Flammende Versuchung
erstarren.
»Oh, Papa, sie blutet so sehr.«
Dieser kleine, entsetzte Ausruf schrillte durch die plötzliche Stille, die sich über alle gelegt hatte, die sich um den reglosen, bleichen Körper auf dem Erdboden scharten.
Calder streckte eine zitternde Hand aus, um die goldenen Locken aus ihrem hübschen, marmornen Gesicht zu streichen. Ihre Haut unter seinen Fingerspitzen war eiskalt.
Deirdre war nicht verletzt. Deirdre war tot.
Calder bekam keine Luft mehr. Vorbei. Ihr Stolz und ihre Verletzlichkeit, ihre glänzende Schönheit und trotzige Loyalität – für immer dahin. Seinetwegen.
Langsam und behutsam, als könnte sie in seinen Händen zerbrechen, zog er sie in seine Arme. »Oh, meine Schöne … verlass mich nicht. Ich bitte dich. Verlass mich nicht … lass mich nicht allein.«
»Papa … weinst du?«
Ungelenk im Schmutz und toten Laub sitzend, barg er Deirdres kühles Gesicht an seinem Hals und zog sie auf seinen Schoß. Im Licht der Laterne bewegte sich kein Muskel im Zuschauerkreis, als der große, stolze Mann mit dem gebrochenen Herzen bitterlich ins goldene Haar seiner Frau schluchzte.
Fünfzigstes Kapitel
D eirdre schlug die Augen auf. Sie befand sich in einem Himmel aus cremefarbenem Satin. Das heißt, wenn es im Himmel leicht verschmutzte, dunkelhaarige Zwerge gab, die einem vom Fußende des Bettes anstarrten.
»Eigentlich müsstest du tot sein.«
Deirdre blinzelte und legte die Handfläche sehr vorsichtig auf die Wunde an ihrem Bauch. Der Schmerz verteilte sich, pulsierte durch ihren Körper, bis sie sich verwundert fragte, warum sie eigentlich nicht schrie. »Ich glaube, das wäre ich auch lieber«, keuchte sie.
Meggie kniff die Augen zusammen und verschränkte die Arme. Sie sah verdammt verärgert aus. Da sie wusste, wessen Kind Meggie war, ging Deirdre davon aus, dass das kleine Mädchen sich in Wirklichkeit große Sorgen machte. Sie versuchte zu lächeln. »Es geht mir gut.« Sie fühlte sich nicht so. Sie fühlte sich zittrig und kalt und schwach. Und das Loch in ihrem Körper kam ihr größer vor als vorher. »Sie haben die Kugel entfernt?«
Meggie schaute finster. »Ich wollte sie behalten, aber Papa hat mich aus dem Zimmer geschickt.«
»Das ist schade«, sagte Deirdre schwach. »Wie schlimm für dich.«
Meggie gab ihre Pose auf und zupfte mit Fingern, deren Nägel abgekaut waren, an der Bettdecke herum. »Der Arzt hat es gemacht.«
»Immer noch besser als Fortescue.«
Meggie schaute nicht auf. »Er hat gesagt, du würdest wahrscheinlich trotzdem sterben.«
Mit einem Mal wünschte sich Deirdre nicht mehr, dass ihre Schmerzen bald aufhören sollten. »Dann hab ich’s ihm wohl gezeigt, hm?«
Meggie schien weiterhin fasziniert von der Stickerei auf der Bettdecke. »Ich könnte dein kleines Mädchen sein … wenn du willst.«
Deirdre versuchte zu lächeln. »Meggie, es freut mich wirklich, das zu hören, aber ich bin jetzt doch ziemlich müde -«
»Weil du jetzt ja keine Babys mehr kriegen kannst.«
Ah. Wie es schien, hatte sie vorher nur geglaubt zu wissen, was Schmerzen waren. Jetzt durchströmte sie echte Pein. Sie schloss die Augen, aber sie war zu schwach, als dass sie den leisen, gequälten Laut zurückhalten konnte, der über ihre Lippen trat. Keine eigenen Kinder.
Sie war so eitel und dumm gewesen, nur darauf bedacht, ihre Figur zu halten und ihre gesellschaftlichen Ambitionen zu verfolgen, und fest entschlossen, die Mühsal des Kinderkriegens so lange wie möglich zu verschieben.
Das war in der Tat eine boshafte Strafe, wenn auch vielleicht nicht gänzlich unverdient. Schließlich war sie Meggie gegenüber leichtsinnig gewesen. Sie hatte Baskin in dieses Haus gelassen und damit Meggie in Gefahr gebracht und ihre eigenen ungeborenen Kinder getötet, nur damit sie sich in seiner welpenhaften Verehrung baden konnte.
Die Narbe an ihrem Bauch würde groß und hässlich werden, das wusste sie. Ihr Körper war jetzt für immer entstellt, die Perfektion, auf die sie ihr ganzes Sein ausgerichtet hatte, dahin. Es hätte ihr nicht gleichgültiger sein können. Sie würde freiwillig am ganzen Körper Narben tragen, wenn sie nur innen drin wieder heil sein könnte.
Sie bekam kaum mit, dass Meggie leise von der Matratze glitt. Sie sollte das Mädchen aufhalten, sollte sie trösten, sollte ihr so viel Mutter sein, wie sie in der Lage war – aber ihre Schwäche machte sie zu langsam, und Meggie war verschwunden, als sie wieder die Augen öffnete.
Das Bett umgab sie wie ein
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