ohr zog und

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