Flammende Versuchung
Erinnerung einer Erinnerung, vergleichbar dem zweiten Akt eines Theaterstückes, das er vor langer Zeit einmal gesehen hatte.
Der Verlust von diesem Morgen jedoch brannte noch immer wie ein Feuerwerkskörper in seinem Magen. Vor Jahren hatte Melinda sich von ihm abgewendet und nach jemandem gesucht, der aufregender und romantischer war. Und heute hatte es Phoebe getan.
Während die Gesellschaft die wahre Geschichte über
Melinda nicht gekannt hatte, war es doch schlimm genug gewesen, als der stoische und bemitleidenswerte Witwer gesehen zu werden, dem es nicht gelungen war, das Interesse seiner Frau zu halten. Die Welt hatte nichts von dem Schaden gewusst, den Calder sich selbst und seinen Liebsten zugefügt hatte.
Natürlich war diese Gnade dem Ansturm des neuesten köstlichen Skandals nicht gewachsen gewesen. Die öffentliche Meinung drehte sich wie ein Fähnchen im Wind. »Die Bestie von Brookhaven schlägt eine weitere Braut in die Flucht …«
Die Fassade von Brook House ragte vor ihm auf. War er tatsächlich so weit gelaufen, während er tief in Gedanken versunken war? Sein Butler, Fortescue, erschien in der Tür. »Guten Tag, Mylord.« Und als er Calders Hut und Handschuhe entgegennahm, fügte er hinzu: »Miss Cantor wünscht Euch zu sprechen. Sie wartet im vorderen Salon.«
Calder kniff die Augen zusammen. Das hatte er ganz vergessen – Phoebes Cousinen und ihre Tante wohnten ja noch immer in Brook House. Ursprünglich waren sie nur bis zur Hochzeit eingeladen gewesen, doch Lady Tessa und ihre beiden anderen Zöglinge beabsichtigten zweifellos, ihn darum zu bitten, auf unbestimmte Zeit bleiben zu dürfen.
Nicht wenn er es verhindern konnte! Oh, Miss Sophie Blake schlug kaum Wellen auf der Oberfläche von Calders Bewusstsein, denn sie war ein schüchternes, sehr zurückgezogen lebendes Wesen.
Phoebes zweite Cousine, Miss Deirdre Cantor, war
extrem dekorativ und einigermaßen gewitzt – aber bedauerlicherweise war sie nur mit dieser kreischenden Harpyie von Stiefmutter zu bekommen. Mit dem unklaren Verlangen eines Mannes in der Hölle, den es nach einem Glas kühlen Wassers dürstet, sehnte sich Calder danach, Lady Tessa für immer loszuwerden.
Miss Deirdre Cantor wünschte ihn also zu sprechen …
Calder dachte an die blonde, saphiräugige Schönheit und entschied, dass ein wenig weibliche Aufmerksamkeit seinem verletzten Stolz nicht schaden konnte – selbst wenn sie ihm nur gewährt wurde, um seine Gastfreundschaft zu erwirken. Mit ihrer hübschen Figur und ihrer klassischen Anmut, die Calder an eine griechische Statue denken ließ, war Deirdre wirklich ein Fest für die Augen.
Jedenfalls war es besser, als noch länger hier zu stehen und an »die Bestie von Brookhaven« zu denken.
Miss Deirdre Cantor wartete im Salon des Marquis und betrachtete hingerissen das Portrait über dem Kaminsims. Es zeigte Lord Brookhavens Vater – und das war gut so, denn was für ein Mann würde schon sein eigenes Portrait dort aufhängen, wo er es Tag für Tag ansehen musste! -, aber die Ähnlichkeit zwischen Vater und Sohn war groß genug, dass es vielleicht einen Blick in die Zukunft erlaubte.
Wie sein Vater war auch Lord Brookhaven ein gut aussehender Mann. Breite Schultern und dunkle Haare und Augen – so entsprach er voll und ganz dem Typus des geheimnisumwitterten Herrn den Hauses in jenen
Romanen, von denen ihre Stiefmutter nicht wusste, dass sie sie las.
Wenn er nur hin und wieder lächeln würde, wäre er geradezu unglaublich attraktiv, wenn man denn den kantigen, dunkelhäutigen Typ mit alarmierend intensivem Blick mochte.
Was Deirde generell tat – und diesen Mann insbesondere. Die meisten Frauen bevorzugten den glatten, eloquenten Typ – Männer, wie sie selbst jetzt Deirdre umlagerten, ob diese es wollte oder nicht -, aber Brookhaven war ihr bereits vor Jahren aufgefallen.
Über den Mann auf dem Portrait malte sie in Gedanken Brookhaven, wie sie ihn zum ersten Mal gesehen hatte, als Tessa sie zu der Anhörung anlässlich von Lady Brookhavens Tod mitgenommen hatte, die einem öffentlichen Spießrutenlauf nahe gekommen war. Niemals würde Deirdre Lord Brookhavens stolze, breitschultrige Gestalt vergessen, oder seinen verlorenen Blick und seine -
Oh, denk nicht an seinen flachen, festen Bauch oder seinen vom Reiten gestählten Hintern! Reiß dich zusammen, Dee!
Sie war vom ersten Augenblick von ihm hingerissen. Und dann, als er sich, vom Tod seiner Frau am Boden zerstört, vor dem
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