Flammendes Begehren
bieten, das er noch nicht hat?«
»Tuch.«
Elizabeth hob eine Augenbraue in die Höhe.
»Tuch?«
Geoffrey nickte. »Ihr haltet mich für einen Narren. Was wäre, wenn ich die Hälfte der Felder von Wode Castle in Weiden umwandeln würde?«
»Eure Leibeigenen würden verhungern.« Als sich seine Lippen zu einem ungläubigen Lächeln verzogen, platzte ihr der Kragen. »Ihr habt Dürre, Krankheiten und Insektenplagen vergessen! In guten Jahren bedrohen sie die Ernte, von den schlechten möchte ich erst gar nicht sprechen …« Nur zu gut konnte Elizabeth sich an den strengen Winter vor sieben Jahren erinnern. »Dann haben weder Lord noch Leibeigene etwas zu essen.«
Sein Lächeln wurde breiter. »Scharfsinnig, Elizabeth, und dennoch würde ich ein reicher Mann werden. Mit so viel Weideland könnte ich Tausende von Schafen halten. Einige davon würde ich zum Verzehr schlachten lassen, doch der Rest würde Wolle produzieren, die dann zu dem erlesensten Tuch in ganz England gesponnen würde.« Seine Augen leuchteten. »Wenn ich einen Teil meines Gewinns an John weiterreichen würde, wäre er mit Sicherheit nicht abgeneigt, mir die Burg zuzusprechen, der seit Jahrhunderten de Lanceaus vorstanden – lange bevor Euer Vater sie meiner Familie entrissen hat.«
»Ihr könnt Eure Reichtümer nicht ernten, Geoffrey, wenn Ihr die Wolle nicht vertreiben könnt.«
Er gluckste. Die Verachtung in ihren Worten schien an ihm abzuprallen. »Gut gesprochen! Allerdings, und das könnt Ihr nicht wissen, habe ich Handelsverbindungen nach Frankreich und Venedig, den Zentren des Seiden- und Gewürzhandels. Französische Händler wissen gute englische Wolle zu schätzen – fast ebenso wie Gewürze und Duftöle. Wo Bedarf ist, ist auch Gewinn, Elizabeth.«
Sie schluckte gegen das einschnürende Gefühl in ihrer Kehle an. De Lanceau schien seit Jahren an seinen Plänen von dem Tuchhandel zu feilen. Machtlos gegen die Verbitterung, die sich in ihre Stimme schlich, sagte sie: »Ihr würdet Euer Schwert also gegen ein Kerbholz eintauschen? Ihr seid ein Kriegsheld, ein Kämpfer.«
Er verzog keine Miene. »Ich bin des Kämpfens überdrüssig. Wenn ich gegen Euren Vater in die Schlacht ziehe, wird es zugleich meine letzte sein.«
»Recht habt Ihr!«
Sein Blick versteinerte sich. »Es wird mein letzter Kampf sein, weil ich als Sieger hervorgehe. Und dann wird alles, was ich Euch erzählt habe, eintreffen.«
Er stellte sich wieder vor den Tisch, nahm den Kelch zur Hand und bot ihr abermals von dem Wein an. Elizabeth schüttelte den Kopf und schloss die Augen, um den plötzlich aufziehenden Kopfschmerzen Herr zu werden. Nachfrage. Gewinn. Rache. Und ausgerechnet sie war der Schlüssel zum Erfolg seiner Pläne!
Die eisigen Finger der Furcht griffen nach ihrem Herzen. Ihr Vater würde de Lanceaus Forderungen niemals erfüllen, er würde sich weder ergeben noch seinem Erzfeind Wode Castle überlassen. Blutvergießen und Tod ragten drohend wie eine Armee Schreckgespenster vor ihr auf, gegen die sie hier, in de Lanceaus Gewalt, keine Handhabe hatte.
Ihr Herz schmerzte so stark, dass sie nicht wollte, dass Geoffrey etwas davon mitbekam. Elizabeth stemmte sich aus dem Stuhl. Ohne seinem brodelnden Blick Beachtung zu schenken, ging sie zum Fenster und sah nach draußen. Tausende von Sternen funkelten am Firmament und spiegelten sich auf der gläsernen Oberfläche des Wassers wider. Wie friedlich die Welt dort draußen wirkte! So, als könnten Kriege der Schönheit von Mutter Natur nie etwas anhaben.
Sie hörte nicht, sondern spürte, wie Geoffrey sich ihr näherte. Als er ihre Schulter berührte, erstarrte sie.
»Elizabeth.«
Dort, wo er sie berührte, fühlte sie sich lebendig. Trotz allem, was er ihr an den Kopf geworfen hatte, verzehrte sich ihr abtrünniger Körper noch immer nach ihm.
Mit einem erstickten Seufzen duckte sie sich unter seiner Berührung hinweg. »Ich wünsche, zurück in mein Gemach gebracht zu werden.«
»Ihr habt weder den Wein ausgetrunken noch den Pudding aufgegessen.«
»Ich möchte weder von dem einen noch von dem anderen.«
Geoffreys Odem wärmte Elizabeth’ Nacken und verfing sich in den winzigen Löckchen, die ihrem Zopf entkommen waren. Sie wirbelte herum. Er stand so nah, dass ihre Hand seinen Ärmel berührte. Elizabeth stolperte rücklings und stieß mit dem Rücken gegen das kalte Marmorfensterbrett.
Ein verzweifelter Schrei braute sich in ihren Eingeweiden zusammen. Sie verschloss sich gegen ihre
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