Flammender Diamant
Anlaß zur Sorge bot. Diese Anwaltsfirma hatte hervorragende Referenzen.
Trotzdem hatte Erin einen Standpunkt gewählt, auf dem sie von der Menge in der Hotelhalle aus nicht zu sehen war, damit sie Cole vielleicht erkennen würde, bevor er sie gesehen hatte. Dies war keine wirklich bewußte Entscheidung, sie regelte grundsätzlich ihre Begegnungen mit unbekannten Männern so, daß sie nicht überrascht wurde. Einer der Gründe dafür war ihre natürliche Zurückhaltung. Ein anderer war, daß sie unter großen Schmerzen diese Vorsicht hatte lernen müssen.
Die Hotelhalle war voller Reisender mit Gepäck und Geschäftsleuten mit teuren Lederaktentaschen. Viele der Männer waren gebräunt und sahen wohlhabend aus, aber keiner von ihnen stand herum und suchte nach dem Gesicht einer Fremden. Einen Moment lang dachte Erin, der lässig gekleidete, langhaarige Blonde mit dem übergroßen Lederrucksack könnte vielleicht Cole sein. Er sah so gebräunt und nach frischer Luft aus, wie es Geologen in Alaska taten. Er war gutaussehend und hatte ein nettes Lächeln, jene Art ruhiger, moderner Mann, die ihre Männlichkeit untertreiben. Das war die Art Männer, mit der Erin oft zusammentraf, wenn sie in New York oder Europa war. Der junge Mann hatte ein paar Minuten lang in der Nähe der Rezeption gestanden und wartend die Leute überblickt. Erin wollte schon aufstehen und sich vorstellen, als eine attraktive Frau mittleren Alters und in Abendkleidung sich dem jungen Mann in die Arme warf. Erin sah in Alaska selten Fernsehen, erkannte die Frau aber doch sofort als das Biest aus einer sehr populären Fernsehserie. In Person sah sie mindestens zehn Jahre älter aus als auf dem Fernsehschirm.
Das Paar unterhielt sich einen Augenblick und ging dann Arm in Arm auf die Bar zu, wo schon eine Party lief. Erin fand, die Schauspielerin klammerte sich auf besonders besitzergreifende Art an den jungen Mann und führte ihn so vor, als wäre er ein Schoßhündchen. Falls das dem Mann mißfiel, ließ er es nicht erkennen.
Erins Gedanken waren auf ihrem Gesicht nicht zu erkennen. Sie bemerkte, daß die Bräunung des Mannes perfekt wie aus dem Sonnenstudio war, und nicht ein einziges Blinzelfältchen in seiner glatten Haut. Auch der Rucksack war affektiert. Keine Ausbeulung oder abgewetzte Stelle verunzierte das teure Leder. Er bewegte sich wie ein Mann, der es gewöhnt ist, in und aus Taxis zu steigen.
Kaum war das Paar verschwunden, fiel Erins Blick auf einen erstaunlichen dunklen Punkt in all dem Glitzern der Umgebung - ein schwarzhaariger Mann in einem schwarzen Seidenjackett und einem weißen Hemd mit offenem Kragen. Seine Haut war eher durch Sonne und Wetter gegerbt als durch sorgsam dosiertes künstliches Licht. Er bewegte sich mit der unbewußten Grazie eines gesunden Tieres. Eine schwarzlederne Aktentasche war mit einer Handschelle an seinem Handgelenk befestigt.
Er sah sie direkt an.
Einen Moment lang beschleunigte sich Erins Puls in einer rein weiblichen Reaktion. Dann wich ihre grundlegende Vorsicht einer Verwirrung, die Ähnlichkeit mit Ärger und noch mehr Ähnlichkeit mit Angst hatte. Dieser sich lässig bewegende Mann mit den wissenden Augen und dem kraftvollen Körper war genau die Art von Mann, der sie zu mißtrauen gelernt hatte. Er war ein Räuber. Wie ihr Vater. Wie ihr Bruder.
Wie Hans.
Erin bemühte sich, ihre Reaktion dem großen Fremden nicht zu zeigen, denn sie wußte, daß sie irrational war. Dieser Mann war für sie nicht mehr als eine geschäftliche Begegnung, ein Kurier, ein Bote. Er kam zu ihrem Platz herüber, wo sie sich im Schutz von Blättern vor dem Getümmel der Hotelhalle versteckte. Offensichtlich nicht gut genug, nicht für Cole Blackburn.
Coles Schritt zeigte keine Spur von Zögern, als sie aufstand und auf ihn wartete. Er hatte sie mühelos in der Menge gefunden. Ihr natürlich kastanienbraunes Haar leuchtete wie ein Lagerfeuer unter all den gebleichten und gefärbten Jet-Set-Frauen. Sie trug eine schwarze Baumwollbluse und -hose, die das lockere Aussehen von Kleidern direkt aus dem Koffer hatten. Der Kontrast des schwarzen Stoffs zu ihrem roten Haar und ihrer hellen, glatten Haut war faszinierend, aber Cole vermutete, daß sie diese Kleidung nur gewählt hatte, weil es sich praktisch damit reiste, nicht aus Eitelkeit.
Erin machte einen Schritt vor und nickte, so als wolle sie bestätigen, daß sie mit ihm verabredet war. Als er ihre Bewegungen sah, fluchte Cole innerlich, denn er fühlte sich,
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