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Flammenbucht

Flammenbucht

Titel: Flammenbucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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wollte Rache nehmen für seine Knechtschaft
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und was für eine Rache!
    Thax brannte nun schon seit Tagen. Diese Stadt, in der Nhordukael sein gesamtes Leben verbracht hatte, in der er als Zögling des vormaligen Hohenpriesters Magro Fargh aufgewachsen war, der ihn aus einem Waisenheim zu sich genommen und ihm den Glauben an den unmenschlichen Gott Tathril eingetrichtert hatte, bis seine kindliche Seele zerstört worden war; diese Stadt, die Nhordukael gehaßt hatte, seit er sich entsinnen konnte - sie brannte lichterloh! Thakstel, der dunkle Palast auf dem Kaiser-Akrin-Hügel: ein Haufen schwelender Steine! Der Platz der Gießer und Schmelzer, auf dem Nhordukael am ›Tag der Ernte‹ jene unbekannte Bestie besiegt hatte: ein Flammenmeer, aus dem die Schlote der alten Schmelzerei hervorstaken wie die Masten eines sinkenden Schiffes. Thax verging im Feuer -das Ende jener Stadt, die ihm solange ein Gefängnis gewesen war. Der Zug der Weißstirne hatte das Ende der Gasse erreicht. Der Weg öffnete sich einem größeren Platz. Im schwefligen Qualm konnte Nhordukael den Tempel des Tathril erkennen. Hinter der Außenmauer schimmerte seine weiße Kuppel. Aus den geborstenen Dachfenstern quoll Rauch.
    Ein Gefühl der Erregung stieg in Nhordukael auf. Er dachte an die unzähligen Male, die er diesen Weg zurückgelegt hatte; damals, als er der Leibdiener Magro Farghs gewesen war, von Furcht gezeichnet, von Haß beseelt. Wie oft hatte er sich gewünscht, den Tempel in Flammen zu sehen; hatte in Gedanken die Todesschreie der Priester gehört, die im Feuer verendeten, hatte den brennenden Leib Magro Farghs im Flammenschein tanzen sehen; und wie sehr hatte er sich für seine Gedanken geschämt, wie sehr hatte er gefürchtet, Tathril könne ihn für seine grausamen Wünsche bestrafen. Nun, da er wußte, daß Tathril nicht existierte, nie existiert hatte, nichts weiter war als eine Erfindung des Zauberers Durta Slargin, rief der Anblick des brennenden Tempels tiefe Befriedigung in ihm hervor. Entschlossen wandte er sich seinen Anhängern zu. »Ihr seht, daß ich Recht behielt! Thax wird brennen, so verkündete ich euch, und der Tempel des falschen Hohenpriesters wird von Tathril vernichtet werden!« Er hörte die begeisterten Zurufe der Weißstirne. »Laßt uns die Reste dieses entweihten Hauses niederreißen! Kein Stein soll mehr auf dem anderen bleiben!« Die Weißstirne antworteten mit einem Jubeln. Nhordukael lächelte. Er wußte, daß in wenigen Tagen nichts mehr von dem Tempel zu sehen sein würde. Seine Anhänger würden nicht eher ruhen, bis sie das Gebäude geschleift hätten, bis alles an diesem Ort zertrümmert wäre.
    Jetzt erst bin ich frei, Magro Fargh.. .frei von dir und frei von meinen Ängsten. Ist es nicht seltsam, daß jener Glaube, zu dem du mich zwangst, das Werkzeug ist, mit dem ich deine Kirche in Stücke schlage?
Er bedeutete den Weißstirnen, ihm nicht zu folgen. Langsam näherte er sich dem in Flammen stehenden Tor des Tempels. Hell loderte das Feuer auf; ölige Flecken bildeten sich auf den im Feuer schmelzenden Scharnieren. Das ausgezehrte Holz fiel in glühenden Brocken herab. Ohne zu zögern stieg Nhordukael durch die entstandene Öffnung.
    Er befand sich nun im Innenhof des Tempels. Weiß glänzten die marmornen Bodenplatten, weiß der Altarstein in der Mitte des Hofes. Noch schützte die Sphäre den heiligen Ort. Nhordukael schloß die Augen, konzentrierte sich auf die Macht der Quelle, griff nach der Inneren Schicht. Kurz darauf peitschten Flammen zwischen den Steinritzen hervor; Risse bildeten sich auf dem Altar, und ein Grollen ließ die Erde ringsum erbeben. Nun schritt Nhordukael die Treppe zur Weihungshalle empor. Ihre Türen waren geöffnet. Rauch schlug dem Hohenpriester entgegen, als er die Halle betrat. Das Licht im Inneren war gespenstisch; an den Wänden tanzten rötliche Flammen und färbten den aufsteigenden Rauch. Durch die zersprungenen Fenster der Kuppel drangen Sonnenstrahlen ein. Im hinteren Teil der Halle war der Boden eingesackt, die Steinplatten hatten sich wie Schuppen einer Eidechse aufgerichtet. Das Heiligtum des Tempels, eine Marmorsäule in der Mitte der Halle, war seitlich fortgekippt und hatte ein Loch in die Wand gerissen. Zerborstene Mauerstücke bedeckten den Boden. Dazwischen lagen die Leichen mehrerer Priester, ihre Kutten besudelt mit Blut.
    »Hier endet deine Macht, Tathril«, stieß Nhordukael hervor. Sein narbenbedecktes Gesicht glühte vor Hohn. Er beugte sich

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