Flammender Himmel
an, gegen die Wirkung der Tablette anzukämpfen.
»Angie?«
Angel spürte, wie sich Derrys Muskeln anspannten. Sofort sprach sie beruhigend auf ihn ein. Sie konnte sich noch erinnern, wie hilflos sie sich gefühlt hatte vor drei Jahren, als sie in dem Krankenhaus lag, wie die Schmerzmittel sie in die Dunkelheit gerissen und ihr sogar die Kraft zum Schreien geraubt hatten.
Außer in ihrem Kopf. Dort hatte sie geschrien, laut und ohne Unterlaß, gefangen im übermächtigen Griff der Barbiturate.
»Laß die Tablette ruhig wirken«, sagte Angel eindringlich. »Kämpf nicht dagegen an, hörst du, Derry? Nicht dagegen ankämpfen. Laß los, Derry. Laß ruhig los. Es ist alles in Ordnung.«
»Kann nicht... Hawk.«
»Ich kümmere mich schon um Hawk«, versicherte sie beruhigend. »Laß los, Derry. Ich bin ja da, ich lasse dich nicht allein.«
Sie strich zärtlich über Derrys Stirn und Wangen, konzentrierte sich ganz auf ihn, versuchte ihn zur Ruhe zu bringen.
»Es ist alles in Ordnung«, sagte Angel leise. Ihre Stimme klang wie ein Segen. »Schlaf jetzt, Derry. Ich bin ja da.«
Derrys Blick haftete einen Augenblick lang auf ihrem Gesicht. Er schöpfte zitternd Atem, dann nickte er langsam und entspannte sich.
Erst jetzt merkte Angel, daß Hawk neben sie getreten war und ihr geholfen hatte, indem er Derry mit eisernem Griff bei den Schultern festhielt. Ohne Hawk wäre sie nie mit ihm fertig geworden.
»Danke«, sagte sie leise zu Hawk. »Es geht ihm jetzt wieder gut. Er hatte bloß ’ne Schrecksekunde, als ihm klarwurde, daß die Tablette stärker war als er. Die Hilflosigkeit, die man dabei empfindet, ist schrecklich.«
Angel ballte unwillkürlich die Hände zu Fäusten, als sie an die Zeit vor drei Jahren dachte - an die Schmerzen, die Hilflosigkeit und ihre ohnmächtige Wut.
Hawk bemerkte auch das. Ohne zu überlegen, nahm er ihre Hände in seine und öffnete sanft ihre verkrampften Finger. Er war überrascht, wie kalt sie waren, und rieb sie vorsichtig.
»Derry ist ebenso stark wie charmant«, sagte er, während er ihre Hände wärmte. »Er kommt schon wieder in Ordnung.«
Mühsam zwang sich Angel zur Ruhe. Die Wärme, die von Hawk ausstrahlte, war fast ein Schock.
Sie blickte zu ihm auf und begegnete seinem harten, klaren
Blick. Er war ... ja, abschätzend auf sie gerichtet. Doch sein Blick war bei weitem nicht so beruhigend wie der langsame Rhythmus seiner Hände, mit denen er Wärme in ihre Haut rieb.
Auf einmal fühlte sich Angel sehr verwundbar, fast nackt, als ob ein eisiger Wind aus den Bergen über sie hinwegfegte.
Hastig entzog sie ihm ihre Hände. Sie fing wieder an, Derry übers Haar zu streichen, aber diesmal tat sie’s eher, um sich selbst zu beruhigen.
Hawk beobachtete sie schweigend, folgte jeder ihrer Bewegungen, ihren Augen, den letzten Sonnenstrahlen, die ihr hellblondes Haar aufleuchten ließen. Vor allem jedoch beobachtete er, wie sich ihre Brüste unter der nachtschwarzen Seide ihres Kleides langsam hoben und senkten.
Die Tatsache, daß er Angel begehrte, überraschte ihn nicht. Die Tatsache, daß er das Bedürfnis verspürte, sie zu trösten, schon.
Je schneller ich sie ins Bett kriege, desto besser. Ich hab’ noch nie eine Schauspielerin gesehen, die derart mühelos sowohl die Starke als auch die Verwundbare spielt.
Und so unheimlich überzeugend.
Im Bett werden all ihre Lügen auffliegen und mich von der Faszination, die sie auf mich ausübt, befreien.
»Was hat Derry gemeint?« fragte Angel nach einer Weile erneut.
»Sie meinen die große Tour?« fragte Hawk.
Ohne den Blick von Derry abzuwenden, nickte Angel. Ihre Kopfbewegung ließ ein paar hellblonde, seidige Locken übereinanderfallen.
Hawk hätte sich am liebsten eine dieser Locken um den Finger gewickelt und sie dann langsam wieder losgelassen. Er wollte die seidige Weiche und den Glanz von Angels Haar fühlen.
»Ich war noch nie im Nordwesten von Kanada«, sagte er. »Ehrlich gesagt, ich kenne diesen Landstrich überhaupt nicht. Bevor ich also meine Anlage exklusiver Ferienwohnungen baue, möchte ich schon sicher sein, daß ich den Käufern mehr zu bieten habe als teure Wohnungen in einer netten Umgebung.«
Angel saß nur reglos da und wartete. Unter Aufbietung all ihres Willens gelang es ihr, ihre Hände ruhigzuhalten, eine Anstrengung, die sie ihre ganze Kraft kostete. Der Gedanke, Eagle Head hergeben zu müssen, war unerträglich. Am liebsten hätte sie laut geschrien und geheult oder Hawk angefleht, es
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