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Flammender Diamant

Titel: Flammender Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Maxwell
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erfahren.«
    Wing antwortete nicht.
    Schweigend versuchte Cole zu verstehen, was er gerade vernommen hatte. Das Ergebnis war sowohl atemberaubend als auch unvermeidlich.
    »Ich werde verrückt«, sagte er leise und sah Wing in einem anderen Licht. »Ihr wollt das Diamantenkartell angreifen! Ich wußte, daß die Familie Chen ehrgeizig ist, aber ich hätte nicht gedacht, daß ihr versuchen würdet, es mit der ganzen Welt aufzunehmen.«
    »Nicht mit der ganzen Welt. Nur mit Consolidated Minerals Inc.«
    »Das ist kein Unterschied, Wing. Ein Kartell, das sowohl Uncle Sam als auch die Sowjets an der kurzen Leine halten kann, könnte einem Familienklan aus Hongkong die Eier zu Brei drücken.«
    »Und der Grund dafür, daß das Kartell so viel Macht hat, sind die Diamanten«, sagte Wing kühl. »In ihrer Bedeutung für das Gleichgewicht der internationalen Mächte sind Diamanten im Augenblick genauso wichtig wie die Atombombe, die vor fast einem halben Jahrhundert in Alomogordo explodierte. Aber im Gegensatz zu einer Bombe sind Diamanten wenig gewaltsam.«
    Cole lächelte dünn. »Die Wasserloch-Theorie der Macht. Das Wesentliche ist nicht, was man besitzt, sondern was man kontrolliert.«
    Überrascht sagte Wing: »Genau. Lieber Diplomatie als Krieg. Indirektes Vorgehen statt Angriff. Diamanten geben einem Macht, ohne nationale Feindschaft zu erzeugen, denn wer haßt schon den Herrscher, den man nicht kennt?«
    »Ich kenne ihn. Er heißt der >Diamantentiger<. Sei vorsichtig, Wing. Du könntest herunterfallen und gefressen werden.«
    »Oder darauf reiten und Herrscher sein«, sagte Wing.
    »Das ist verlockend, nicht wahr?«
    »Du mußt es doch wissen, du bist doch schon mitgeritten.«
    »Eigentlich nicht«, sagte Cole schulterzuckend. »Nicht so, wie du es meinst. Ich lege nicht den geringsten Wert auf internationale Machtspiele.«
    »Aber du hast in der Vergangenheit schon dabei mitgespielt, und du hast dich sehr gut bewährt.«
    »Nur so lange, bis ich herausbekommen habe, wie ich Leute dazu kriegen kann, mich in Ruhe zu lassen«, sagte Cole.
    Wing lächelte ein wenig. »Nur Amerikaner glauben, sie seien frei. Das gibt ihnen einen gewissen - tja, Reiz als Volk.«
    Cole sah sich noch einmal das Foto von Erin Shane Windsor an. Bevor man ihn aufgefordert hatte, zu entscheiden, hätte er ohne zu zögern gesagt, daß Crazy Abes Sediment-Diamantenmine alles Erdenkliche wert sei, um sie zu bekommen.
    Aber jetzt wurde Cole aufgefordert zu wählen, und seine Antwort war unerwartet: Das Leben einer Frau, die fähig war, etwas wie Arktische Odyssee zu schaffen, war eine Menge mehr wert, als Wing glaubte. Und gleichzeitig wurde ihm noch etwas klar: Wenn Erin Shane Windsor es überleben sollte, daß sie Crazy Abes Erbin war, dann würde sie jede erdenkliche Hilfe brauchen.
    Cole kannte die Familie Chen. Wenn er jetzt Onkel Lis Angebot ablehnte, würden sie einen neuen Schuldschein fälschen, um ihn als Köder für den nächsten Prospektor auf ihrer Liste einzusetzen, einen Prospektor, der vermutlich viel weniger Sinn haben würde für Fotos aus der Wildnis, die einen Mann seiner eigenen Seele näherbringen konnten.
    Wortlos nahm Cole den Schuldschein und Erins Foto vom Tisch und steckte beides in die Tasche. Er blickte das Foto dabei nicht an, er wollte nicht noch einmal diese Unschuld spüren, die ebenso tief in Erin Shane Windsor lag wie ihre Vorsicht. Ob sie es wußte oder nicht - für sie war ein Platz auf dem Diamantentiger reserviert, dort wo es nur eine Regel gab: Nur nicht herunterfallen, denn wer fällt, wird gefressen, mit Haut und Haaren.
    Und die Unschuldigen fallen immer zuerst.
    »Also gut, Wing. Sag Onkel Li, ich bin dabei.«

5 . Kapitel
    Coles Qantas-Maschine hatte von Westen her landen müssen, weil der Santa-Ana-Wind über der Bucht von Los Angeles wehte. Jetzt, vier Stunden später, hatte der Wind begonnen nachzulassen. Der Smog, der aufs Meer hinausgetrieben worden war, kroch langsam in die Häuserschluchten der Innenstadt zurück und gab dem spätnachmittäglichen Himmel einen besonders unschönen Stich ins Orangene.
    Cole versuchte, sich die Müdigkeit von zwei Transpazifikflügen aus den Augen zu reiben, während er aus seinem Fenster im achtunddreißigsten Stock in die Stadt hinuntersah, in der die großen Banken und Mineralölfirmen ihren Sitz hatten. Anders als das Diamantenkartell, waren die Herren des Mineralölmarktes mit ihren Geschäften in den Vereinigten Staaten gern gesehen. Cole wußte, daß es

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