Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Flammender Himmel

Titel: Flammender Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Maxwell
Vom Netzwerk:
nur Millimeter von dem ihren entfernt. Im schrägen Licht der Morgensonne sahen ihre Augen so grün aus wie perfekte Türkise.
    »Sorry«, sagte er. Und dann: »Fühlen Sie sich etwa bedrängt?«
    »Nicht mehr als Sie sich von mir«, erwiderte Angel.
    »Gut«, meinte Hawk sanft, »denn ich fühle mich kein bißchen bedrängt.«
    Angel zog plötzlich das Ruder herum und trat aufs Gas. Der Ruck zwang Hawk, einen Schritt zurückzutreten, um die Balance nicht zu verlieren. Sie steuerte das Boot näher an die Klippen auf der östlichen Seite der Passage heran.
    Sie näherten sich den Felsen mit alarmierender Geschwindigkeit. Hawk warf einen Blick auf das Sonargerät. Der Meeresboden lag in etwa dreiunddreißig Faden Tiefe und wurde von Sekunde zu Sekunde tiefer. Er musterte die Klippen mit zusammengekniffenen Augen.
    Mindestens dreißig Meter, schätzte er. Nein, eher sechzig.
    Die Risse in den Klippen waren grün überwuchert, aber die Bäume wirkten auf der riesigen, zerklüfteten Fläche nicht größer als Sträucher.
    Angel warf Hawk einen Seitenblick zu, um seine Reaktion einzuschätzen. Für jemanden, der die Meerenge nicht kannte, mußte es wie Wahnsinn erscheinen, sich der Küste mit solcher Geschwindigkeit zu nähern, da man befürchten mußte, jederzeit auf Grund zu laufen.
    Aber Angel kannte das Land, und sie kannte die See.
    »Die Geologen bezeichnen das Land hier als die ertrunkene Küste«, sagte sie und hob automatisch die Stimme, um sich über den Lärm der Dieselmotoren hinweg verständlich zu machen.
    »Sie meinen ertrunken, wie ertrunkene Menschen?« meinte Hawk sarkastisch.
    »Nein. Während der letzten Eiszeit lag der Meeresspiegel mehrere hundert Meter niedriger. Dann schmolz all das Eis, und das Land wurde überflutet. Die Klippen da vor uns fallen direkt ins Meer ab, und zwar zirka hundertfünfzig Meter. Man kann also gar nicht auf Grund laufen, außer man rammt die Klippen selbst.«
    »Wie in Norwegen«, sagte Hawk, dem nun alles klar war. Er betrachtete das Land auf einmal mit ganz anderen Augen.
    »Das hat auch einer meiner Angelkunden gesagt«, stimmte ihm Angel bei. »Er stammte aus Norwegen. Meinte, daß ihn all diese Fjorde an zu Hause erinnern würden. Damals habe ich zum ersten Mal begriffen, daß Fjorde nichts weiter sind als von Salzwasser überschwemmte Täler.«
    Hawk warf Angel einen amüsierten Seitenblick zu.
    Sie bemerkte es nicht. Sie drosselte soeben wieder den Motor und wendete die Jacht, so daß sie nun in etwa sechs Meter Entfernung parallel zu den Klippen dahinglitten. Dann legte sie den Leerlauf ein, während sie Strömung und Windstärke abschätzte.
    Die Jacht trieb langsam von den Klippen fort.
    »Wieviel Vertrauen haben Sie in den Bootsmotor?« fragte Angel in sachlichem Ton.
    »In welcher Beziehung?«
    »Nun, ob er beim ersten Mal anspringt oder nicht.«
    »Also, mein Leben würde ich nicht drauf verwetten. Aber das würde ich ohnehin auf nichts mehr.« Hawk zuckte mit den Schultern. »Neunundneunzig von hundert Malen dürfte er schon anspringen.«
    »Das reicht. Ich hätte nichts gegen ein bißchen Stille.«
    Angel stellte den Motor ab und startete dann erneut. Er sprang sofort an. Sie drehte ihn wieder ab und überließ so das Boot den sanften Einflüssen von Wind und Wasser.
    Eine wohltuende Stille umfing Angel. Unbewußt schloß sie die Augen und lächelte.
    Hawk sah dieses Lächeln und wäre am liebsten mit dem Finger darübergestrichen - und dann mit dem Mund. Er tat nichts von beidem. Am Anfang der Jagd überließ er es der Beute, Richtung und Geschwindigkeit zu bestimmen.
    Was nicht hieß, daß er Angel nicht von Zeit zu Zeit ein wenig bedrängen würde, nur um zu sehen, wie Sinnlichkeit ihre Augen leuchten und ihre Lippen weich werden ließ. Aber er würde sie nur sanft bedrängen, so daß es ganz natürlich wirkte und ihr keinen Vorwand gab, sich zu weit vor ihm zurückzuziehen.
    Hawk spürte, daß Angel lange nicht so aggressiv war wie die meisten der Frauen, die er bisher gehabt hatte. Bei den anderen hatte der Sport darin bestanden, ihnen auszuweichen, Haken zu schlagen und zuzusehen, wie ihre Frustration wuchs.
    Bei Angel würde der Sport darin bestehen, sie zu sich zu locken.
    So oder so, das Endergebnis war dasselbe. Zuerst Befriedigung, dann Tränen und Enttäuschung - und ein Falke, der sich wieder in die Lüfte schwang, der seine dunklen Flügel ausbreitete, um sich auf die Suche nach seiner nächsten Beute zu machen, auf daß die nächste Jagd

Weitere Kostenlose Bücher