Flammender Diamant
Büro und schloß die Tür hinter sich ab.
Im achtunddreißigsten Stock des BlackWing-Gebäudes lagen die Chefbüros. Das ganze Gebäude war teuer und diskret konzipiert, wie auch die Firma BlackWing selbst. Cole fuhr mit dem Aufzug hinunter zum Erdgeschoß und betrat das alltägliche Gewühl in den Straßen von Los Angeles. Auch aus den anderen Büros des Hauses strömten jetzt die Angestellten, von den Handwerkern bis hin zu den Börsenmaklern.
Cole und die an ihn gekettete Aktentasche erregten kein Aufsehen. Außer der Firma BlackWing waren in dem Gebäude noch zahlreiche andere Edelsteinhändler und -großhändler untergebracht. Männer aller Rassen und Nationalitäten kamen und gingen mit ähnlichen Aktentaschen. Auch dies war ein Zeichen dafür, wie sorgfältig Chen Li-tsao die Position von BlackWing gewählt hatte, von der aus er den Sprung auf den Diamantentiger wagen wollte.
Ein schwarzer Mercedes wartete am Straßenrand, der Fahrer stand lässig an den Kühler gelehnt und trug einen Ausdruck professioneller Gleichgültigkeit auf dem Gesicht. Als Cole aus dem Gebäude trat, richtete er sich auf und öffnete die hintere Tür der Limousine.
»Guten Tag, Mr. Blackburn. Immer noch auf dem Weg nach Beverly Hills?«
»Ja.«
Der Fahrer war jung, athletisch, Chinese, und seine Hände hatten Schwielen durch regelmäßiges Training im Kampfsport. Er sprach mit leichtem kalifornischem Dialekt. Cole war auch ohne Blick auf seinen Führerschein klar, daß einer der Namen des Mannes Chen sein mußte. Ein Zweig der Familie lebte schon seit 1849 in Amerika.
Der Fahrer wich der Santa-Monica-Autobahn aus, wo schon der Nachmittagsverkehr zu stocken begann. Nach zwanzig Minuten hatten sie auf Nebenstraßen Beverly Hills erreicht. ln den Läden des Wilshire Boulevard gingen gerade die Lichter an, als die Limousine vor dem Beverly Wilshire Hotel anhielt. Ein Page in Uniform öffnete die Tür.
»Wahrscheinlich bin ich eine Weile beschäftigt«, sagte Cole zu seinem Fahrer.
»Ich werde warten und bin bereit, wann immer Sie mich brauchen.«
Cole zweifelte nicht daran. Die Chens würden ihr Millionenspiel nicht aus dem Auge verlieren.
6 . Kapitel
Erin Windsor saß schlecht gelaunt in einem Brokatsessel am Rand der bevölkerten Hotelhalle und sah zu, wie die Jet-Setter und die Groupies aus Hollywood in das Luxushotel strömten. Ihr wäre ein weniger protziger Ort als gerade das Beverly Wilshire lieber gewesen, aber die Rechtsanwälte hatten die Suite für sie gebucht. Offensichtlich wollten sie sie damit beeindrucken. Der Gedanke amüsierte Erin. Auch wenn sie sich entschlossen hatte, die Arktis zu verlassen, fand sie die Angeberei der Zivilisation immer noch eher lästig und verwirrend.
Um sich die Zeit zu vertreiben, versuchte sie, sich vorzustellen, wie es war, die Besitzerin einer abgelegenen Ranch in Australien zu sein. Sie war dort noch nie gewesen. Jetzt hatte
James Rosen, der Familienanwalt, der in Los Angeles eine gutgehende Praxis besaß, ihr mitgeteilt, daß sie jetzt Besitzerin einer >Station< und einer Reihe von Mineralien-Claims sei, die ihr ein Mann namens Abelard Windsor hinterlassen hatte, ihr Großonkel, von dem sie noch nicht einmal wußte, daß es ihn gegeben hatte. Rosen hatte ihr die Lage der Windsor-Besitzungen auf einer Karte gezeigt, und sogar ein paar Fotos aus einem Reiseführer aufgetrieben, die aus Westaustralien stammten.
Aus den Fotos wurde klar, daß das Kimberley-Plateau keine sehr einladende Gegend war. Es gab dort ein knochige Rasse von Rindern, die Kimberley Shorthorns hießen, sowie exotische Tiere wie Känguruhs, langschwänzige Raubvögel, die >Gabelweihen< hießen, und hochgiftige Schlangen namens >Mulga<. Insgesamt fand Erin die Abwesenheit von Zivilisation angenehm, besonders, weil sie gerade vorhatte, sich zu einem Europaaufenthalt unbestimmter Dauer zu verdammen.
Doch Rosens Informationen waren nur skizzenhaft gewesen. Als er ihre Fragen leid war, hatte er erklärt, daß Cole Blackburn, der Kurier, der ihr Abelards Testament überbringen würde, wahrscheinlich eher in der Lage war, sie zu beantworten.
Erin ließ ihren Blick über die Menge schweifen und fragte sich, wie Cole wohl aussehen würde. Rosen hatte nur wenig über ihn gewußt, nur daß er Geologe war und die Anwaltsfirma repräsentierte, die die Windsor-Besitzungen verwaltete, eine große Firma mit Niederlassungen in Australien und Hongkong. Rosen gab auch zu, daß dies eine ungewöhnliche Aktion war, aber keinen
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