Flammende Versuchung
nicht! Ich will deine Liebe!«
Er griff nach ihr und riss sie an sich. Der Schmerz in ihrer Seite ließ sie aufkeuchen. Die Welt wurde weiß, dann grau, dann fast schwarz. Nein. Du musst bei Bewusstsein bleiben. Du darfst nicht zulassen, dass er dich noch weiter …
Als sie wieder zu sich kam, lag sie auf dem Boden. Ihr Kopf ruhte in Baskins Schoß, seine Hand strich ihr das Haar aus der Stirn. Seine Berührung war zittrig. Sie schlug die Augen auf und schaute in sein blasses Gesicht.
»Ich habe dich getötet. O Gott! Ich habe alles zerstört. Ich habe dich umgebracht, und jetzt wird Brookhaven mich umbringen, und das zu Recht. Ich verdiene zu sterben.«
Verschwommen sah sie ihn die Pistole heben.
Nein. Sie wollte schreien. Vielleicht hätte sie flüstern können. Doch nichts von beidem hätte ihn davon abgehalten.
Die Stichflamme ließ sie erblinden. Heiße Asche regnete auf ihr Gesicht, und die Explosion war so laut, dass sie fast taub war.
O Gott! Ihr war schwindelig. Schwäche breitete sich in ihr aus. Mit größter Kraftanstrengung gelang es ihr, von Baskins erschlafftem Körper wegzurollen, bis sie mit dem Gesicht in dem kalten, feuchten Laub auf dem Boden landete.
Der saubere Duft nach feuchter Erde vertrieb schließlich den Gestank des Schießpulvers, und sie zählte ihre Atemzüge. Bei zehn drückte sie sich mit den Händen ab, ohne darauf zu achten, dass der kalte Boden an ihren aufgescheuerten Händen schmerzte.
Sie schaute Baskin nicht an. Sie wollte nicht sehen, was sie mit ihren Manipulationen angerichtet hatte. Sie war nicht die Einzige, die sich hier falsch verhalten hatte. Sie war nicht so rein, dass sie das alles auf sich nehmen konnte – doch sie konnte auch nicht das heftige Bedauern lindern, das sie erfüllte.
Baskin war verwirrt gewesen und einsam und nicht besonders intelligent. Sie hatte seine Bewunderung zur Beschwichtigung ihrer gekränkten Eitelkeit benutzt. Er war kein guter Mann, kein ehrenwerter Mann, aber für irgendwen war er mehr wert gewesen als das.
Natürlich blieb die Tatsache bestehen, dass er geglaubt hatte, ihr gemeinsamer Tod wäre irgendein poetischer, romantischer Ausgang der Geschichte.
Er war wirklich ein Idiot. Oder vielleicht steckte er auch einfach nur so tief in seiner Phantasiewelt, dass er erwartete, wie durch ein Wunder in letzter Minute gerettet zu werden. Jetzt war der arme, irregeleitete Kerl tot, und niemand würde es je wissen.
Du kannst es nicht ungeschehen machen.
Du kannst nur weitermachen.
Ja. Sie musste einen Weg heraus aus diesem Wald finden, zurück zur Straße, wo jemand sie finden würde – irgendwann.
Sie rappelte sich auf, erst auf die Knie, dann auf die Beine, wobei sie sich mit einer Hand an einem Baumstamm abstützte. Die Dunkelheit war fast vollkommen. Baskins Laterne war erloschen, als er den Schuss abgefeuert hatte.
Und kaputt. Sie konnte das Kerosin riechen. In einer anderen Nacht hätte sie ihre Augen vielleicht an den Schein des Mondes oder der Sterne gewöhnen können, aber jetzt gab es nichts als die Schwärze und leichten Regen.
Ihre Kleider waren durchnässt. Sie erschauderte, und die Knie wurden ihr schwach. O Gott, hoffentlich war es nur Wasser.
Achtundvierzigstes Kapitel
C alder marschierte mit Meggie auf den Schultern die Straße hinunter. Er hatte versucht zu rennen, aber sie konnte sich nicht festhalten. Schnell zu gehen, war das Beste, was er tun konnte, und seine rasenden Gedanken trieben ihn an wie Sporen.
Er hatte Deirdre verloren, weil er sie zu hart verurteilt hatte. Er war sich seiner selbst so sicher gewesen, so sicher, dass niemand auf der ganzen Welt es an Ehrenhaftigkeit mit ihm aufnahm, so schnell bereit, gleichzeitig Ankläger, Richter und Henker zu sein. Menschen machten Fehler. Sein Vater hatte Fehler gemacht. Sein Bruder.
Er selbst übertraf sie beide. Er hatte seinen Bruder Miss Phoebe Millburys unwürdig erachtet und hatte sich vorgedrängt und sie für sich reklamiert, obwohl er sehr wohl wusste, was sein Bruder für sie fühlte. Er hatte Meggie isoliert, weil sie seinen überzogenen Erwartungen nicht entsprach. Er hatte seine Braut bereits wenige Stunden nach ihrer Hochzeit eingekerkert, weil sie ihn in einem einzigen Punkt enttäuscht hatte.
Und doch war Deirdre diejenige, die ihn nie betrogen hatte … und die ihn niemals betrügen würde. Das wusste er jetzt – da es vielleicht zu spät war!
Lieber Gott, bitte lass es nicht zu spät sein!
Verzweiflung tobte in seinem Innern. Er
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