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Flammender Himmel

Titel: Flammender Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Maxwell
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ihre langen, schlanken Beine. Das Haar trug sie im Nacken zusammengefaßt, doch ein paar Strähnen hatten sich mit der Zeit gelöst und leckten nun wie hellblonde Flammen über ihr Gesicht und ihren grauen Pulli. Trotz der leicht hinderlichen Strandsandalen und des unebenen Bodens waren ihre Schritte von erstaunlicher Anmut.
    Hawk, der ihren grazilen Gang bewunderte, fiel es schwer zu glauben, daß Angel sich einmal sämtliche Knochen gebrochen und Qualen gelitten hatte, daß sie den schrecklichen Unfall und die Zerstörung ihres Lebens und all ihrer Träume nur dank Derrys Kraft und Stärke überlebt hatte.
    Wie durch einen Nebel merkte Hawk, daß seine Hände weh taten, weil er das Seil so stark umkrampfte. Die Vorstellung, daß Angel Qualen litt, war unerträglich für ihn. Er kannte zu viele Frauen, die voller Lügen waren.
    Und fast hätte er nie die eine getroffen, die keine Lügen kannte. Auch dieser Gedanke erschreckte ihn.
    »Schenkst du den Krebsen eine kostenlose Mahlzeit?« fragte Angel in leichtem Ton, als sie zurückkam.
    Dann bemerkte sie seinen trostlosen Gesichtsausdruck und die starre Haltung seines Körpers.
    »Hawk?«
    Sie sah, wie ihn ein Zittern durchlief. Als er sich umwandte und sie anblickte, drückten seine Augen Hoffnung und Einsamkeit und einen unendlichen Hunger aus. Sie stand wie erstarrt da, während seine Gefühle über sie hinwegspülten und in sie eindrangen wie Farben, die sowohl den Mann als auch die Frau in einem ganz neuen Licht erscheinen ließen.
    Die Intensität dieses Augenblicks überwältigte Angel. Nichts in ihrem Leben hatte sie auf einen Mann wie Hawk vorbereitet.
    Hawk sah, wie sie zitterte und unwillkürlich einen Schritt zurückwich, obwohl sie gleichzeitig die Hand nach ihm ausstreckte.
    »Hawk?« flüsterte sie.
    Er wandte sich ab und holte die Falle mit kraftvollen, energischen Bewegungen ein.
    »Ist schon in Ordnung, Angel«, sagte er leise. »Ich hab’ bloß nachgedacht.«
    »Worüber?« Dann fügte sie rasch hinzu: »Entschuldige, das geht mich wirklich nichts an.«
    »Ich habe über Frauen und Lügen nachgedacht«, erklärte er. »Und über Engel und Wahrheiten.«
    Angel wollte nicht weiterfragen, konnte aber einfach nicht anders. Sie mußte wissen, was Hawk dazu gebracht hatte, sich so von allen Gefühlen, von der Liebe abzuwenden.
    »Es geht nicht nur darum, daß deine Mutter dich verlassen hat, nicht wahr? Es steckt noch mehr dahinter, richtig?« fragte Angel.
    »Wie meinst du das?«
    »Wie kommt es, daß du Frauen so sehr haßt?«
    Hawk zog die Falle aus dem Wasser. Sie war leer. Er ließ sie wieder herunter.
    »Ich hasse nicht alle Frauen«, sagte er schließlich. »Nicht mehr.«
    »Es ist nicht leicht, stimmt’s?«
    »Was?«
    »Mich nicht zu hassen.«
    Hawk erstarrte. Wieder eine von Angels Wahrheiten.
    Sie hat recht.
    Angel nicht zu hassen widersprach allem, was er gelernt hatte, widersprach allen Reflexen, allen Instinkten, die ihm das Überleben in einer gnadenlosen Welt ermöglicht hatten.
    Und dennoch war es unmöglich, Angel zu hassen. Sie besaß dieselbe fast qualvolle Reinheit wie ihre Glaskunstwerke; all die Farben des Lebens spiegelten sich in ihren großen traurigen Augen und in einem Mund, der dennoch bereit war zu lächeln.
    »Es ist erschreckend leicht, dich nicht zu hassen«, sagte Hawk. Seine Augen verschlangen sie hungrig, sehnsüchtig.
    Angel stockte der Atem, als sie zu verstehen begann.
    Erschreckend.
    Ja, das ist es und noch viel mehr, wenn deine Welt in einem einzigen schrecklichen Moment zertrümmert wird.
    Angel war das zweimal passiert. Einmal mit Hawk, als sie lernen mußte, ihrem eigenen Urteil nicht länger zu trauen. Und damals nach dem Autounfall, als sie lernen mußte, dem Leben selbst zu mißtrauen.
    Es war sehr schwer für Angel gewesen, unter den Trümmern ihrer bisherigen Welt, ihrer Träume und Ansichten hervorzukriechen und in einer neuen Welt gehen zu lernen, einer Welt, die nie wieder so sicher sein würde wie die alte.
    Die Liebe hatte ihr die Kraft dazu gegeben; Derrys Liebe. Carlsons Liebe. Und schließlich konnte sie es zulassen, daß ihre Erinnerungen an Grant zurückkehrten und auch noch den letzten Rest von Bitterkeit und Kummer fortwuschen.
    Wieviel schlimmer muß es für Hawk sein, der ganz alleine dasteht, inmitten der Trümmer seiner alten Welt, dachte Angel gequält. Hawk, der nie Liebe erfahren hat.
    Das Geräusch der Falle, die aus den grünen Tiefen der See hervorschoß, riß Angel aus ihren

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